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Aktualisiert am 27.03.2020 - 13:38 Uhrin MärkteLesedauer: 2 Minuten

70-Prozent-Wahrscheinlichkeit Grexit wird für Banken zum Basisszenario

Investoren überprüfen gerade ihre Einschätzungen der Lage, nachdem die griechischen Wähler am Sonntag den Sparmaßnahmen, die für internationale Hilfen nötig sind, eine Abfuhr erteilt haben. Voraussagen in fünf Krisenjahren, es werde zu einem sogenannten „Grexit“ kommen, sind bislang nicht eingetreten, weil die europäischen Verantwortlichen das regelmäßig verhindert haben.

„Die Lage verändert sich zwar ständig, aber im Moment erscheint ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro wahrscheinlicher als kein Ausstieg“, kommentierte JPMorgan- Ökonom Malcolm Barr am gestrigen Sonntag. Das könne „unter chaotischen Umständen“ geschehen, fügte er hinzu.

Den griechischen Banken gehen die Euros aus. Sie waren im Vorfeld der Volksbefragung geschlossen worden, die Regierung hatte Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras habe nur noch wenige Wochen, um eine neue Vereinbarung auszuhandeln, so Barr.

„Ein Ausscheiden ist jetzt das wahrscheinlichste Szenario“, schrieben Analysten von Barclays in einer anderen Studie. „Eine Einigung auf ein Programm mit der griechischen Regierung wird äußerst schwierig für die führenden Köpfe im Euroraum, nachdem Griechenland das letzte Angebot zurückgewiesen hatte, und es wird zu Hause schwer zu verkaufen sein.“

Morgan Stanley sieht jetzt eine 60-Prozent-Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland den Euroraum verlässt. BNP Paribas sieht die Wahrscheinlichkeit bei 70 Prozent, nachdem sie vor einer Woche noch 20 Prozent angegeben hatte. Société Générale nennt eine Wahrscheinlichkeit von 65 Prozent.

Goldman Sachs dagegen bekräftigte trotz des Referendumergebnisses seine Erwartung, dass der Euroraum eine Gruppe von 19 Ländern bleiben wird. Das Grexit-Risiko sei zwar gestiegen, aber es könne „Monate oder sogar Jahre dauern, bis das geschieht“, und es sei wahrscheinlicher, dass das Land und seine Gläubiger in einer unklaren Situation bleiben, hieß es bei Citigroup. Citigroup-Analysten hatten 2012 den Begriff „Grexit“ geprägt.

Das Londoner Beratungsunternehmen Teneo Intelligence gab nach dem Referendum die Wahrscheinlichkeit für ein Ausscheiden Griechenlands mit 75 Prozent an, Evercore in Washington sah sie bei etwa 67 Prozent in den kommenden sechs bis zwölf Monaten.

Oxford Economics erhöhte seine Wahrscheinlichkeitseinschätzung von 67 auf 85 Prozent, BMO Capital Markets bezeichnete ein Ausscheiden als Basisszenario.

Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank, sagte, das Land sei zwar noch nicht auf „Autopilot“ gestellt in Richtung Ausscheiden, aber das Ergebnis des Referendums mache es deutlich schwieriger, dieses Schicksal noch zu vermeiden.

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