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Ufuk Boydak zur Krise in der Türkei Gottes Segen bis zur nächsten Krise

Loys-Vorstand Ufuk Boydak

Währungskrisen sind erfahrenen Investoren als wiederkehrende Marktstörungen bekannt, die nach bekanntem Muster alle paar Jahre zu Verwerfungen in internationalen Portfolios führen können. Wie auch im Fall Türkei treibt eine Kombination aus niedrigen Zinsen am Heimatmarkt, ein allgemein gutes Wirtschaftswachstum und damit eine gewisse Risikobereitschaft internationaler Anleger zunächst ausländisches Kapital in die aufstrebenden Volkswirtschaften. Die Aussicht auf die Teilnahme an einer spektakulären Wachstumsstory wiegt dabei die Vorsicht vor politischer Unsicherheit auf.

Die Türkei hatte Anfang des Jahrtausends ihren Kapitalmarkt unter der Führung des Internationalen Währungsfonds bereitwillig geöffnet, um ihr Wachstum weiter anzukurbeln. Allerdings wurde die Erfolgsgeschichte der Exporte immer durch die starke Importabhängigkeit getrübt. Zudem hat die türkische Notenbank den Bankensektor derart geleitet, dass sich Betriebe und Privathaushalte zunehmend für Fremdwährungskredite entschieden haben und sich damit die Anfälligkeit des Privatsektors für die Abwertung der eigenen Währung erhöhte.

Mit Gottes Segen keine Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft

Mit dem Zitat „der Westen habe den Dollar, die Türkei aber habe Gott“ brachte der türkische Präsident Recep Erdoğan kürzlich seine Leitlinie für die Wirtschaftspolitik auf den Punkt. Die Umsetzung naheliegender Maßnahmenpakete zur Stabilisierung wurde damit weggebügelt.

Solche Äußerungen stehen exemplarisch dafür, dass die politischen Machthaber gerade in aufstrebenden Volkswirtschaften alle Möglichkeiten zur Einflussnahme vor allem darauf richten, die eigene Führungsrolle zu sichern anstatt die Grundregeln ökonomischer Vernunft einzuhalten. Die so brüskierten und verunsicherten internationalen Anleger lassen sich dann auch von attraktiven Wachstumsaussichten einzelner Unternehmen nicht mehr überzeugen, sondern ziehen ihr Geld ab.

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An dem Beispiel der Türkei lässt sich eines sehr gut zeigen: Fast immer wird in den Emerging Markets die grundlegende Richtung an den lokalen Börsen stärker von ausländischen Kapitalströmen bestimmt als von den Gewinnaussichten der einzelnen Unternehmen. Als Ausnahme hiervon gelten große Volkswirtschaften wie China oder Indien, aber auch Energie- und Rohstoffaktien, die als echte Substanzwerte bewertet werden können.

Trügerische Rendite-Schnäppchen in den Schwellenländern

Bei konservativen Aktienfondsmanagern ist der Anlageprozess darauf ausgerichtet, unfaire Bewertungsabschläge bei einzelnen Unternehmen zu finden, deren Wertaufholung auf der Grundlage einer fundamentalen Verbesserung der Unternehmensentwicklung basiert.

Bei Anlagen in Schwellenländern muss ein zusätzlicher Risikoabschlag auf den fairen Wert erfolgen, der die politischen Unwägbarkeiten ausgleicht. Anleiheinvestoren diskontieren ihre Anlagen dafür mit einem Zinsaufschlag gegenüber den Renditen der entwickelten Volkswirtschaften. Für Stock Picker, die einzelne Titel nach bestimmten Kriterien auswählen, ist diese pauschale Vorgehensweise nicht geeignet, weil sie dem Ereignischarakter von Krisen in den Schwellenländern nicht gerecht wird.

Politische Risiken werden bei Anlagen in den Emerging Markets häufig unterschätzt. Allzu oft verbirgt sich darin der Opportunismus einer Investmentidee hinterher zu jagen, die nur vorübergehend Gültigkeit hat – eben bis zur nächsten Krise. Maßgeblich ist deshalb  eine solide Kombination aus einem disziplinierten Einstieg und einer überdurchschnittlichen Qualität von Bilanz und Geschäftsmodell, auch wenn die Verlockungen hoher Wachstumsaussichten in exotischen Märkten manchmal groß sind.

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