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Was die Eurozone von Hongkong lernen kann

John Greenwood, Chefvolkswirt bei Invesco
John Greenwood, Chefvolkswirt bei Invesco
In den letzten zwei Jahren hat die Eurozone unter einem historisch einmaligen Druck gestanden, der im Auseinanderbrechen der Währungsunion hätte münden können. Durch die diversen Rettungsprogramme hat der Druck zwar zeitweise nachgelassen, könnte aber jederzeit wieder zunehmen. Hongkong dagegen hat seine Bindung an den US-Dollar trotz wiederholter Angriffe gegen die geldpolitische Union mit den USA seit fast 30 Jahren aufrechterhalten. Tatsächlich kann Europa von Hongkong viel über die Funktionsweise von Währungsunionen lernen.

Die Eurozone hat vor 1999 nicht die für eine Währungsunion notwendigen Bedingungen geprüft, sondern die Konvergenzkriterien von Maastricht eingeführt, wonach die Neuverschuldung auf 3 Prozent und die Gesamtverschuldung auf maximal 60 Prozent des BIP sowie die Inflationsrate auf maximal 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei am besten dastehenden Mitgliedstaaten begrenzt wurde. Nach 1999 wurde Maastricht durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt ersetzt, der ausschließlich die beiden ersten Kriterien fortschrieb. Selbst diese aber wurden nicht eingehalten und waren ohnehin zu dürftig.

Viele der Probleme der Euro-Peripheriestaaten sind auf das exzessive Kreditwachstum der Jahre 2003 bis 2008 oder die Überschuldung der Haushalte, Unternehmen oder des Finanzsektors zurückzuführen, die weder in den Maastricht-Regeln noch im Stabilitäts- und Wachstumspakt berücksichtigt wurden.

Hongkong hingegen hat diese Themen bewusst adressiert – mit fünf zusätzlichen Regeln zur Vermeidung von „Bubble and Bust“-Szenarien. Diese sollen die Bilanz der Währungsbehörde schützen und eine Überschuldung des Staates, der Banken, Haushalte und Unternehmen verhindern.

Dahinter steht die auf den Erfahrungen der Vergangenheit gründende Überzeugung, dass der Schaden für Volkswirtschaften umso größer ist, je höher die Verschuldung. Hongkong hat zwar keinen Einfluss auf die amerikanischen Zinsen oder den amerikanischen oder globalen Konjunkturzyklus – kann aber die eigene Verschuldung begrenzen. Platzt die Blase, begrenzt dies auch den Schaden durch Bankzusammenbrüche, negatives Eigenkapital oder Unternehmensinsolvenzen.

Die EWU müsste den acht ungeschriebenen, aber grundlegenden Regeln Hongkongs folgen, um sich ein robustes Fundament zu geben. Danach müssen erstens die Löhne und Preise flexibel sein und zweitens die Faktoren Kapital und Arbeit sehr mobil. Drittens muss man sich entscheiden zwischen einem begrenzten Sozialstaat mit minimalen Transferleistungen oder einem zentralen Finanzausgleich. Viertens, die gesamte Geldbasis muss durch Währungsreserven gedeckt sein. Fünftens müssen fiskalische Disziplin und eine geringe Staatsverschuldung gelten mit einem Haushaltsüberschuss von mehr als einem Prozent des BIP. Sechstens, ein hoch kapitalisiertes, liquides Bankensystem muss über Eigenkapital in Höhe von über 14 Prozent der risikogewichtete Aktiva verfügen und Banken dürfen beim zentralen Clearinghouse nicht verschuldet sein. Die siebte Regel betrifft die Haushalte, deren Verschuldung durch eine begrenzte Beleihung von Immobilien niedrig gehalten werden muss, was achtens analog für die Unternehmen gilt.

Die Anwendung dieser acht Regeln sind keine Garantie dafür die, Krise zu lösen. Aber ein Schritt in die richtige Richtung wären sie allemal.

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