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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:18 Uhrin Wachtendorf-KommentarLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Börsen-Strategie 2016: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit …

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

„Zwei Wahrheiten können sich nie widersprechen“, soll einmal der italienische Mathematiker und Philosoph Galileo Galilei gesagt haben. Eine Feststellung, über die es sich durchaus lohnt, nachzudenken – akzeptiert sie doch, dass es fast immer mehr als eine Wahrheit gibt.

Was für das Leben an sich gilt, begegnet einem natürlich auch an der Börse. Gerade dort muten manche Wahrheiten jedoch seit jeher ziemlich widersprüchlich an. Beispiel gefällig? Nehmen Sie die Theorie, dass es sich lohnt, auf Gewinner zu setzen. Das leuchtet ein: Unternehmen mit überlegenen Produkten und einem fähigen Management haben ungleich bessere Chancen, langfristig eine gute Wertentwicklung hinzulegen als andere, die diese beiden Voraussetzungen nicht mitbringen. Ihre Aktienkurse können sich – natürlich unter Schwankungen – verdoppeln, verdreifachen oder sogar verzehnfachen, während andere auf der Stelle treten oder sich im gleichen Zeitraum halbieren.

Trotz der offensichtlichen Zusammenhänge tun sich viele Anleger schwer, solche Gewinner-Aktien über längere Zeit im Depot zu halten. Zu groß ist die Sorge, dass es nach einem starken Anstieg zu einem Absturz kommt, ja geradezu kommen muss – schließlich kann das, was hoch fliegt, auch tief fallen. Eine Überlegung, die Fußball-Fans so nie anstellen würden: Wer wettet schon in Tippspielen größere Summen gegen Bayern München, Manchester United oder Real Madrid, wenn diese im grauen Liga-Alltag gegen Darmstadt 98, den AFC Bournemouth oder UD Las Palmas antreten?

Auf der anderen Seite gibt es die Theorie der Mean Reversion. Sie besagt in Bezug auf die Börse, dass die mit Aktien erzielten Erträge früher oder später zu ihren historischen Mittelwerten zurückkehren. Mit anderen Worten: Was über viele Jahre hinweg super performt, muss sich irgendwann auf eine längere Durststrecke einstellen – und umgekehrt. Auch dafür gibt es in der Historie Anschauungsmaterial genug, der Absturz von Technologie-Aktien nach dem New-Economy-Boom zur Jahrtausendwende und der anschließende Höhenflug von Rohstofftiteln sind nur zwei Beispiele unter vielen.

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Wer im Aufeinanderprallen dieser beiden Theorien einen unauflöslichen Widerspruch vermutet, lässt eine wesentliche Komponente außer Acht: den Preis. Der negative Effekt der Mean Reversion trifft vor allem Märkte oder einzelne Aktien, die zuvor durch jahrelange Kursanstiege extrem teuer geworden sind. So waren dreistellige Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei Technologie-Aktien im Frühjahr 2000 nicht die Ausnahme, sondern fast schon die Regel. Die Parallele zur Fußballwelt: Wenn ich mir die immer absurder anmutenden Etats der Premier League oder der mittlerweile in La Liga umbenannten Primera División anschaue, kommen mir doch ernste Zweifel, ob Manchester und Madrid auch in 15 oder 20 Jahren noch zu den heißesten Anwärtern auf den Gewinn der Champions League gehören werden.

Was all dies mit dem aktuellen Börsengeschehen zu tun hat? Gehen wir einmal davon aus, dass Galilei Recht hat. Dann lohnt es sich auch künftig, bei der Aktienauswahl höchste Qualitätsansprüche zu stellen. Und gleichzeitig um alles einen Bogen zu machen, das mit herkömmlichen Maßstäben gemessen maßlos überteuert erscheint. Keine einfache Aufgabe in einem Umfeld, in dem zu Weltenrettern mutierte Notenbanken eine Regel nach der anderen außer Kraft setzen, gewiss. Aber vermutlich die einzige Chance, aus dem Dilemma, in das uns Federal Reserve, EZB und die Bank of Japan mit ihrer Zinspolitik manövriert haben, einigermaßen heil wieder herauszukommen.

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