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„Aberwitzige Selbstüberschätzung aktiver Manager“ Die absurde Dämonisierung von ETFs

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Ferner trifft das Trittbrettfahrerargument auch auf Tausende andere Märkte zu, wo offenbar niemand ein Problem mit ihm hat. Illustrieren wir das am Gebrauchtwagenmarkt. Der Autor dieses Artikels ist 54 Jahre alt, hat seit Erwerb seines Führerscheins vor 36 Jahren neun Automobile gekauft und acht wiederverkauft oder auf ihrer letzten Fahrt zum Schrotthändler begleitet. Alle neun gekauften Automobile waren Gebrauchtwagen, da er neue Automobile für ein tendenziell schlechtes Geschäft hält. Niemand bezweifelt, dass der Gebrauchtwagenmarkt nur existieren kann, weil es einen Neuwagenmarkt gibt. Sind Gebrauchtwagenkäufer deswegen Trittbrettfahrer der moralisch oder wirtschaftlich wertvolleren Neuwagenkäufer?

Die Absurdität dieser Logik ist mit Händen zu greifen. Für den Gebrauchtwagenmarkt und sein Verhältnis zum Neuwagenmarkt gilt genau dasselbe wie für die beiden Gegenpole aktives versus passives Investieren. Erstens kann man sie gar nicht sauber trennen, da zwischen ihnen eine breite Grauzone existiert. [4] Zweitens, wenn das eine Marktsegment stärker wächst als das andere, dann kommt ein Feedback-Loop in Gange, der ein dynamisches Gleichgewicht produziert.

In der Biologie nennt man das kybernetischen Regelkreis. Sollte es in den Kapitalmärkten 2050 tatsächlich einmal einen Passiv-Marktanteil von mehr als drei Vierteln geben – was der Altersvorsorge von hunderten Millionen Menschen zu wünschen wäre – dann würde auf dem Weg dorthin allmählich und ganz automatisch aktives Investieren wieder attraktiver werden. Bis dahin ist passives Investieren aus rationaler Sicht die überlegene Alternative und so lange lohnt es für Anleger, damit fortzufahren. Aber auch in dieser neuen Welt würde weiterhin die "Arithmetik des aktiven Investierens" gelten (Sharpe 1991), und die garantiert mit mathematischer Notwendigkeit, dass die Gruppe der passiven Anleger kollektiv eine bessere Rendite erzielt als die Gruppe der aktiven Anleger.

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Das philosophische Totschlagargument "wenn sich alle so und so verhalten, würde so und so nicht mehr funktionieren" ist ein uralter Rhetoriktrick, den linke und rechte Sozialingenieure schon immer gerne angewendet haben. Sein Erkenntniswert tendiert gegen null. Wenn alle 82 Millionen Deutsche ab morgen ausschließlich bei Aldi einkauften, dann käme es in den dortigen Geschäften zu Lieferengpässen, Massenpaniken und mehrere hunderttausend Beschäftigte bei der Konkurrenz verlören binnen Wochen ihren Arbeitsplatz, was nicht einmal Angela Merkel verhindern könnte.

Oh je! Wenn alle 17 Millionen Holländer im nächsten Winter im Vorarlberg Skifahren wollten, ginge auf deutschen Autobahnen drei Monate lange gar nichts mehr und die Pisten in Lech-Zürs müssten aus Sicherheits- und Naturschutzgründen für alle gesperrt werden. Wenn künftig alle deutschen Frauen nur noch rothaarige Männer mit grünen Augen attraktiv fänden, dann würde die Geburtenrate in diesem Land von 1,3 auf 0,01 sinken und Deutschland hätte sich tatsächlich abgeschafft. Es ließe sich eine unendliche Kette weiterer absurder Beispiele formulieren. Fakt ist: Im menschlichen Dasein sind viele, vielleicht die meisten Aktivitäten und Verhaltensweisen nur deshalb möglich, weil eben nicht alle Exemplare der Spezies Homo Sapiens Sapiens sie gleichzeitig praktizieren – eine triviale Feststellung und – ja – sie gilt auch für passives Investieren.

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