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Unternehmensanleihen: Die besseren Staatsanleihen

Ottmar Wolf
Ottmar Wolf
Abnehmende Risiken bei noch attraktiven Renditeaufschlägen: Unternehmensanleihen laufen Staatspapieren immer stärker den Rang ab und werden auch bei sicherheitsorientierten Anlegern zur ersten Wahl.

Es ist noch gar nicht so lange her, da galten Staatsanleihen von Industrienationen als eine der sichersten Wertpapierklassen überhaupt. Anlegern, denen es im Wesentlichen um den Kapitalerhalt geht, boten sich in diesem Bereich gute Investitionsmöglichkeiten, mit denen sich zwar keine Reichtümer anhäufen, wohl aber das bereits vorhandene Vermögen sukzessive vermehren ließ. Insbesondere bei Schuldtiteln aus der Eurozone bestand das einzige Risiko in steigenden Zinsen, wodurch sich vorrübergehende Kursverluste ergeben konnten. Bonitätsrisiken spielten dagegen scheinbar keine Rolle. Deshalb schien es auch praktisch egal, von welchem Staat die in das Depot aufgenommenen Schuldverschreibungen stammten.

Im Zuge der Verwerfungen an den Finanzmärkten Ende 2008 sowie der sich anschließenden Wirtschaftskrise haben Staatsanleihen gegenüber Corporate Bonds allerdings deutlich an Boden verloren. Ganz offenkundig wird dies am Beispiel Griechenlands sowie den anderen Peripherieländern Europas, für deren uneingeschränkte Zahlungsfähigkeit heute wohl kaum noch ein Anleger seine Hand ins Feuer legen würde. Selbst Staaten wie Frankreich, Österreich, die Niederlande und sogar Deutschland haben in ihrer Kreditwürdigkeit nachgelassen. Andererseits scheinen sich Unternehmensanleihen alles in allem derzeit bester Gesundheit zu erfreuen.

Gegenläufige Entwicklung zahlenmäßig belegbar

Dabei lässt sich anhand harter Fakten zeigen, dass es sich bezüglich der gegenläufigen Entwicklung der beiden Anleiheklassen keineswegs nur um ein subjektives Empfinden handelt. So summierten sich die Schulden der Euro-Länder Ende des 1. Quartals 2012  bereits auf 88,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Ein Jahr zuvor lag der entsprechende Wert noch bei 86,2 Prozent und Ende 2008 waren es sogar „nur“ 70,1 Prozent und damit fast zwei Billionen (1.847.859.000.000) Euro weniger als heute. Auch das Verhältnis von Bruttoverschuldung zu Staatseinnahmen ist seit 2007 praktisch in der gesamten Eurozone deutlich angestiegen. Ähnliche Entwicklungen lassen sich von wenigen Ausnahmen abgesehen auch für die übrigen Länder der Europäischen Union sowie die USA und diverse andere Industrienationen aufzeigen.

Ganz anders stellt sich die Situation auf der Unternehmensseite dar. Die Nettoverschuldung europäischer Konzerne ist in den vergangenen fünf Jahren nämlich von gut 24 Prozent auf zuletzt knapp 19 Prozent (10-Jahres-Tief) gesunken. Während diese Zahl über die vergangenen Jahrzehnte hinweg gewisse Schwankungen aufweist, haben sich die Kennziffern der Industriestaaten praktisch kontinuierlich verschlechtert. Ganz offensichtlich scheint es hier somit an einem funktionierenden „Geschäftsmodell“ zu fehlen. Dies ist umso bedenklicher, als allein durch die demografischen Entwicklungen weitere Belastungen auf die Haushalte der Industrieländer zukommen werden.

Davon abgesehen erlauben Unternehmensanleihen aber auch eine weitaus bessere Diversifikation als Staatsanleihen. So besteht gerade unter den Euro-Ländern nicht nur eine latente Ansteckungsgefahr, sondern es ergibt sich angesichts des hohen Gewichts einiger weniger Emittenten (Deutschland, Frankreich Italien und Spanien) auch ein erhebliches Klumpenrisiko. Zudem sind Corporate Bonds oftmals mit realen Assets unterlegt und im Falle einer Pleite können die Inhaber der Papiere zumindest auf die Konkursmasse zugreifen. Bei Staaten ist die Durchsetzbarkeit von nichtöffentlichen Gläubigeransprüchen dagegen überaus schwierig. Das hat die als freiwillig bezeichnete Umstrukturierung der von privaten Geldgebern gehaltenen Schuldpapiere Griechenlands wieder einmal eindrucksvoll gezeigt.

Höhere Renditen bei niedrigeren CDS-Prämien

All diese Faktoren, insbesondere aber natürlich der gegenläufige Bonitätsverlauf von Staats- und Unternehmensanleihen, spiegeln sich auch in der Entwicklung der sogenannten Credit Default Swaps wider. Bei Credit Default Swaps (CDS) handelt es sich um Kreditversicherungen, die unter Banken laufend gehandelt werden. Dabei zeigt der in Basispunkten angegebene Wert an, welcher Betrag jeweils aufzuwenden ist, um sich gegen den Zahlungsausfall des entsprechenden Schuldners zu versichern. So bedeutet beispielsweise ein CDS-Wert von 53, wie ihn die Bundesrepublik Deutschland aktuell aufweist, dass pro Jahr 0,53 Prozent Prämie fällig werden, um eine Forderung gegen unseren Staat zu „versichern“. Bei Frankreich liegt der entsprechende Wert aktuell bei 110 Basispunkten (1,1 Prozent) und bei Italien bzw. Spanien sind es sogar 3,4 beziehungsweise 3,7 Prozent pro Jahr.

Andererseits betragen die Prämien für deutsche Großkonzerne wie BASF, E.On, Siemens oder die Deutsche Telekom durchweg weniger als ein Prozent und fallen damit geringer als bei französische Staatsanleihen aus. Selbst Conti oder HeidelbergCement, also Unternehmen mit aktuell hoher Verschuldung, weisen mit 203 bzw. 310 Basispunkten noch deutlich niedrigere Werte als Italien oder Spanien auf. Gleiches gilt übrigens auch für einige Konzerne Südeuropas, wie zum Beispiel die italienischen Energieversorger ENI (151 Basispunkte) und ENEL (281 Basispunkte) oder die spanische Telefonica (350 Basispunkte). Derart geringe Unterschiede beziehungsweise sogar negative Differenzen zwischen den CDS-Prämien für Staatspapiere und Anleihen von Unternehmen aus dem jeweiligen Land wären vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen.

Hinzu kommt, dass die Übernahme des Bonitätsrisikos, gemessen an den CDS-Prämien, von privaten Schuldnern zum Teil noch besser bezahlt wird. So werfen Papiere von BASF und E.On eine höhere Rendite als französischen Staatsanleihen ab, und eine HeidelbergCement-Anleihe mit Fälligkeit im April 2020 weist sogar gegenüber Spanienbonds mit derselben Restlaufzeit einen geringen Renditeaufschlag (+0,2 Prozent p.a.) auf.

Angebots- und Nachfrageverschiebung wird sich fortsetzen

Auch wenn das Ausfallrisiko natürlich nicht das einzige Risiko ist, welches sich in den Renditen von Schuldtiteln widerspiegelt, sollte Anlegern die Entscheidung zwischen Staats- und Unternehmensanleihen so gesehen relativ leicht fallen. Entsprechend stellen auch immer mehr institutionelle Investoren, die bei Corporate Bonds noch unterinvestiert sind, ihre Anlagestrategie um. Erst vor wenigen Tagen hat beispielsweise die Allianz bekannt gegeben, als Konsequenz aus der europäischen Staatsschuldenkrise bei neuen Investments Staatsanleihen so weit wie möglich zu vermeiden. Während bei öffentlichen Schuldverschreibungen auf ein steigendes Angebot somit eine schrumpfende Nachfrage trifft, stellt sich die Situation bei Kreditpapieren aus dem privaten Sektor genau umgekehrt dar.

Dennoch bleibt ein keineswegs zu unterschätzender Nachteil von Corporate Bonds. So erfordert die Selektion attraktiver Unternehmensanleihen aufgrund ihrer geringeren Korrelation sowie der deutlich größeren Zahl an Emittenten einen erheblich höheren Aufwand. Qualifiziertes Research vorausgesetzt, ist es dann allerdings auch eher möglich, Risiken zu umschiffen und gegenüber einem mehr oder weniger zufällig zusammengestellten Depot eine attraktive Outperformance zu erzielen. Oder anders ausgedrückt: Erfahrung, Marktkenntnisse und eine sorgfältige Analyse der Chancen und Risiken machen sich bei der Zusammenstellung eines breit diversifizierten Portfolios aus Corporate Bonds sehr viel stärker bezahlt, als dies bei der Auswahl von Staatsanleihen der Fall ist.

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