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Verfassungsgericht: Wenn’s mal wieder länger dauert

Sie brauchen mehr Zeit, gibt das Verfassungsgericht in Karlsruhe bekannt. Die Eurowelt hatte gespannt auf eine Entscheidung gewartet – entspricht die Milliardenhilfe für andere Euroländer deutschem Recht? Oder hebelt sie die Verfassung aus?

Die Richter stehen vor einem Problem: Stimmen sie den völkerrechtlich bindenden Verträgen zu, ist das im Endeffekt unumkehrbar. Lehnen sie ab, könnte das die Rettung des Euros verhindern. Deshalb will das Gericht ganz genau prüfen und erbittet sich dafür etwas mehr Zeit – drei Monate. Allerdings läuft es damit Gefahr, statt einer Folgenabwägung das endgültige Urteil vorwegzunehmen.

Die Kläger sehen in dem Aufschub schon einen kleinen Sieg; schließlich werde das Verfassungsgericht ihre Anträge nun ernsthaft prüfen. Sie befürchten, dass der Rettungsschirm das Grundgesetz und die Demokratie aushebelt, indem er dem Bundestag die haushaltspolitische Kontrolle entzieht. Außerdem halten sie die Haftungsrisiken für andere Länder von mehreren Hundert Milliarden Euro für zu hoch.

Wirtschaft und Bundesregierung auf der anderen Seite fordern eine schnelle Entscheidung. Schließlich bestünde die Gefahr, dass der Euro zerbricht, wenn man nicht schnell genug handle. Wolfgang Schäuble sagt, er gehe davon aus, dass eine Entscheidung innerhalb weniger Wochen fallen muss. Auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnt die Richter vor zu langen Überlegungen: Schon jetzt sei die Eurozone labil und die Kosten für Staatsanleihen würden wieder steigen.

Die Gefahr, die die Bundesregierung an die Wand malt, ist durchaus real: Falls die Zinsen weiter steigen und das Wirtschaftswachstum weiter nachlässt, droht einigen Krisenländern der Staatsbankrott.  Ohne fremde Hilfe müssten sie aus dem Euro aussteigen. Die neue Währung würde sofort gegenüber dem Euro abwerten. Nur dann hätten sie eine Chance, ihre Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen.

Dem Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle sind die Probleme bewusst In Krisenzeiten seien von der Politik oft ungewöhnliche Maßnahmen gefordert, zitiert ihn das „Handelsblatt“, Andererseits sei das Verfassungsgericht dazu verpflichtet, „den Regeln, die wir uns gegeben haben, auch in den Situationen zur Geltung zu verhelfen, in denen es politisch nicht opportun erscheint.“ Er betont: „Europa fordert den demokratischen Verfassungsstaat, ebenso wie der demokratische Verfassungsstaat Europa fordert.“

Normalerweise beschränkt sich das Verfassungsgericht in einem Eilverfahren auf die so genannte Folgenabwägung: Hätte es schlimmere Folgen, wenn das Gericht Maßnahmen vorläufig stoppt, obwohl sich die Maßnahmen im Nachhinein als rechtmäßig erweisen – oder könnten die Folgen von rasch eingeführten Regelungen so gravierend sein, dass die Verantwortlichen sie nicht ohne Weiteres rückgängig machen könnten, obwohl sich die Regeln bei längerer Betrachtung als rechtswidrig rausstellen? Mit einer erweiterten Folgenabwägung läuft das Gericht, allerdings Gefahr das endgültige Urteil vorwegzunehmen.

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