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VVG-Reform: Durchblick bei den Kosten?

Quelle: Fotolia
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Von vielen in der Versicherungsbranche kritisiert, trat im Januar 2008 die VVG-Reform in Deutschland in Kraft, ein halbes Jahr später folgte die VVG-Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV). Ihr Herzstück: Der Ausweis der im Vertrag einkalkulierten Vertriebskosten in Euro und Cent. Zudem sollen die Anbieter die übrigen in die Prämie eingerechneten Kosten aufschlüsseln, die über die Vertragslaufzeit anfallen. >>Grafik vergrößern Die ersten Erfahrungen mit der Reform warenwidersprüchlich. Kunden erhielten plötzlich eine Vielzahl von Informationen – neben dem Kostenausweis etwa Modellrechnungen, Produktinformationsblätter und eine Beratungsdokumentation. Oft führte dies zu heilloser Verwirrung – immerhin jeder zehnte Kunde verweigerte aufgrund der Kostenangaben den Abschluss, so eine Umfrage im vergangenen Jahr (siehe Grafik). Vermittler befürchteten gar, dass die Kostenoffenlegung vermehrt dazu führen könnte, dass Kunden an der Provision beteiligt werden wollen – mehr als ein Viertel der Vermittler ist laut der Umfrage zumindest gelegentlich darauf angesprochen worden. Nicht verwunderlich also, dass die Mehrheit der Vermittler den Kostenausweis ablehnt. 47 Prozent der 671 vom AfW Bundesverband Finanzdienstleistung im Mai 2009 befragten Berater sind gegen die Offenlegung von Gebühren und Courtage, nur 31 Prozent begrüßen dies. Von den Versicherern selbst wird die VVG-Reform generell als ein Schritt in die richtige Richtung begrüßt – so spricht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft von positiven Rückmeldungen seiner Mitglieder. Eine jüngst durchgeführte Studie der You Gov Psychonomics bestätigt dies: 54 Prozent der Versicherungskunden haben aufgrund der Änderungen ein besseres Bild vom Vertrieb (siehe Grafik); 48 Prozent zeigen zudem gestiegenes Vertrauen in bislang ihnen persönlich unbekannte Versicherungsvermittler. Dennoch gibt es Nachbesserungsbedarf: Ein Versicherungskunde erfährt immer noch nicht, wie effizient ein Versicherer arbeitet – was aber wesentlich für den Erfolg einer Kapitalanlage ist. So müssen Kunden nach wie vor selbst in Geschäftsberichten und bei Rating-Agenturen recherchieren. Transparenz und Vergleichbarkeit sind nicht optimal umgesetzt worden, beklagen deshalb Marktteilnehmer. AfW-Vorstand Frank Rottenbacher kritisiert: „Transparenz als Selbstzweck ist nicht sinnvoll. Denn die auszuweisenden Abschlusskosten sind nicht wirklich vergleichbar, jeder Versicherer kann selbst die Grundlage bestimmen.“ Kosten sind nicht gleich Kosten So können die ausgewiesenen Kosten künstlich niedrig gehalten werden. Denn nur bestimmte Kostenblöcke müssen die Anbieter offen legen – die Kosten für die Kapitalanlage gehören etwa nicht dazu. Auch Kosten, die nicht vom Beitrag abgezogen werden, müssen die Versicherer nicht ausweisen. Das kann dazu führen, dass Gesellschaften einen bestimmten Betrag darstellen, etwa den früheren Höchstzillmersatz von 4 Prozent der Beitragssumme, und die restlichen Kosten an anderer Stelle „unterbringen“. Zum Beispiel, indem sie die Überschussbeteiligung kappen. Im angelsächsischen Ausland ist man diesbezüglich weiter. Dort hat sich das Gros der Versicherer dem Leitspruch „Treating Customers Fairly“ (Verbraucher fair behandeln) verschrieben. In Großbritannien etwa ist gang und gäbe, dass Versicherungskunden alle Kosten ausgewiesen bekommen und auch alle wichtigen Informationen zur Leistung des Beraters aufgelistet erhalten. Dieses Formblatt, genannt Menue, enthält die Provisionssätze des Beraters und macht klar, dass zum Beispiel bei einer Lebensversicherung 150 Prozent der Erstjahresprämie als Vertriebskosten fällig werden und ab dem 49. Monat 2,5 Prozent anfallen. Die Prozentzahlen werden in Großbritannien auch mit absoluten Angaben versehen – bezogen auf eine monatliche Prämie von 100 Pfund. Damit der Kunde vergleichen kann, erhält er auch durchschnittliche Provisionssätze der Branche. Reduction-in-yield umstritten In Deutschland ist man sich jedoch nicht einig, wie die Transparenz weiter verbessert werden kann. Als Schritt in die richtige Richtung wird in diesem Zusammenhang die in Großbritannien übliche Reduction-in-yield-Methode (RIY) ins Spiel gebracht, die jedoch manche deutsche Versicherer ablehnen. Bei dieser Kennzahl werden die gesamten Kosten offengelegt. Sie weist dabei auch aus, wie stark diese die tatsächliche Rendite mindern. Im Detail wird ausgehend von einer angenommenen Brutto-Performance die Nettobeitragsrendite nach Abzug der Kosten für Kapitalanlage, Garantie und Versicherungsmantel errechnet. Problem: Die Ermittlung der einzelnen Kostenpositionen ist nicht immer einfach, denn eine einheitliche Definition gibt es hierbei nicht. So unterscheiden sich beispielsweise Kapitalanlage und Garantiebausteine der Policen stark – und ihre Kosten ebenso. Bei der Entscheidung für oder gegen ein Versicherungsprodukt sollte die Kostenbetrachtung aber sowieso nicht das alleinige Ausschlusskriterium sein. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Fondspolice spielt natürlich auch die Qualität der Kapitalanlage, die Flexibilität in der Anspar- und Rentenphase sowie die Finanzstärke des Versicherers eine Rolle. Klar ist: Bei den Informationspflichten besteht seit Umsetzung der VVG-Reform ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen Versicherern und Fondsbranche, die bislang keine vergleichbaren Transparenz-Anforderungen kennt. Ein Berater, der einen Fondssparplan vermittelt, muss keinerlei Vertriebs- und Abschlusskosten ausweisen – was die Assekuranz als wettbewerbsverzerrend empfindet. Das könnte sich bald ändern: Im Zuge der angestoßenen Qualitätsdebatte in der Finanzberatung steht eine Regulierung der Investmentfondsvermittlung an. Sie wurde dank einer umstrittenen Ausnahmeregelung bisher nicht von der Finanzmarktrichtlinie Mifid erfasst.

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