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Vontobel-Chefstratege Christophe Bernard „Eine weitere Yuan-Abwertung wäre sinnvoll“

Christophe Bernard ist Chefstratege bei der Asset-Management-Tochter von Vontobel
Christophe Bernard ist Chefstratege bei der Asset-Management-Tochter von Vontobel
Am 11. August 2015 kündigte die People’s Bank of China (PBOC) an, dass sie den chinesischen Yuan stärker flexibilisieren will. Künftig wird der Kurs des Yuan anhand des Interbanken-Devisenmarktes sowie von Angebot und Nachfrage festgelegt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobte die weniger interventionistische Haltung der Notenbank als Schritt in Richtung einer stärkeren Währungsflexibilisierung. Die PBOC beschloss zudem, das US-Dollar-Yuan-Fixing um rund 2 Prozent anzuheben, um den Referenzwert besser an die Markterwartungen anzugleichen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung notierte der Spot-Preis rund 1,5 Prozent höher als der Referenzwert des Währungspaares und somit am oberen Ende der zugelassenen Handelsspanne. Vergrößern >> Nicht mehr gerechtfertigte Dollar-Anbindung Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass China seine Geldpolitik stärker lockern muss, wenn die Behörden die Kapitalabflüsse stoppen wollen. Diese wirken ungewollt restriktiv, weil sie die Liquidität im Inland senken. Nach unserem Dafürhalten muss der Wechselkurs als weiteres geldpolitisches Instrument angesehen werden, vor allem vor dem Hintergrund der Konjunkturabkühlung und des schwächeren Exportwachstums. Dies gilt umso mehr, als der Yuan seit Anfang 2014 relativ stabil zum US-Dollar notierte. Davor wertete die chinesische Währung sogar auf und folgte dem aufwärts tendierenden US-Dollar seit Sommer 2014 – trotz sehr unterschiedlichen Wachstumsmustern in beiden Volkswirtschaften. Seit Sommer 2011 hat der Yuan handelsgewichtet um rund 30 Prozent zum US-Dollar zugelegt (siehe untenstehende Grafik). Unterdessen scheint es, als ob der US-Dollar weiter an Wert gewinnen wird, weil die US- Notenbank Fed voraussichtlich noch im laufenden Jahr einen Zinserhöhungszyklus beginnen dürfte. Den Yuan zum US-Dollar in einem solchen Umfeld stabil zu halten, hätte zur Folge, dass China die restriktive Geldpolitik der USA quasi importieren würde – ein Szenario, das die chinesische Wirtschaft noch stärker belasten würde. Aus diesem Grund erscheint uns die Anbindung des Yuan an den US-Dollar nicht gerechtfertigt. Wie weit könnte der Yuan sinken? Obwohl China eine stärkere Flexibilisierung des Yuan zulässt, gehen wir nicht davon aus, dass die PBOC eine extreme Währungsfluktuation tolerieren wird. Eine massive Abwertung würde diversen Wirtschaftszweigen Schaden zufügen. Die Anlegerstimmung könnte in Pessimismus umschlagen, was an den Aktienmärkten zu weiteren Kursverlusten führen und den Kapitalabfluss beschleunigen könnte. Außerdem würden chinesische Institutionen, die ihre Positionen in Dollar-Schuldpapieren mit Krediten finanziert haben, in Schwierigkeiten geraten, falls der Yuan massiv abwertet. Wir bezweifeln daher, dass ein solches Szenario im Interesse der chinesischen Behörden ist. China hat nach wie vor genügend Möglichkeiten, die Währung zu kontrollieren – die Devisenreserven belaufen sich auf 3.600 Milliarden US-Dollar. Diese Zahl ist trotz der Tatsache, dass Kapitalflucht und PBOC-Interventionen den Bestand um 300 Milliarden US-Dollar geschmälert haben, äußerst eindrücklich. Aus fundamentaler Sicht ist eine weitere moderate Abwertung des Yuan durchaus sinnvoll, sofern sich die globalen und inländischen chinesischen Wachstumsfaktoren nicht zugunsten von China verschieben, wofür wir bislang keine Anzeichen erkennen.
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