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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:27 Uhrin AltersvorsorgeLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Riester bei Böttinger: 90 Minuten verschenkte Zeit

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Vier Jahre lang hat Walter Riester Talk-Shows gemieden, am 9. Juni nun war der ehemalige Bundesarbeitsminister zu Gast beim WDR-Zuschauer-Talk Ihre Meinung mit Bettina Böttinger. Man durfte also angesichts der nicht abreißen wollenden Kritik an der Riester-Rente, auf die ihr Namensgeber in jüngster Vergangenheit ausgesprochen dünnhäutig reagiert hatte, gespannt sein.

Wer sich von dem neuen Format zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr jedoch eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Riester-Rente oder gar Vorschläge für sinnvollere Alternativen zur Altersvorsorge erhofft hatte, sah sich getäuscht. Stattdessen Hilflosigkeit allenthalben – bei Riester, der die Schuld für Konstruktionsfehler seiner Reform einer Schlagzeile der „Bild“-Zeitung zuschiebt, beim eigentlich als Gegenpart geladenen Junge-Unions-Vorsitzenden Paul Ziemiak, bei den mitdiskutierenden Zuschauern und nicht zuletzt bei Moderatorin Böttinger, die mit ihrem Mikro in den letzten Minuten der Sendung zunehmend genervt von einem zum anderen Teilnehmer hetzte („Hier in dieser Ecke war ich noch gar nicht“). Kurzum: 90 Minuten verschenkte Zeit.

Bitte nicht falsch verstehen: Das Thema Altersarmut, um das letztlich fast alle Wortbeiträge kreisten, ist enorm wichtig. Deshalb habe ich auch für die nervigen Facebook-Nöler, die statt der aktuell ins Programm gehobenen Diskussionsrunde lieber die in den Programmzeitschriften angekündigte „Tatort“-Wiederholung gesehen hätten, nicht das geringste Verständnis. Doch die Gründe, warum viele angehende Rentner zu Almosenempfängern werden oder auch jenseits der 70 noch Geld hinzuverdienen müssen, sind hinlänglich bekannt. Was fehlt, sind Rezepte, wie sich dieser Entwicklung wirksam gegensteuern lässt. Und da blieb der WDR am 9. Juni wirklich jede Antwort schuldig.

Nun ist es beileibe nicht so, dass Bettina Böttinger als erste Moderatorin an dieser Aufgabe gescheitert wäre. Egal, ob Anne Will am 17. April in der ARD, Sender-Kollege Frank Plasberg am 25. April oder Maybrit Illner am 28. April und nochmal am 19. Mai im ZDF – stets drehen sich die durchaus originell angekündigten Diskussionen nach 20 Minuten im Kreis und mutieren zu bei den Privaten abgekupferten Gladiatorenkämpfen, bei denen ein Wort das andere gibt und die angesprochene Suche nach sinnvollen Lösungen als Erstes auf der Strecke bleibt. Wer braucht so etwas?

Der folgende Vorschlag ist nicht ganz ernst gemeint, könnte aber – konsequent durchgezogen – das Problem Altersarmut ein für alle Mal beseitigen. Um unter anderem Sendungen wie „Anne Will“, „Hart, aber fair“, „Maybrit Illner“ oder eben „Ihre Meinung“ zu produzieren, kassieren die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland neuesten Zahlen zufolge mehr als 8 Milliarden Euro pro Jahr an Rundfunkgebühren.

Würde dieses Geld der von den hessischen Landespolitikern Tarek Al-Wazir, Stefan Grüttner und Thomas Schäfer ins Spiel gebrachten Deutschland-Rente zugeführt und dort 20 Jahre lang in Produktivkapital investiert, stünden – eine durchschnittliche jährliche Verzinsung von 4 Prozent vorausgesetzt – 2036 rund 265 Milliarden Euro zur Verfügung. Das sollte reichen, um der Generation der heute 45-Jährigen im Alter eine auskömmliche Zusatzrente zu ermöglichen. Der Preis, dafür auf drei Talkshows pro Woche und den einen oder anderen Sonntags-Krimi zu verzichten, wäre mir nicht zu hoch.

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