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40 Jahre Moltrecht & Partner „Mifid ist eine Katastrophe“

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Aktuell beschäftigt MiFID II die Branche. Wie ordnen Sie die Norm mit Blick auf 40 Jahre ein?

Henrich: MiFID II ist eine Katastrophe, zumal viele Kriterien für die Überprüfung der geforderten Verhaltensregeln noch gar nicht bekannt sind. So mussten wir für die erforderliche Telefonaufzeichnung eine neue Telefonanlage kaufen, doch niemand konnte uns sagen, welche genauen Anforderungen an diese Telefonaufzeichnung gestellt werden und wie diese nachgeprüft werden können. Genauso schwammig ist der geforderte Nachweis einer Verbesserung des Kundennutzen. Also haben wir pragmatisch eine klare Trennung zwischen institutionellem und privatem Geschäft vorgenommen: Unsere Vermögensverwaltungsfirma, die Moltrecht & Partner Asset Management GmbH, erbringt keine Dienstleistungen mehr für Privatanleger, sondern verwaltet ausschließlich Fonds. Unsere Vermittlungsfirma, die Moltrecht & Partner (kurz „MuP“) Fonds- und Finanz-Center GmbH erbringt alle Kundendienstleistungen. Dieses Unternehmen benötigt keine KWG-Zulassung wie die erste, sondern „lediglich“ eine Genehmigung nach §34f der Gewerbeordnung. Es ist von MiFID II, aber auch den anderen neuen Verordnungen, wie MiFIR oder PRIPs, daher nicht ganz so stark betroffen.

Peter Henrich (links) und Frank Moltrecht, geschäftsführende Geselllschafter des Essener Finanzsdienstleisters Moltrecht & Partner

Sehen Sie das Ziel des Verbraucherschutzes ereicht?

Henrich: Insgesamt wird die Regulierung, die eigentlich als Verbraucherschutz gedacht ist, genau das Gegenteil erreichen. Sie wird zu einem Beratersterben führen, da die Anforderungen für kleine Unternehmen oder Einzelberater immer schwieriger zu erfüllen und letztendlich auch deutlich teurer werden. Die geringere Anzahl qualifizierter Berater und der gleichzeitig steigende Zeitaufwand führen letztendlich dazu, dass der Großteil der Sparer von guten Beratungsleistungen ausgeschlossen wird. Wenn zum Beispiel für den Abschluss eines 50-Euro-Sparplans zwei oder mehr Stunden notwendig sind, um allen Dokumentations- und Aufklärungspflichten gerecht zu werden, ist das weder für eine Bank lukrativ noch kann sich der Anleger dafür den Stundenlohn eines Honorarberaters leisten. Der somit fehlende Zugang zu guter Anlageberatung führt zur Fehlallokation der Geldanlagen breiter Bevölkerungsschichten und letztendlich zu einer Verstärkung der Altersarmut. Das ist eigentlich nicht das, was die Politik erreichen wollte.

Welches war der wichtigste Meilenstein Ihres Unternehmens in den vier Jahrzehnten?

Henrich: Der wichtigste Meilenstein war sicherlich die Überführung der individuellen Vermögensverwaltung in unsere beiden Vermögensverwaltungsfonds. Im Grunde gibt es ja nur 2 Anlagestrategien: Entweder ich möchte langfristig eine möglichst hohe Rendite erzielen und bin bereit, dafür die natürlichen Schwankungen in Kauf zu nehmen oder ich möchte die Schwankungen (= Risiko) begrenzen und bin mit einer niedrigeren Rendite zufrieden. Aus der individuellen Mischung dieser beiden Möglichkeiten zusammen mit einer Cash-Reserve lässt sich jedes Anlageziel realisieren. Statt mehrere Hundert Einzeldepots zu überwachen, gibt es lediglich ein Depot für jede Strategie, welches täglich beobachtet und mathematisch ausgewertet wird, und trotzdem kann jeder Kunde entsprechend seiner eigenen Zielvorgaben eine individuelle Zusammensetzung realisieren.

Was war die größte Krise in der Unternehmensgeschichte? 

Henrich: Für uns war die Finanzkrise 2008 schlimmer als die viel gravierendere und längere Börsenbaisse von 2000 bis 2003. Das Platzen der Technologieblase im Jahr 2000 haben wir vergleichsweise gut überstanden, da wir aus gutem Grund die Finger von überbewerteten Börsensegmenten gelassen hatten und stattdessen konservativ unterwegs waren. So war damals unser Lieblingsfonds im Aktienbereich der Templeton Growth Fund. Dieser stand zwar in der Tech-Phase am Ende der Hitlisten, was uns anfangs Unmut von unseren Anlegern einbrachte, in den Jahren 2000 und 2001 konnte dieser Fonds aber um rund 20 Prozent zulegen, während der MSCI Weltindex oder der Dax zweistellige Verluste produzierten.

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