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in ETFs & IndexfondsLesedauer: 10 Minuten

„Aberwitzige Selbstüberschätzung aktiver Manager“ Die absurde Dämonisierung von ETFs

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Überdies hält ein Fondsmanager, der ein Wertpapier verkauft, dieses für hoch- oder überbewertet, während für den von ihm kaufenden Fondsmanager das Gegenteil gilt. Wäre das nicht so, gäbe es keinen Trade. Nicht nur führt dieses Hin-und-Her-Traden zwischen zwei aktiven Anlegern dem betreffenden Unternehmen kein Kapital zu, es findet darüber hinaus auch noch zwischen zwei Angehörigen der Aktivanlegergemeinde statt, die eine entgegengesetzte Bewertungsmeinung haben. Wenn Fondsmanager krampfhaft versuchen, ihren "wichtigen Beitrag" zur volkswirtschaftlichen Kapitalallokation herauszustellen, und ich mir gleichzeitig diesen Sachverhalt vergegenwärtige, kann ich einen gewissen Lachreiz nicht unterdrücken.

Noch skurriler hierbei ist, dass Fondsmanager, wie die empirische Finanzmarktforschung seit rund 50 Jahren tausende Male gezeigt hat, per saldo mehr renditeschädliche als renditeförderliche Entscheidungen treffen, z. B. weil sie mal wieder auf eine Verlierer-Aktie gewettet oder eine fatale Timing-Entscheidung getroffen haben. Wie kann sowas die volkswirtschaftliche Kapitalallokation fördern?

Wenn von den Großtaten der volkswirtschaftlichen Kapitalallokation von Fondsmanagern bzw. aktiven Anlegern im Allgemeinen die Rede ist, sollte auch nicht übersehen werden, dass der Sektor der nicht börsennotierten Unternehmen global vermutlich größer ist als der börsennotierte Sektor, der – kaum überraschend – in den Medien viel weniger prominent ist. (Zu den nicht börsennotierten Firmen gehören auch staatliche Unternehmen und Behörden.) Bei dieser Kapitalallokationsveranstaltung fehlen die Damen und Herren Fondsmanager sowieso.

Wie also jemand ernsthaft behaupten kann, dass aktive Investoren und darunter speziell Fondsmanager einen nennenswerten Einfluss auf die Kapitalallokation in einer Volkswirtschaft haben, ist mir ein Rätsel.

Ein anderes von ETF-Gegnern im Zusammenhang mit dem Kapitalallokationsgesichtspunkt vorgebrachtes Argument besteht in der These, ETF-Anleger oder Indexfondsanleger allgemein seien "Trittbrettfahrer" der aktiven Anleger. Letztere würden durch ihr mühevolles und teures Wertpapier-Research zum Nutzen der ganzen Volkswirtschaft herausfinden, welche Wertpapiere zu kaufen (sprich, welche Unternehmen zu belohnen) seien und welche durch Nichtkauf abgestraft werden müssten. Hingegen würden Indexfondsanleger lediglich als Free Rider oder Parasiten an den Früchten dieses Bewertungs- und Preisentdeckungsprozesses kostenlos partizipieren, aber nichts selbst dazu beitragen. Es sei überdies logisch, dass sich nicht alle Marktteilnehmer so wie Indexanleger verhalten könnten, ohne die Kapitalmärkte ihrer Grundfunktion zu berauben.

Auch diese Argumente hinken schlimmer als der einbeinige Pirat. Weiter oben haben wir bereits gesehen, dass Fondsmanager und andere aktive Anleger – anders als Konsumenten – von vorneherein wenig zur volkswirtschaftlichen Kapitalallokation beitragen. Auch Legionen von Unternehmens- und Marktanalysen ändern das nicht. Wertpapier-Research und die daraus resultierenden Trading-Entscheidungen aktiver Investoren führen der realen Wirtschaft nun einmal weder Kapital zu, noch entziehen sie es ihr. Gewiss, steigende oder fallende Wertpapierkurse wirken als Signal für Marktteilnehmer, aber ihre kapitalallokative Bedeutung ist im Vergleich zu den Cash-Flow-Effekten in der Realwirtschaft marginal.

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