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Vermögensverwaltung „Die Kunst ist, Fehler zu vermeiden“

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DAS INVESTMENT.com: Ist Gold für Sie noch ein Thema?

Stefan Riße:
Ich habe noch größere Goldanteile im Portfolio. Klar ist: Die Notenbanken werden weiter Geld in den Markt pumpen. Das wird irgendwann zu mehr Inflation führen. Wann sie kommt, ist schwer zu prognostizieren.

In der momentanen Phase sind weder eine Krise des Finanz- und Geldsystems noch Inflationstendenzen wirklich spürbar. Das belastet den Goldpreis.

Zudem hat das Fracking in den USA die Energiepreise heruntergedrückt und eine mögliche Inflation weiter in die Zukunft verschoben. Aber sie wird kommen, anders lassen sich die Schulden nicht abbauen.

Als sentimentorientierter Investor spricht für mich noch etwas für Gold: Annähernd alle institutionellen Investoren sind bei Gold negativ gestimmt.
Und wir haben aus Gold-ETFs hohe Abflüsse gesehen. Da möchte ich an den Satz erinnern: Wenn der letzte Optimist zum Pessimisten wird, ist es Zeit einzusteigen.

Meißner: Rein fundamental habe ich selten eine seriöse Einschätzung für den Goldpreis gesehen. Das ist eine mehr emotionale Geschichte: Gold ist schön und glänzt. Man kann zudem nicht einmal im Jahr etwas abfeilen, um einen Ertrag zu gewinnen. Also sollten wir das Thema rein emotional betrachten.

Zum Beispiel im Vergleich zu Staatspapieren: Da stellt sich die Frage, welches Vertrauen ich diesen noch entgegenbringe. Und ob Gold für mich mehr wert ist als ein Stapel Papiere, wo Staatsanleihe draufsteht.

Erdmann:
Zurzeit sind sicherlich Aktien das bessere Gold. Doch Gold hat seit 6.000 Jahren immer seinen Wert, und die jüngsten Verluste bezogen sich auf den Preis, aber nicht auf den Wert des Goldes. Das ist wie beim Einfamilienhaus, was mir die Sicherheit bietet, dass ich darin wohnen kann.

Da schaue ich auch nicht täglich auf den Kurs und verkaufe, wenn ich meine, dass die Marktentwicklung gerade nicht positiv ist. Bei vermögenden Kunden halte ich einen Anteil zwischen 5 und 10 Prozent von Gold in physischer Form für durchaus angebracht.

Schmidlin:
Die Inflation ist sicherlich unausweichlich, da es die politisch einfachste Lösung ist, das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen. Ob jedoch deshalb immer der Griff nach Gold der richtige ist, ist für uns nicht einschätzbar.

Ich persönlich kann keinen fairen Preis für Gold bestimmen. Aus diesem Grund setzen wir in unserem Fonds eher auf Aktien von Unternehmen, die ihre Preise an die Inflation anpassen können.

Borgsmüller:
Da gehen wir anders vor. Wir werden unseren Aktienanteil voraussichtlich in den kommenden Wochen auf null reduzieren. Wir haben das bereits zweimal getan, 1999 und 2006. Sicherheit heißt für uns vor allem Liquidität und kurzfristige Anleihen mit Maximallaufzeit bis 2016.

Europäische Anleihen mit bis zu dreijähriger Laufzeit sind aus unserer Sicht sicher, weil wir der Aussage der EZB vertrauen können, dass diese Anleihen in jedem beliebigen Ausmaß nötigenfalls angekauft werden.

Klar ist jedenfalls: Aktien haben in Inflationsphasen sehr schlecht abgeschnitten. Weil es den Unternehmen eben nicht gelingt, zeitnah die Preise im gleichen Maß anzuheben.

Wenn Sie den Zeitraum 1968 bis 1982 anschauen, dann ist der Dow Jones von 1.000 Punkten ausgegangen und wieder dorthin zurückgekehrt. Die Inflation lag in diesem Zeitraum aber bei rund 34 Prozent.

Als Aktienbesitzer haben Sie damit real ein Drittel Ihres Vermögens verloren. Gold hat das Vermögen erhalten, war also der einzige echte Inflationsschutz.

Riße: Hier muss ich widersprechen. Die Beobachtung ist richtig, aber sie gilt für die 70er Jahre, wo die Inflation durch die Notenbanken bekämpft wurde. Wenn wir jedoch eine Zeit haben, in der die Notenbanken der Inflation relativ lange Leine lassen werden, sieht das anders aus.

Um an André Kostolany zu erinnern: Das, was für Aktien schlecht ist, ist nicht die Inflation, sondern das, was die Notenbanken gewöhnlich gegen Inflation tun: nämlich Geld in der Menge zu verknappen und die Zinsen zu erhöhen.

Doch das werden sie zumindest am Anfang nicht tun, und damit werden Aktien als Inflationsschutz sehr wohl funktionieren.

Benner:
Mich wundert dieser absolute Pessimismus auch etwas. Als Stockpicker schauen auch wir uns eher die Einzelaktien unter fundamentalen und analytischen Gesichtspunkten an, und da finden wir noch großes Potenzial.

Die Bilanzen vieler Unternehmen sind im Durchschnitt gesund, das sieht bei den Staaten anders aus. Die Unternehmen haben ihre Lehren aus dem Krisenjahr 2008 gezogen, sie haben ihre Hausaufgaben auf der Kostenseite gemacht, und ihre Bilanzen geben auch wieder Investitionen her.

Schmidlin: Auch wir wählen nur Aktien von Unternehmen, die über eine starke Bilanz verfügen. Vor Erwerb eines Unternehmens ist für uns grundsätzlich das Vorhandensein einer Unterbewertung notwendig. Wenn man nur auf breite Indizes setzt, ist einem wenig geholfen.

Der Dax etwa enthält viele Unternehmen, die bei einer Inflation Schwierigkeiten haben könnten, Preissteigerungen weiterzugeben. Das heißt: Wer einen ETF kauft, macht sich die Sache zu einfach.

Erdmann:
Richtig. Auch wenn zurzeit einige Professoren postulieren, dass Anleger damit gut bedient wären, drei Assetklassen auszuwählen und jeweils mit einem ETF zu bestücken. Dies wird dann die entsprechenden ernüchternden Ergebnisse bringen.

Wir befinden uns zudem in einer Phase, in der die Vermögensverwalter aufgrund ihres konservativen Ansatzes deutlich hinter den Aktienmärkten herlaufen.

Wird da nur auf die kurzfristige Performance geschaut, sehen die passiven Investments zunächst besser aus. Das ändert sich schnell, wenn der Wind wieder dreht.