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Wachtendorf-Kolumne Fondsrisiken: Wehe, wenn Xavier kommt

Warnt vor blindem Vertrauen auf Risiko-Kennziffern: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf
Warnt vor blindem Vertrauen auf Risiko-Kennziffern: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf

Es war nur ein Bagatellschaden. Als im vergangenen Herbst Sturmtief Xavier über Norddeutschland hinwegfegte, knallte bei mir zu Hause ein dicker Ast auf einen Lagerschuppen, zwei – asbestfreie – Eternitplatten wurden zerstört. Die Reparatur, die der örtliche Handwerker meines Vertrauens am Folgetag ausführte, kostete knapp 200 Euro.

Eine kurze Meldung an die Versicherung, kombiniert mit einigen Fotos zur Dokumentation, das sollte meiner Meinung nach und auch nach Auskunft des Maklerbüros für die Regulierung genügen. Doch weit gefehlt. Statt die Rechnung für die Reparatur beizulegen, müsse ich zunächst einmal einen Kostenvoranschlag einholen, lautete die Anweisung im ersten Schreiben. Nach Eingang des Voranschlags in der Zentrale passierte zunächst einmal drei Wochen lang gar nichts. Dann kam ein weiteres Schreiben mit der Aufforderung, eine exakte Skizze des Grundstücks anzufertigen – erst danach könne beurteilt werden, ob für den Schaden Versicherungsschutz bestehe.

Um es kurz zu machen: Natürlich bestand Versicherungsschutz, und am Ende hat die Gegenseite gezahlt. Der Vorgang zog sich allerdings über sieben Wochen hin, und ich frage mich seither, was wohl gewesen wäre, wenn der Ast oder vielleicht sogar der ganze Baum statt des Schuppens mein Wohnhaus getroffen hätte. Der Entscheidungsprozess, ob ich mich bei diesem Versicherer weiter gut aufgehoben fühle, ist noch nicht abgeschlossen.

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Eine Versicherung lernt man erst kennen, wenn man sie braucht. Das ist – bei allen Unterschieden – im Fondsgeschäft kaum anders. Läuft der Abschluss bei der Versicherung vor allem über den Preis, so ist es bei einem Fonds die Performance. Bewegt sie sich in Regionen, die kein anderer Wettbewerber auch nur annähernd erreicht, greifen viele Anleger gerne zu – ohne einen Gedanken darauf zu verwenden, was die Kehrseite dieser guten Performance sein könnte.

Das damit verbundene Problem wird umso größer, je länger ein Börsenaufschwung dauert. Denn die zur Beruhigung gern herangezogenen Risikokennzahlen eines Fonds wie Volatilität oder maximaler Verlust geben lediglich Auskunft über die unmittelbare Vergangenheit. Wer aber das mögliche Abwärtspotenzial eines Fonds etwa für deutsche oder asiatische Aktien realistisch einschätzen will, muss nicht auf die Jahre 2013 bis 2017 schauen, sondern eher auf die Jahre 2000 bis 2003 oder 2007 bis 2009. Und im Zweifel sogar noch etwas weiter zurück. Wer weiß zum Beispiel noch, dass der Fidelity Malaysia Ende der 90er Jahre in der Spitze mehr als 80 Prozent an Wert verloren und über Monate hinweg keinen Rücknahmepreis gestellt hat? In dieser Zeit kam kein Anleger an sein Geld.

Derartige Extreme sind von eher konservativ aufgestellten Misch- und Multi-Asset-Fonds kaum zu erwarten, gewiss. Doch auch bei diesen seit Jahren außerordentlich beliebten Produkten steht der Härtetest noch aus. Bei den wenigsten von ihnen reicht die Historie bis 2007 zurück, geschweige denn bis 2000 oder 1998. Das muss nicht heißen, dass sie einem irgendwann aufziehenden Sturm nicht gewachsen wären. Gleichwohl ist im aktuellen Börsenhoch jeder Anleger und jeder Vermittler gut beraten, die Unwettertauglichkeit eines Performance-Überfliegers sehr genau zu prüfen. Und zwar durch eine kritische Analyse des Portfolios, nicht mit einem flüchtigen Blick auf die ausgewiesenen Risikokennzahlen.

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