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2. August 2022 Abfrage der Nachhaltigkeitsvorlieben – wird der Start verschoben?

Frau mit Tablet
Frau mit Tablet: Die EU will die Wirtschaft grüner gestalten. Auch Finanzberater sollen ihren Teil dazu beitragen. | Foto: imago images / Westend61

Die EU-Kommission will die Detailregeln zur europäischen Offenlegungsverordnung erst zum 1. Januar 2023 in Kraft setzen. Das kündigte die Kommission kürzlich in einem Brief an Vertreter des EU-Parlaments an. Ursprünglich sollten diese Level-II-Maßnahmen, sogenannte technische Regulierungsstandards (RTS), bereits zum Jahreswechsel 2022 gelten.

Die jetzt angekündigte Verschiebung lässt Produktgeber, aber auch den Finanzvertrieb mit vielen Fragezeichen zurück. Denn die RTS zur Offenlegungsverordnung sind als eine praktische Orientierungshilfe gedacht – für Emittenten und den Vertrieb gleichermaßen. Sie sollten konkretisieren, wie Fondsgesellschaften und Versicherungen mit nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen ihrer getätigten Investments umgehen könnten. Es geht um Indikatoren und Informationspflichten bei der Auflage nachhaltiger Finanzprodukte.

Die Zuordnung in eine der Kategorien der Offenlegungsverordnung – nachhaltige Produkte nach Artikel 6, 8 oder 9 – müssen die produktauflegenden Gesellschaften zunächst rein auf Basis des Gesetzestextes auf Level I vornehmen. Ob die Gesellschaften ihre Produkte allerdings auch korrekt zugeordnet haben, lässt sich endgültig erst anhand der Detailregeln messen. Und die werden nun voraussichtlich noch ein ganzes Jahr länger fehlen.

Kaum lösbar für den Vertrieb

Das bringt auch den Vertrieb in eine unglückliche Position. Immerhin sollen die Vermittler dafür sorgen, dass Anleger auch wirklich die Produkte erhalten, die ihren Nachhaltigkeitsvorlieben entsprechen. Ohne die nötigen Details lässt sich diese Aufgabe schwerlich wuppen.

Dabei rückt das Startdatum, ab dem Nachhaltigkeit ein verbindliches Thema im Beratungsprozess werden soll, immer näher: Am 2. August soll es laut angepasster Mifid II so weit sein. Das sind immerhin fünf Monate, bevor die RTS in Kraft treten sollen.

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Das Startdatum sei nicht zu halten und müsse verschoben werden, fordern daher Vermittlervertreter. Beim Vermittlerverband Votum hat man einen offenen Brief an die EU-Kommission formuliert. Votum-Vorstand Martin Klein ist gleichzeitig Vorsitzender des Europäischen Dachverbands der unabhängigen Finanzberater und Finanzanlagevermittler (Fecif). Der Rechtsanwalt schreibt: „Eine rechtssichere Produktempfehlung im Anschluss an die Ermittlung der Nachhaltigkeitspräferenzen kann nur dann erteilt werden, wenn verbindliche technische Regulierungsstandards bestehen – und genau diese werden am 2. August 2022 nun fehlen.“

Das rechtliche Vakuum könne für den Finanzvertrieb noch zum Boomerang werden: Denn Berater hafteten für die Empfehlungen, die sie in der Versicherungs- und Anlageberatung gäben. Die Anlageprofis seien nicht nur verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden festzustellen, erinnert Klein. Darüber hinaus dürften sie gesetzlich auch keine Produkte empfehlen, die den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden zuwiderliefen.

Durch die noch nachzureichenden RTS fehlte Beratern von August bis Jahresende 2022 das gesetzlich wasserdichte Fundament, um Kapital- und Versicherungsanlageprodukte im Sinne ihrer Kunden überhaupt einordnen zu können. Sie wären also gezwungen, ohne klare Gesetzesgrundlage verbindliche Empfehlungen abzugeben.

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