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Versicherungen zu Uni-Sex-Tarifen: “Abkehr von einer risikogerechten Prämie“

Quelle: Fotolia
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Kloster statt Kneipe: Männern bringt das fromme Leben als Mönch Vorteile. Sie rauchen und trinken weniger, fahren nicht rasant Auto, haben keinen gefährlichen Beruf. Und das macht sich bemerkbar: Nur knapp ein Jahr leben Nonnen länger als Mönche – in freier Wildbahn sind es fünf Jahre.

Bei Versicherungen spielen diese statistisch gesicherten fünf Jahre eine entscheidende  Rolle. In der Rentenversicherung bekommen Frauen fünf Jahre länger Rente, weshalb sie für diese Policen mehr zahlen müssen. Das längere Leben und höhere Krankheitskosten vor der Rente machen auch private Krankenversicherungen (PKV) für Frauen teurer als für Männer. Andersherum können Frauen bei Risikolebensversicherungen sparen, da die Wahrscheinlichkeit, dass sie früh sterben, niedriger ist als bei Männern.

Ab 2013 nur noch Unisex-Tarife Doch damit ist es jetzt vorbei. Anfang März hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Versicherungen ihre Tarife nicht mehr nach dem Geschlecht differenzieren dürfen. Die jetzige Praxis verstoße gegen den Gedanken der Gleichstellung von Männern und Frauen. Bis zum 21. Dezember 2012 haben die Gesellschaften nun Zeit, ihre Tarife umzustellen. Eines scheint dabei gewiss: Für Männer werden die neuen Tarife in der Renten- Und Krankenversicherung teurer. „Unisex-Tarife können sich in aller Regel nicht in der Mitte zwischen Frauen- und Männertarif einpendeln“, sagt Heinz Jürgen Scholz, Vorstandsmitglied des Dortmunder Versicherers Continentale. „Das liegt daran,dass Männer und Frauen in den Tarifen nicht mit gleichen Anteilen vertreten sind.“

Männer zahlen mehr
Heißt: Aufs Mischverhältnis kommt es an. Verteilen sich die Beitragssenkungen für die Frauen auf deutlich mehr Männer, dürften die Auswirkungen überschaubar bleiben. Allerdings gibt es hier einen Haken: Für Männer werden Neuabschlüsse beispielsweise in der Rentenversicherung wegen der höheren Preise tendenziell unattraktiv. Sie könnten deshalb auf andere Produkte wie Fonds oder Banksparpläne ausweichen und der Versicherung den Rücken kehren. Fachleute nennen das Antiselektion. In den Tarifen wären als Folge deutlich mehr Frauen als Männer. Für diesen Fall müssen die Anbieter Risikozuschläge erheben, was die Tarife teurer macht.

Als Ersatz für die Unterscheidung nach Geschlecht könnten die Versicherungsmathematiker nun weitere Kriterien in ihre Rechnungen mit einbeziehen. So hängt die Lebenserwartung auch nicht unwesentlich von Faktoren wie Lebensstil, Bildung und Einkommen ab.

Aber auch hier gibt es Probleme: „Geschlecht und Alter sind die einzigen feststehenden Kalkulationsgrundlagen. Weiche Risikofaktoren können sich verändern“, so Uwe Laue, Vorstandsvorsitzender der Debeka. Unsicherheiten bei der  Risikoeinschätzung haben bei Versicherungen aber ihren Preis: Die Kunden werden tiefer in die Tasche greifen müssen.

Schlussverkauf bei Rentenpolicen Für Berater könnte das Unisex-Urteil des Europäischen Gerichtshofs Vorteile bringen. „Wir halten es für wahrscheinlich, dass es in der Lebensversicherung zu einem Schlussverkauf kommen wird“, sagt HDI-Gerling-Vertriebsvorstand Markus Drews. „Vor allem bei Männern, die für das Alter vorsorgen wollen und sich bisher noch nicht entscheiden konnten. Sie werden sich bis zum 21 Dezember 2012 noch die höheren Rentenleistungen sichern.“

Wie es danach weitergeht, bleibt abzuwarten. Politisch gesehen könnte nach den Unisex-Tarifen auch die zeitlose Police kommen.  Denn auch eine Diskriminierung auf Basis des Alters ist von Gesetzes wegen verboten. „Das wäre die endgültige Abkehr von einer risikogerechten Prämie“, warnt Debeka-Chef Laue. „Es wäre das Ende jeglicher Versicherung.“ Quelle:GDV

Lehrfall Riester?
Bei der staatlich geförderten Riester-Rente gibt es bereits seit 2006 die Pflicht zu Unisex-Tarifen. Der Aufschrei bei den Versicherungen war auch damals groß: Männer würden keine Riester-Policen mehr abschließen, wenn die Tarife für sie teurer würden. Die Branche sprach gar vom „Todesstoß“ für die Riester-Rente. Aber es kam anders: Die Beiträge für Männer stiegen statt um die vermuteten 15 nur um rund 8 Prozent. Die Zahl der verkauften Verträge legte von 6,5 Millionen im Jahr 2006 auf 8,4 Millionen ein Jahr später zu. Heute gibt es über 10 Millionen Riester-Versicherungen, wobei mehr Frauen als Männer die Policen abschließen. Bei der Allianz hat sich der Anteil der Männer von 47 Prozent (bis 2005) auf aktuell 45 Prozent verringert. Die Versicherungen lassen die Riester-Rente als Beispiel für das Funktionieren von Unisex-Tarifen aber nicht gelten. Die Anreize durch Zulagen und Steuerersparnisse seien so groß, dass es sich auch für Männer weiter lohne, eine Riester-Versicherung abzuschließen, so die Branche einhellig.

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