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USA untergewichten, Europa übergewichten Der Trump-Effekt: Auf diese Papiere setzt Jan Ehrhardt

Jan Ehrhardt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von DJE Kapital
Jan Ehrhardt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von DJE Kapital

Die Börsen scheinen sich gerade in einer paradoxen Geisteshaltung zu befinden. Auf der einen Seite herrscht Unsicherheit über die Frage, wohin der neue US-Präsident Trump die nominal größte Volkswirtschaft der Welt steuern wird. Steht mit dem Motto „America first“ wirklich die Rückkehr des Protektionismus an? Auf der anderen Seite ist das aktuelle konjunkturelle Umfeld positiv. Die Zentralbanken weltweit inkl. der US-Notenbank Fed scheuen zu große Eingriffe in die Märkte, sämtliche (Börsen-)Frühindikatoren zeigen nach oben und die Gewinne der US-Firmen steigen. Zudem begrüßen viele Börsianer Trumps Pläne für fiskalische Maßnahmen. Was ist also in den kommenden Monaten von der größten Volkswirtschaft der Welt und der Wall Street zu erwarten?

Trump wird Ergebnisse frühestens 2018 liefern können

So mancher Augur lässt sich aktuell hinreißen, die Amtseinführung der Trump-Administration mit dem Startschuss für einen Konjunkturboom in den USA sowie einem damit verbundenen Anziehen der Aktienmärkte gleichzusetzen. Schließlich kündigte der neue US-Präsident im Wahlkampf massive Ausweitungen der Staatsausgaben zugunsten der maroden Infrastruktur an. Allerdings ist die Lage bei genauerem Hinsehen diffiziler: Trotz der zuletzt überwiegend guten Konjunkturindikatoren lassen die jüngsten Steigerungen der Hypothekenzinsen sowie der festere Dollar, der Gegenwind für die Exportzahlen darstellt, für das Jahr 2017 eine Konjunkturberuhigung erwarten. Sollten die angekündigten Investitionen tatsächlich vorgenommen werden, dürfte dieser Stimulus wahrscheinlich erst in 2018 wirken. Derartige staatliche Maßnahmen müssen lange Zeit im Voraus geplant werden und auch die Umsetzung dürfte angesichts niedriger Arbeitslosenzahlen im Bausektor und Fachkräftemangel schwer sein. Selbst wenn künftig die angekündigten rund 100 Milliarden US-Dollar in die Infrastruktur investiert werden, entspräche dies letztlich nur 0,5 Prozent des gesamten US-Bruttosozialprodukts.

Verschuldung ist ein entscheidender Faktor bei Konjunkturentwicklung

Ein entscheidender Grund für die aktuelle Unsicherheit ist die Verschuldung in den Vereinigten Staaten. Grundsätzlich gilt: Je stärker eine Volkswirtschaft verschuldet ist, desto mehr wirken sich Zinssteigerungen konjunkturbremsend aus. Da die US-Staatsverschuldung in Wirklichkeit wesentlich höher ist als die offiziell ausgewiesenen 108 Prozent – de facto liegt diese bei 140 Prozent – könnten Zinssteigerungen in diesem Jahr für wenig erfreuliche Konjunkturmeldungen sorgen. Rechnet man die Schulden der US-Unternehmen und Verbraucher hinzu, so verdoppelt sich diese Zahl noch einmal. Vor diesem Hintergrund liegt Trump in seiner Annahme falsch, wonach die US-Notenbank Fed die Zinsen bisher zu niedrig gehalten hätte.

Für 2017 wurden von der Fed nun drei Zinserhöhungen angekündigt. Hintergrund ist ein möglicher Inflationsanstieg und ein Gegensteuern bei höherem Staatsdefizit durch Infrastrukturprogramme sowie Steuersenkungen für Firmen und reiche US-Privatpersonen. Ob es aber in diesem Jahr tatsächlich zu einem US-Konjunkturboom und dabei höheren Inflationsraten mit einer Notenbank-Bremsung in der Folge kommen wird, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass die konjunkturellen Bäume in den USA nicht in den Himmel wachsen und sogar hinter Europa zurückbleiben. Der Trump-Effekt könnte ab 2018 wirken, steht aber auf dünnem Eis.

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Aktienrückkäufe erneut dominierender Nachfragefaktor an der Wall Street

Die große Frage ist, wie viele seiner Ankündigungen der neue Präsident wahr machen wird oder nicht. Historisch gesehen „vergessen“ die Präsidenten die Hälfte ihrer Versprechungen. Positiv für die Wall Street wäre ein Rückholprozess der in Steueroasen liegenden Unternehmens-Billionen in die USA. Diese würden weniger für Investitionen, sondern eher für Aktienrückkäufe eingesetzt werden. Der Grund: Auf diese Weise lassen sich Gewinnwachstumsziele schnell erreichen, was für viele CEOs eine große Motivation darstellen dürfte. Investitionen sollten zwar nach der Zurückhaltung der vergangenen Jahre auch auf dem Plan stehen. Allerdings ist fraglich, ob Unternehmen in einem reifen Konjunkturzyklus noch stark investieren.

Die Aktienrückkäufe erklären auch die bessere Entwicklung des US-Marktes in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Börsen. Die Nachfrage nach Aktien wurde künstlich gesteigert, wodurch sich eine rechnerische Erhöhung des Gewinns pro Aktie durch Vernichtung aufgekaufter Aktien ergab. Beides führte zu Kurssteigerungen. Sollte in den USA der Trump-Versuch zur Wirtschaftsbelebung durch mehr Staatsschulden misslingen, z.B. weil steigende Zinsen den Aufschwung abwürgen, so kann es im Verlauf des zweiten Halbjahres zu einer anderen Situation kommen. Bei dann wieder aufkommenden Konjunkturbedenken könnten sich die vorgenommenen Zinserhöhungen als Fehler herausstellen.

Unsere Allokation: USA untergewichten und Europa übergewichten

Der Jahresstart an den Börsen weltweit war durchaus vielversprechend. Das Jahr 2017 hat gute Chancen, diesen freundlichen Start weiterzuschreiben. Wir bleiben bei unserer grundsätzlichen Einschätzung und haben US-Aktien zugunsten von Werten aus der Eurozone untergewichtet. Die Bewertungsniveaus haben in der Breite in Europa mehr Luft nach oben, während der US-Markt hier weniger Spielraum hat. Dennoch gefallen uns Aktien starker, solider US-Firmen mit stabilen Geschäftsmodellen. Anleger sollten sich aber bewusst sein, dass im aktuellen Umfeld die Wahrscheinlichkeit von Konsolidierungen im Markt hoch ist. Als Puffer können kurzlaufende US-Staatsanleihen sowie ausgewählte Unternehmensanleihen von US-Firmen mit starkem Free-Cash-Flow und hoher Stabilität bei konjunkturellen Schwankungen als Beimischung eine Option sein.

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