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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:34 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Alle Achtung, Union Investment …

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Alle Achtung, liebe Verantwortliche von Union Investment, Ihr traut euch was: Als erste große deutsche Fondsgesellschaft bietet Ihr seit vergangener Woche eine eigene digitale Finanzberatung an – per Robo Advisor, wie das so schön auf Neudeutsch heißt. Mit Visualvest habt Ihr dafür einen wunderbar leicht über die Lippen gehenden Namen gewählt, der bei Eurer Zielgruppe – akademische, technikaffine, urbane Kunden im Alter zwischen 18 Jahren und 35 Jahren – sicher prima ankommen wird. Genauso wie das vertrauensvolle „Du“, das in Robo-Advisor-Kreisen zum guten Ton gehört.

Respekt auch davor, die Nutzer Eurer Dienstleistung völlig frei entscheiden zu lassen, ob ihr Visualvest-Vestfolio genanntes Depot aus aktiv gemanagten Fonds oder passiven Indexfonds bestehen soll. Die meisten Volks- und Raiffeisenbanken, mit denen Ihr sonst zusammenarbeitet, sind da weniger ergebnisoffen. Und die Wahl, welche Visualvest-Variante vermutlich die bessere ist, macht Ihr einem dankenswerterweise durch entsprechende Voreinstellung leicht: Wer zahlt schließlich freiwillig pro Jahr 2,44 Prozent für die Verwaltung eines aktiven Visualvest-Vestfolios, wenn es passive Visualvest-Vestfolios der gleichen Risikoklasse schon für 1,07 Prozent gibt? Das sehen auch die Stiftung Warentest und viele Verbraucherschützer so, und die kennen sich mit Kosten und Kleingedrucktem aus.

Ob es dagegen nötig war, bei den Zielfonds für die aktiv gemanagten Visualvest-Vestfolios auf hauseigene Produkte gänzlich zu verzichten? So schlecht sind manche von denen wie Uniglobal, Unirak oder Uni Deutschland XS doch gar nicht. Aber das liegt offenbar daran, dass Ihr Euch vertraglich verpflichtet habt, Eure eigenen Fonds exklusiv über die Volks- und Raiffeisenbanken zu vertreiben. Stimmt schon, Vertragspartner soll man nicht verärgern. Und Stress mit der Basis gibt es bestimmt noch genug wegen Eurer vielleicht etwas unbedachten Äußerung, dass es die mit den Visualvest-Vestfolios angesprochene Zielgruppe der akademischen, technikaffinen, urbanen Kunden im Alter zwischen 18 Jahren und 35 Jahren bei einer Volks- oder Raiffeisenbank in der Regel nicht gibt.

In zwei Punkten, das gebe ich ehrlich zu, bin ich aber doch ein wenig enttäuscht von Euch. Das eine betrifft Euer Vokabular. Ihr duzt zwar alle Eure potenziellen Kunden, traut Euch aber bislang noch viel zu wenig aus der Deckung des in der Finanzwelt allgegenwärtigen Fach-Kauderwelschs. Mit Einstiegssätzen in Teaser-Videos wie „Visualvest bietet Dir Portfolios mit unterschiedlichem Rendite-Risiko-Profil an“ und „Unsere Vestfolios sind möglichst breit diversifiziert“ holt Ihr auch Young Urban Professionals nicht unbedingt dort ab, wo sie im Allgemeinen stehen. Da geht noch was, ganz bestimmt.

Auch an einer anderen Stelle, auf die es ankommt, hat Euch offenbar der Mut verlassen. Wer nämlich versucht, mit Eurer Hilfe seinen Anlegertyp zu ermitteln, landet als eher konservativer Sparer wahrscheinlich bei Strategie 1: Sie verspricht eine durchschnittliche jährliche Rendite von 4,5 Prozent, wobei der in einem einzelnen Jahr zu erduldende Verlust maximal 0,5 Prozent betragen soll. Das dürfte den meisten sympathischer sein als die nächsthöhere Strategie 2 mit 6 Prozent Rendite – also lediglich 1,5 Prozentpunkte mehr – und einem möglichen unterjährigen Verlust von gleich 12 Prozent.

Pardon, aber diese Annahmen sind im aktuellen Marktumfeld vollkommen unrealistisch. Wenn ich über die nächsten fünf oder zehn Jahre nach Kosten eine durchschnittliche Rendite von 4,5 Prozent erreichen will, komme ich mit einem Risiko-Budget von 0,5 Prozent nicht hin – das zeigen die Ergebnisse fast aller Absolute-Return-Strategien in den vergangenen Monaten. Das an entsprechender Stelle klar und deutlich zu sagen, gehört zu einer seriösen Beratung dazu. Egal, ob am Bankschalter, durch einen Freiberufler oder einen Roboter.

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