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  • Abkehr von USA und Hype um Europa sind übertrieben

Von in WirtschaftLesedauer: 5 Minuten
Wall Street in New York mit Hinweis auf die New York Stock Exchange
Wall Street in New York | Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire

Natürlich gibt es gute Gründe, warum die Rally des S&P 500 oder des Nasdaq 100 seit Jahresbeginn ins Stocken geraten ist – und sich aktuell in einen beschleunigten Bärenmarkt gewandelt hat. Vor allem der US-Präsident Donald Trump verunsichert mit seiner Zollpolitik Unternehmen und Konsumenten gleichermaßen. Das plötzliche Auftauchen von Deepseek hatte der Mag-7-Rally bereits vor einiger Zeit einen erheblichen Dämpfer verpasst. Jetzt kommt erschwerend hinzu, dass Apple und Co. einen großen Teil ihres Umsatzes im Ausland machen. Das ist sicher auch in Brüssel und Peking bekannt. Sie dürften auf Trumps Strafzölle mit gezielten Gegenmaßnahmen reagieren, die besonders die amerikanischen Technologiekonzerne treffen könnten. So viel zu den USA und der Wall Street.

 

Das ständige Hin und Her Trumps macht eine langfristige Planung für Firmenchefs kaum möglich. Und ob die Strafzölle tatsächlich dazu führen, dass Unternehmen in Scharen ihre Produktion in die USA verlagern, bleibt abzuwarten. Das wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Auch in den USA lässt sich nicht von heute auf morgen eine neue Produktionsstätte hochziehen. Zudem herrscht auch in den Vereinigten Staaten ein Mangel an Fachkräften.

US-Inflation dürfte steigen 

Die aktuelle Eskalation der Situation seit den Zollankündigungen Trumps zum Liberation Day hat erst einmal zu einem drastischen Abverkauf von Aktienwerten weltweit, aber eben auch besonders in den USA geführt.

Auf etwas kürzere Sicht betrachtet werden die Zölle zunächst die Inflation anheizen. Nicht nur die in die USA importierten Waren werden teurer, sondern auch die in den USA produzierten Güter. Denn höhere Importpreise verschaffen den US-Unternehmen Spielraum, ebenfalls ihre Preise zu erhöhen. Was auf den ersten Blick attraktiv erscheint, ist es in Wirklichkeit nicht. Wenn der Wettbewerbsdruck auf die US-Unternehmen nachlässt, werden sie weniger innovativ, wachsen langsamer und schaffen weniger neue Arbeitsplätze. In den USA haben die Konjunktursorgen zuletzt zugenommen – Stichwort „Trumpsession“.

Wenn aber gleichzeitig die Inflation in den USA wieder steigt, wird es für die amerikanische Notenbank Fed schwierig bis unmöglich, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Kurzfristig ist erst einmal mit einer Zinspause zu rechnen. Stagflation ist da das Wort, das keiner hören mag, was aber immer wahrscheinlicher wird, sollte der Präsident bei seiner Holzhammerpolitik bleiben.

Alternative Europa?

Auch die amerikanischen Konsumenten zeigen sich verunsichert. Das Verbrauchervertrauen fiel im Februar so stark wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr. Auch die Einzelhandelsumsätze waren zuletzt rückläufig. Was das für eine konsumbasierte Wirtschaft bedeutet, liegt auf der Hand.

In Europa hingegen sorgte das angekündigte Konjunkturprogramm der GroKo-Regierung zwischenzeitlich für einen kräftigen Schub an den Börsen. Die EU-Kommission unterstützte diesen Effekt mit einem insgesamt 800 Milliarden Euro schweren Maßnahmenpaket für die europäische Rüstungsindustrie. Ökonomen haben ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Europa bereits nach oben korrigiert. Dazu kommt noch die Erwartung weiter sinkender Leitzinsen.

Trumps Strafzölle sind offenbar nicht in Stein gemeißelt – was sich durch die jüngsten Zollaufschübe für alle Staaten bis auf China einmal mehr zeigt. Der US-Präsident könnte sich auf Verhandlungen einlassen. Auch die Wall Street könnte den Bau-Tycoon zur Vernunft bringen, wenn die Kurse dort weiter fallen. Trump misst seinen Erfolg auch an der Entwicklung des amerikanischen Aktienmarktes.

Zudem hat er mit den Strafzöllen bisher nur den für die Börse negativen Teil seiner Ankündigungen umgesetzt. Es ist zu erwarten, dass die geplanten Deregulierungen und vor allem die Steuersenkungen rechtzeitig vor den Zwischenwahlen im nächsten Jahr kommen werden. Wenn die Wirtschaft nicht läuft und die Börse wackelt, könnte Trumps Mehrheit im Kongress in Gefahr geraten. Verliert er sie, ist es mit dem Durchregieren vorerst vorbei.

Anleger können also noch mit positiven Impulsen aus dem Weißen Haus rechnen. Vor allem die Steuersenkungen in seiner ersten Amtszeit haben schon einmal an der Wall Street für Champagnerlaune gesorgt.

US-Börsen nicht verfrüht abschreiben

An den europäischen Aktienmärkten könnte dagegen schon wieder Ernüchterung einkehren. Von den in Berlin und Brüssel angekündigten Konjunkturprogrammen profitierten vor allem Aktien von Rüstungs- und Bauunternehmen. Hier scheint die Euphorie inzwischen ihren Höhepunkt überschritten zu haben.

Zudem basierten die jüngsten Kursgewinne vor allem auf einer Ausweitung der Bewertungsrelationen und nicht auf steigenden Unternehmensgewinnen. Schließlich muss die künftige CDU/SPD-Regierung erst noch zeigen, dass sie die milliardenschweren Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur zeitnah umsetzen kann. Angesichts der hohen Bürokratie in Deutschland sind hier Zweifel angebracht.

Es ist also denkbar, dass die US-Börsen in den kommenden Monaten erneut positiv überraschen. Es könnte sich als Fehler erweisen, die Wall Street gänzlich abzuschreiben und die Börsen auf dem alten Kontinent zu hoch zu gewichten. Diversifikation ist und bleibt das Gebot der Stunde. Eine gute Alternative zu beiden Märkten bietet nach wie vor Gold. Denn die Zeiten werden auch dank Trump volatil bleiben.

Thomas Buckard
Thomas Buckard © MPF

Über den Autor:

Thomas Buckard ist Gründungsmitglied der im Jahr 2000 gegründeten MPF AG. Als Vorstandssprecher ist er für die Kundenakquisition und -betreuung sowie die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. MPF gehört mit einem verwalteten Vermögen von mehr als zwei Milliarden Euro zu den größten unabhängigen Vermögensverwaltern in Deutschland.

 

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