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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:38 Uhrin MärkteLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Bargeldverbot: Guck mal, Europa – geht doch!

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Es gibt immer wieder Themen, die ungewöhnliche Allianzen herbeiführen. Der Streit um die Abschaffung von Bargeld ist so eins. Deutsche-Bank-Chef John Cryan ist dem Vernehmen nach dafür, die SPD ebenfalls. Deutschlands älteste Partei fordert schon seit längerem eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins und die Einführung von Bargeld-Obergrenzen, um Geldwäscher und Terroristen effektiver zu bekämpfen. Ein Vorschlag, mit dem sich die Bundesregierung nun offenbar ernsthaft beschäftigt.

Klar, dass diese Aktivitäten wieder einmal die Gemüter erhitzen. Hier ein weiteres Mal die Argumente zu wiederholen, die pro oder contra Bargeld-Verbot ins Feld geführt werden können, ist müßig. An ihnen hat sich, seit im Mai 2015 der Ökonomie-Professor und Wirtschaftsweise Peter Bofinger mit der gleichen Idee um die Ecke kam, nichts Wesentliches geändert – an meiner persönlichen Meinung dazu übrigens ebenso wenig. Gläserne Bankkunden und Negativzinsen, das passt in Zeiten, in denen Währungshüter mehr denn je auf Vertrauen angewiesen sind, einfach nicht zusammen.

Ich bin nur immer wieder erstaunt, wie verschieden das Stimmungsbild dazu innerhalb Europas ausfällt. Während viele Skandinavier ihr Portemonnaie längst gegen ein Plastikkarten-Täschchen getauscht haben, scheint etwa den Österreichern ein von oben verordneter Abschied von Scheinen und Münzen noch schwerer zu fallen als den Deutschen.

Daraus den Verdacht abzuleiten, alle Skandinavier seien naiv und alle Österreicher Geldwäscher, führt sicher in die falsche Richtung. Aber es ist ein gutes Beispiel dafür, wie unterschiedlich die Europäer in vielen Fragen des praktischen Lebens immer noch ticken. Vielleicht bietet jedoch gerade das der EU die Chance, einmal – wenigstens einmal – etwas zu demonstrieren, das ihr in den vergangenen Monaten komplett verloren gegangen zu sein scheint: die Fähigkeit zu einem vernünftigen Kompromiss.

Vorschlag zur Güte deshalb: Bevor ähnlich wie beim Thema Finanztransaktionssteuer ganze Kohorten von EU-Beamten jahrelang auf der Stelle treten und sich gegenseitig blockieren, macht einfach Nägel mit Köpfen. Gebt der SPD ihren Willen und schafft den 500-Euro-Schein ab, die Scheine über 200, 100 und meinetwegen auch 50 Euro am besten gleich noch dazu. Und wenn ihr schon dabei seid: Münzen im Nennwert von einem Cent, 2 Cent und 5 Cent braucht auch kein Mensch, weg damit. Aber dafür lasst jenen Menschen, die mit Bargeld bezahlen wollen ein für alle Mal die Freiheit, dieses auch zu tun.

Geldwäscher und Terroristen würde ein solcher EU-Beschluss nicht stoppen, gewiss. Die wickeln ihre dunklen Geschäfte dann jedoch vermutlich kaum auf den Ladeflächen gestohlener Kleinlaster ab. Sondern wie bisher auch schon am liebsten in handlichen Koffern mit 1000-Franken-Noten. Einen Versuch wäre es also wert. Und sei es auch nur, um hinterher sagen zu können: Guck mal, Europa – geht doch!

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