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„Wir erwarten für China keine harte Landung”

Magdalene Miller
Magdalene Miller
Frage:  Das Neue Jahr ist, gemäß des chinesischen Kalenders, das Jahr des Wasserdrachen. Es soll ein erfolgreiches und Glück verheißendes Jahr sein. Teilen Sie diese Ansicht, wenn Sie auf die chinesische Wirtschaft blicken, die zuletzt sowohl bei den Exporten als auch der Verbrauchernachfrage zu kämpfen hatte?

Magdalene Miller: Vor dem Hintergrund eines sich weltweit verlangsamenden Wirtschaftswachstums und beachtlicher Bestände unverkaufter Häuser in China sieht es so aus, als sollten zwei große Wirtschaftszweige 2012 unter Druck bleiben: das Baugewerbe und die Exportwirtschaft. Das bedeutet, dass das Wachstum in diesem Jahr schwächer ausfallen kann als im vergangenen Jahr, als es bei 9,2 Prozent lag. Trotzdem kann China 2012 immer noch ein gesundes Wachstum von rund acht Prozent erzielen, was aus europäischer Sicht vielversprechend aussieht.

Frage:  Kann die chinesische Wirtschaft nach einem Jahr der Naturkatastrophen in den Nachbarländern – besonders in Japan und in Thailand – als eine Art Lokomotive wirken, welche die anderen Märkte mitreißt? Oder, um es andersherum zu formulieren: Falls China tatsächlich eine so genannte „harte Landung“ seiner Wirtschaft erleidet – welchen Einfluss hätte das auf andere Schwellenländer in der Region?

Miller: Die Anzeichen von Chinas letzter harter Landung 2008/2009 weisen darauf hin, dass es einen Einfluss auf die anderen Schwellenländer in der Region geben würde. Auch Chinas Rohstofflieferanten wie Brasilien und Australien würden darunter leiden. Außerdem importiert China heutzutage mehr hochwertige Güter aus Japan, den USA und Deutschland, als das noch 2008 der Fall war. Dieser Bereich wäre natürlich auch betroffen.

Aber: Obwohl sich die weltwirtschaftliche Lage abgekühlt hat, erwarten wir keine harte Landung für China. Der neue Fünf-Jahresplan, der von 2011 bis 2015 läuft, schließt die graduelle Neuausrichtung der Wirtschaft ein – weg von ausländischen Investitionen, hin zu mehr Inlandsnachfrage. Damit soll ein nachhaltigeres Wachstum, größere Qualität und verbesserter Umweltschutz erreicht werden.

Frage:  Wie groß ist der Einfluss der Krise in der Eurozone auf die chinesische Wirtschaft? Wie stark wurde sie 2011 getroffen, als einige europäische Banken, die Kreditgeber für chinesische Unternehmen waren, selbst in Liquiditätsschwierigkeiten gerieten? Und wie werden die chinesischen Firmen auf eine solche Bedrohung beim nächsten Mal reagieren?

Miller: China ist der Krise in der EU durch Handel und Finanzierung weniger ausgeliefert als andere Schwellenländer. Ost-Europa beispielsweise erscheint deutlich verletzlicher. Zwar sind die chinesischen Exporte im Dezember um 2,8 Prozent gefallen, dieser Rückgang folgte aber auf einen starken Anstieg im November. In den letzten beiden Monaten 2011 sind die chinesischen Exporte in die EU um 9,2 Prozent gestiegen, verglichen mit plus 8,5 Prozent in die Vereinigten Staaten. Was die Finanzierung anbelangt: Die chinesische Zentralbank hält Anlagen in ausländischen Währungen im Gegenwert des 24-fachen der benötigten Finanzierungsrücklagen für die gesamte Wirtschaft eines Jahres. Wenn überhaupt, können Liquiditätsprobleme deshalb eigentlich nur unternehmensspezifisch sein.
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