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Währungsturbulenzen „Europa wäre von Krise in der Türkei betroffen“

Thomas Heidel, Fidal AG

Seit Jahresbeginn ist die Türkische Lira gegenüber dem Euro bis Ende Mai um fast 17 Prozent abgestürzt, dabei haben sich die Verluste zum Monatsende hin deutlich verringert. In der Spitze hatte der Wertrückgang sogar 23 Prozent betragen. Die Rendite türkischer Staatsanleihen liegt mittlerweile über 7 Prozent.

Die türkische Zentralbank hat am 23. Mai den Zinssatz deutlich - um 3 Prozentpunkte von 13,5 auf 16,5 Prozent - erhöht, um den Kursverfall der Türkischen Lira aufzuhalten. In einer verzweifelt anmutenden Aktion hatte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan später auf einer Wahlkampfveranstaltung seine türkischen Landsleute aufgefordert, ihre gehorteten Euro- und US-Dollar-Bestände zu verkaufen beziehungsweise in Türkische Lira umzutauschen.

Erdogan macht als Schuldige für die Währungsverluste der Türkischen Lira die Spekulanten an der Börse aus. Seiner Meinung nach rechtfertigen die wirtschaftlichen Daten der Türkei keine Währungskrise.

Gründe für den Rückzug

Erdogan hat großzügig Wahlgeschenke in Höhe von 5 Milliarden Euro Höhe verteilt. Da durch schuldenfinanzierte Konjunkturmaßnahmen die Wirtschaft im Vorfeld der Wahlen angeheizt werden soll, haben die Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit der Türkei weiter in den „Ramschbereich“ herabgestuft. Die Stimmung in der Türkei hat sich verschlechtert.

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Laut Umfragen wird die Wirtschaftslage als Problem Nummer Eins angesehen. Der Verbrauchervertrauensindex gab im Mai zum April um 2,8 Prozentpunkte nach. Bisher haben in 2018 die Kurse türkischer Anleihen und Aktien schon über 10 Prozent abgegeben. Da das türkische Leistungsbilanzdefizit über 5 Prozent des Bruttoinlandprodukts beträgt, benötigt die Türkei zur Finanzierung ausländisches Kapital, welches durch stabile Investitionsbedingungen und vor allem durch hohe Renditeversprechen angezogen werden könnte.

Kaufkraftverlust der Lira

Die offiziellen Devisenreserven von 135 Milliarden US-Dollar reichen langfristig nicht zur Deckung des Leistungsbilanzdefizits von 50 Milliarden Dollar und der kurzfristigen Verbindlichkeiten. Erdogan äußerte sein Missfallen über die Geldpolitik der türkischen Zentralbank und kündigte an, dass er nach den Parlaments- und Präsidentenwahlen am 24. Juni eine stärkere Kontrolle der Zentralbank anstrebt, was auf eine Politik niedriger Zinsen hinauslaufen würde.

Nach seiner Meinung führen höhere Zinsen zu höherer Inflation, eine Ansicht, die aber den erwarteten Kausalzusammenhängen der herrschenden volkswirtschaftlichen Lehre widerspricht. Das Drängen Erdogans auf niedrige Zinsen hat den Ausverkauf der Türkischen Währung begünstigt.

Zwar wuchs die türkische Wirtschaft im letzten Jahr über 7 Prozent, aber die Inflationsrate hat sich in den letzten zwei Jahren auf 11 Prozent deutlich erhöht, das heißt der inländische Kaufkraftverlust der Lira ist enorm. Kein Wunder, dass sich diese Entwicklung auch zu einem großen Teil in einem externen Wertverlust beziehungsweise Währungsrückgang widerspiegelt.

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