20 Jahre Drescher & Cie Herr Drescher, wie ist es um den Fondsstandort Deutschland bestellt?
Der Hype um ETFs und deren Wachstum …
Drescher: Hypes sind nie gut und damit auch dieser nicht. ETFs sind interessante Anlagevehikel, derer wir uns auch bei Bedarf zur Empfehlung bedienen. Allerdings muss jeder wissen, worauf er sich einlässt, mit anderen Worten, wie sich sein Anlagevehikel fährt. Das scheint mir aber nicht immer der Fall zu sein. Aus der Sicht des Wettbewerbs ist die Entwicklung von daher vielleicht sogar wertvoll, als sie selbstgefälligen aktiven Fondsmanagern mit Blick auf ihre Leistungen und Kostenstrukturen Beine macht. Das Übrige tut der Gesetzgeber dazu.
Multi-Asset-Fonds und sonst nichts ...
Drescher: Multi Asset als Trend bleibt uns bis auf Weiteres erhalten. Und zwar aus drei Gründen: Die meisten Anleger und Berater trauen sich keine eigene Asset-Allocation zu, der regulatorisch entstandene Dokumentationsaufwand und die Enthaftung legen den Vertrieben den Einsatz entsprechender Produktlösungen nahe. Und schließlich können aus Sicht der Anbieter in Mischfonds immer noch Margen und Gebührenstrukturen aufrechterhalten werden, die bei Portfolio-Bausteinen schon lange der Vergangenheit angehören. Variieren werden allerdings die Sympathien für einzelne Anbieter, Stilrichtungen und Mischungsverhältnisse.
Wie ist es aktuell um den Fondsstandort Deutschland bestellt?
Drescher: Gut! Die Fondsindustrie beginnt mit ihren Absatzzahlen Anlage-Alternativen wie Lebensversicherungen und Bausparverträgen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld endlich etwas die Show zu stehlen. Es herrscht angesichts der Digitalisierung und Regulierung zudem ein Preis- und Leistungsdruck, der von einem gesunden Wettbewerb zeugt und den Verbrauchern nutzt. Dass in einem solchen Umfeld auch einzelne Anbieter und Vertriebe hinten runterfallen, liegt in der Natur der Dinge, gehört quasi zur Evolution dazu.
Was muss sich zwingend ändern?
Drescher: Mit Blick auf die Umsetzung von Mifid II werden sich viele Dinge in den kommenden Jahren ändern. Ob immer zum Besseren? Die Zukunft wird es zeigen. Mir bereitet derzeit unter anderem die bisweilen sehr einseitig geführte Kostendiskussion Sorgen. Sie droht andere Aspekte der Kapitalanlage wie beispielsweise „Liquidität“ in den Hintergrund geraten zu lassen.
Einverstanden? Der deutsche Michel wird nie ein Freund der Aktie?
Drescher: Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben und werde es auch nicht. Allerdings müssen vor dieser Freundschaft eine ganze Menge gedanklicher Hürden überwunden werden. Das ist nicht nur eine Frage der gesellschaftlichen Erziehung der Deutschen, aber sicherlich auch. War Aktienaffinität früher oft von der Gier und ist heute vielfach von der Not mangelnder Handlungsalternativen im Niedrigzinsumfeld getrieben, wird es vielleicht eines Tages einfach der Aufklärung zu verdanken sein, wenn Anleger zu Aktienfonds greifen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Der Dax stand Anfang 1997 bei 2.836 Punkten. Heute bei 13.000. In weiteren 20 Jahren, also im Jahr 2037, bei 60.000 Punkten?
Drescher: An Spekulationen dieser Art habe ich mich nie beteiligt und fange ich für Sie auch heute nicht mit an. Aber vielleicht so viel: Zum Sinnbild des Börsianers gehört ein gesunder Optimismus.
Erkennen Sie Vorteile der derzeitigen Regulierungsabsichten?
Drescher: Ja, ich erkenne unter anderem den Wunsch des Gesetzgebers, etwas Gutes für die Verbraucher tun zu wollen, was ich begrüße. Dass dabei vielfach über das Ziel hinausgeschossen wird, kann man wahrscheinlich erst im Nachhinein erkennen und dann hoffentlich ändern. Insgesamt trägt die Regulierung, bei allen Zumutungen, die sie mit sich bringt, zur Professionalisierung der Branche bei, die früher oder später den im Markt verbliebenen Akteuren zum Vorteil gereichen sollte.
Sind Vermögensverwalter mit eigenen Fondslösungen politisch gewollt?
Drescher: Das kann ich nicht beurteilen. Unsere Gespräche mit Politikern zeigen, dass sie an einem gesunden Wettbewerb in der Finanzindustrie interessiert sind und ein „Too-big-to- fail“ fürchten. Sie wollen mehrheitlich Transparenz bei Leistungen und Kosten und eine saubere Dokumentation, nicht aber Denkverbote, die den Wettbewerb lähmen.