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Über Geldpolitik, gesunde Angst und den Goldpreis

Hannes Zipfel
Hannes Zipfel
Yoga vor dem Sprint – Wie die Fed übermütige Marktakteure einfängt

Die US-Notenbank (Fed) hatte ihre „Finte“ ausgelegt. Im Juni verängstigte Fed-Chef Ben Bernanke die Marktteilnehmer mit der Aussage, die ultralaxe US-Geldpolitik zurückzufahren. Vielleicht werde das systematische Ankaufprogramm von Wertpapieren, englisch „Quantitative Easing“ (kurz: QE), Mitte 2014 sogar ganz enden, so der US-Währungshüter.

Vorausgesetzt, zwei Bedingungen seien bis dahin de facto erfüllt: Vollbeschäftigung und dynamisches Wirtschaftswachstum aus sich selbst heraus, also ohne Stimulus. Natürlich hat die Fed in der Vergangenheit mehrfach solche Exit-Strategien vorgestellt – ihre Taktik ähnelte dabei einem Prinzip des Leistungssports: Kurz vor dem Wettkampf die Trainingsintensität zurückfahren, um dann erst richtig Gas zu geben.

Ein solches sportliches „Tapering“ – quasi Yoga vor dem Sprint – hat die Fed bereits in der Vergangenheit angewendet. Denn aussteigen wollte man schon öfter, nur geklappt hat es nie: auf QE 1 folgte QE 2, dann QE 3.

Rückblickend war die Verängstigung der Marktteilnehmer vor dem Entzug der reichlichen Liquidität völlig unbegründet. Die genannten Bedingungen ließen schnell erkennen, dass die „Drohung mit der Rute“ nicht ernst gemeint war. Vielmehr zielte sie darauf ab, übermütige Marktteilnehmer an den Aktienmärkten zur Raison zu bringen.

Das Risikobewusstsein der Marktakteure war zuvor in dem Vertrauen auf die unendliche Güte der Zentralbank und ihre milden Gaben in beängstigendem Ausmaß zurückgegangen. Das war deutlich an den historischen Tiefstständen des Risikoindikators Volatilität (VIX) abzulesen.

Das Vorhaben der Zentralbank ist unter dem Strich geglückt: Das Risikobewusstsein der Spekulanten ist wieder angestiegen und der Aktienmarkt hat eine gesunde Korrektur vollzogen.

Sinkende Förderraten – Goldminen machen derzeit Minusgeschäfte

Der Goldpreis allerdings gab infolge des Statements über die geplante Kürzung nochmals nach. Auch wenn sich die Notierungen kürzlich stabilisiert haben, beträgt der Preisrücksetzer seit Jahresbeginn auf Eurobasis 21,6 Prozent. Aktuell notiert die Unze Gold (31,1 Gramm) bei 988,75 EUR, also bereits wieder 53,67 EUR fester (Datenstand: 11. Juli 2013).
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Wie bei allen Rohstoffen sind auch bei den Edelmetallen die Förderkosten ein wichtiger Faktor bei der Preisbildung. Sinkt der erzielbare Verkaufspreis deutlich unter diese Kosten, werden die Fördermenge und die Investitionen verringert. Bleibt die Produktion länger als sechs Monate defizitär, werden Minen geschlossen oder schwach finanzierte Bergbauunternehmen scheiden aus dem Markt aus.

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Infolgedessen sinkt das Angebot deutlich. Bei Gold lagen die durchschnittlichen Gesamtproduktionskosten im ersten Quartal 2013 bei 1.553 US-Dollar pro Feinunze. Zu den aktuellen Notierungen von um die 1.250 Dollar produzieren viele Minen stark defizitär. Und das Goldangebot aus der Minenförderung sinkt bereits: von 710 Tonnen im ersten Quartal 2012 auf nur noch 685 Tonnen im Vergleichsquartal 2013.

Grund dafür ist die Kostenexplosion speziell bei Energiekosten, abnehmende Erzgehalte und sinkende Verkaufspreise. Doch warum gab der Goldpreis auch im zweiten Quartal 2013 deutlich nach – trotz des rückläufigen Angebots und der sehr robusten Nachfrage nach physischem Metall, vor allem aus den Emerging Markets?

Ein wichtiger Grund dafür ist eine neue Angebotsquelle: physisch gedeckte Gold ETFs (Exchange Traded Funds), die seit Dezember 2012 hunderte von Tonnen Gold zum globalen Gesamtangebot beisteuern. Anders als die preissensitiven Goldkäufer in China, Indien, der Türkei oder Russland, handeln die hauptsächlich via ETFs investierten Portfoliomanager teils sehr prozyklisch.

Fundamentale Überlegungen oder systemische Risiken spielen bei der Anlageentscheidung keine Rolle. Vor allem Trendindikatoren und die Empfehlungen der automatisierten Risikomanagementsysteme geben den Ausschlag für den Kauf oder den Verkauf.

Insofern ist Gold für viele der institutionellen Investoren ein beliebig austauschbarer Vermögenswert. Da sich Aktienmärkte im Vergleich zu Gold aktuell deutlich besser entwickeln, wird in diese Anlageklasse umgeschichtet.

Perspektivisch betrachtet ergibt sich aus der Konstellation rückläufiger, da unprofitabler Minenproduktion einerseits, und dem Ausverkauf bei den ETFs andererseits ein explosives Gemisch. Eine Mine wieder in Betrieb zu nehmen dauert mehrere Monate bis Quartale. Bleibt die Goldnachfrage dann auch nur ansatzweise stabil und die ETF-Abflüsse schwächen sich ab, kommt es schnell zu einem Ungleichgewicht zwischen stabiler Nachfrage und deutlich verringertem Angebot – mit entsprechend dynamischen Preisanstiegen.

Steigende Silbernotierung nach Sommerloch erwartet

Auch der Silberpreis gab nach der Fed-Androhung weiter nach. Inzwischen hat sich das weiße Edelmetall wieder leicht stabilisiert. Im Vergleich zum Vorjahr verbilligte sich Silber um 30 Prozent. Aktuell notiert eine Unze bei 15,47 Euro, also bereits 1,09 Euro vom Juni-Tiefststand mit 14,38 Euro/ Unze entfernt (Datenstand: 11. Juli 2013).

Da die saisonal schwache Phase beendet und die Situation sowohl fundamental als auch terminmarkttechnisch extrem bereinigt ist, stehen die Chancen für einen Trendwechsel hin zu signifikant steigenden Notierungen Richtung Spätsommer und Herbst sehr günstig.

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