LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in ImmobilienLesedauer: 4 Minuten

25 Jahre nach dem Mauerfall Bröckelnde Villen und Schlösser im Osten

Die Siemens-Villa in Potsdam (Foto: A.Savin)
Die Siemens-Villa in Potsdam (Foto: A.Savin)
Zum Verkauf: Ein Schloss aus dem 18. Jahrhundert mit mittelalterlichem Gefängnisturm, Wallgraben und See auf rund 57.000 Quadratmetern. Der Preis: 350.000 Euro - das ist weniger als man für eine Einzimmerwohnung in Manhattan bezahlt. Der Haken: Das Objekt befindet sich in Ostdeutschland.


Schloss Mutzschen (Foto: Stephan Komp)

Doch nicht nur der Standort schreckt Käufer ab. Die Renovierung der baufälligen Immobilie mit abblätternder Farbe und Kronleuchtern aus der sozialistischen Ära wird bis zu 6 Millionen Euro kosten, schätzt Carsten Graf, Bürgermeister der sächsischen Kleinstadt Mutzschen zwischen Dresden und Leipzig, wo sich das Schloss befindet.

“Es ist nicht realistisch zu erwarten, dass ein reicher Banker aus Frankfurt sich ausgerechnet in Mutzschen ein Zuhause macht”, sagt Graf. Er weiß, dass es nicht leicht sein wird, einen Käufer für das Schloss in einem der ärmsten Bundesländer zu finden. “Es gibt nicht so viele wohlhabende Investoren in der Region wie in anderen Regionen Deutschlands.”

Schlösser, Villen und andere historische Landsitze in Ostdeutschland, die zwei Weltkriege und den Kommunismus überlebt haben, könnten letztlich dem Kapitalismus zum Opfer fallen. Die Landgemeinden haben oft mit einer schwachen Wirtschaft und schrumpfenden Bevölkerung zu kämpfen. Damit bleibt ihnen nichts anderes übrig, als reiche Käufer zu suchen, um die Herrlichkeit ihres ehemaligen Wohlstands zu retten - bevor alles verfällt.

In Deutschland gibt es rund 5000 Schlösser und Burgen, mehr als tausend davon im östlichen Teil des Landes, schätzt Wolfgang Illert von der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz und fügt an, dass er die Anzahl der verfallenden Bauten nicht abschätzen könne. Unter den Kommunisten wurden die Gebäude als Supermärkte, Schulen oder Krankenhäuser genutzt. Architektonische Verzierungen aus früheren Zeiten wurden oft zerstört, um die prunkvolle Vergangenheit zu verschleiern.

“Das Regime, das nach dem Krieg an die Macht kam, mochte keine Aristokraten und die von ihnen hinterlassenen Spuren”, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der Deutschen Burgenvereinigung. “Wenn der Stuck von der Decke fiel, wurde er einfach weggefegt.”

Nach dem Mauerfall vor 25 Jahren wurden viele Schlösser privatisiert. Die Regierung bot den Investoren in Immobilien Subventionen in Milliardenhöhe an, was die Preise für alle möglichen Objektarten in die Höhe trieb - darunter auch Bürogebäude, Wohnungen und Läden. Die ostdeutschen Häuserpreise legten nach der Wiedervereinigung zu und erreichten das Niveau im Westen. Doch zwischen 2005 und 2010 brachen sie in Ostdeutschland wieder um 22 Prozent ein, wie Daten von Jones Lang Lasalle zeigen. Die geplatzte Blase hinterließ eine Reihe gescheiterter Renovierungen.

Die Kommunalverwaltungen sind allein nicht in der Lage, die Liegenschaften wieder auf Vordermann zu bringen. Und Investoren kaufen lieber Schlösser, die sich in gutem Zustand befinden. Das hat zur Folge, dass die Bauten oft nicht repariert werden - und damit droht ihnen letztlich der Einsturz.

“Wir dürfen nicht zulassen, dass Gebäude, die seit Jahrhunderten stehen und sogar die DDR überlebt haben, im wiedervereinten Deutschland dem Verfall überlassen werden”, sagt Illert. “Wir müssen sie retten, weil es unser kulturelles Erbe ist.”
Tipps der Redaktion