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„WTI-Rohöl hat seinen Status als globale Referenz verloren“

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Brent kann flexibel zu Raffinerien in der ganzen Welt verschifft werden, so dass lokale Preisdifferenzen relativ schnell ausgenutzt werden können. WTI dagegen fließt ausschließlich per Pipeline und nur zu den Raffinerien im Mittleren Westen der USA – nicht dagegen zu den Raffinerien an der US-Golfküste.

Die Lieferung via Pipeline ist zwar günstiger und war neben der besseren Qualität der US-Marke in der Vergangenheit ein wesentlicher Grund für den Aufschlag von WTI zu Brent. Sie ist jedoch inflexibel, da Pipelinebetreiber Liefermengen und -zeiten teils Jahre im Voraus festlegen, was eine schnelle Reaktion auf sich verändernde Preise kaum ermöglicht.

Da Cushing im Landesinneren, rund 500 Meilen von der Golfküste entfernt liegt, kommen alternativ Lieferungen via Zug oder Binnenschiff in Frage. Doch dies kostet Zeit, erhöhten logistischen Aufwand und führt zu einem Transportkostenaufschlag von schätzungsweise 10 bis12 US-Dollar pro Fass (Barrel), welche Arbitragegewinne erheblich verringert.

Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss von Lagerbeständen. Die Öltanks in Cushing fassen derzeit 16 Prozent der Öl- Lagerkapazitäten der USA – in diesem Jahr wird ein Ausbau der Kapazitäten um weitere 30 Prozent abgeschlossen. Phasen erhöhter Lagerbestände im „Pipeline-Drehkreuz der Welt“ drücken regelmäßig die Prämie von WTI zu Brent.

Die Veränderungen in der Preisdifferenz seit 2003 lassen sich nur partiell mit unterschiedlichen Lieferwegen erklären. So spiegelt die erhöhte Volatilität der WTI-Brent- Preisdifferenz recht klar die stärker schwankenden Tanker- Frachtraten in dieser Zeit wider. Infolge der abnehmenden globalen Rohölangebotsreserve durch den Aufstieg Chinas nahm gleichzeitig die Störanfälligkeit der Ölversorgung zu. Dies bewirkte eine höhere Volatilität der Ölpreise, welche wiederum die Schwankungsintensität der WTI-Brent-Preisdifferenz mitzog.

Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Qualitäts- und Mengenveränderungen, die Brent in dieser Zeit erfuhr. Der kontinuierliche Rückgang der Nordseeölförderung führte zur zunehmend lokalen Verwendung dieses Rohöls, so dass weniger für den Export Richtung USA zur Verfügung stand.

Gleichzeitig mussten durch die voranschreitende Erschöpfung der Ölfelder Brent und Ninian, aus der das Öl für die Referenzsorte Brent ursprünglich stammt, Ölsorten abweichender Qualitäten aus anderen Nordseefeldern hinzugemischt werden. Der relative Qualitätsunterschied zwischen WTI und Brent veränderte sich und damit der für die Raffinerien relevante Gewinn beim Weiterverarbeitungsprozess, was wiederum Einfluss auf die „faire“ Preisdifferenz beider Ölsorten hatte.

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