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Private Altersvorsorge „Absatz nachhaltiger Produkte dürfte dynamisch steigen“

Leuchtturm-Investment Windkraftpark
Leuchtturm-Investment Windkraftpark: Beim Thema Nachhaltigkeit achten die meisten Versicherungskunden auf ökologische Kriterien wie CO2-Neutralität bei der Energieerzeugung. | Foto: Foto von Kervin Edward Lara von Pexels

DAS INVESTMENT: Der aktuell verlängerte und verschärfte Lockdown und die angelaufenen Impfungen gegen Covid-19 bestimmen dieser Tage wieder einmal die Schlagzeilen. Inwiefern beeinflussen die Erfahrungen der Menschen während der Corona-Krise auch die Nachfrage nach Produkten zur Altersvorsorge?

Ralf Berndt: Die Corona-Pandemie hat unseren Vertrieb auf sehr unterschiedliche Weise betroffen. Denn die betriebliche Altersversorgung war im Frühjahr 2020 zunächst gar nicht mehr gefragt. Aufgrund des branchenübergreifenden Lockdowns hatten viele Unternehmen ganz andere Herausforderungen zu meistern. Aber im Sommer gab es dann wieder mehr Beratungsgespräche.

Anders ist das Bild bei der privaten Altersvorsorge, deren Absatz 2020 bei uns sogar über Vorjahresniveau lag. Das führe ich unter anderem darauf zurück, dass die Corona-Pandemie bei vielen Menschen die Sensibilität für existenzielle Risiken erhöht hat. Vorher war vielen der heutige Konsum deutlich wichtiger, doch das hat sich gedreht.

Auch junge Menschen leben jetzt seltener einfach in den Tag hinein. Stattdessen machen sie sich heute mehr Gedanken um die Zukunft und denken verstärkt über ihre Altersvorsorge nach.

Als möglicher Ursprung des Corona-Virus gilt der Handel mit Wildtieren, die zudem immer weiter aus ihren natürlichen Lebensräumen verdrängt werden. Und Vermittler müssen ihre Kunden künftig auch fragen, ob sie ihr zum Beispiel für die private Altersvorsorge zurückgelegtes Geld nachhaltig anlegen wollen. Welchen Einfluss dürfte Letzteres auf die Nachfrage nach nachhaltigen Vorsorgeprodukten spielen?

Berndt: Wir erwarten dadurch einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach nachhaltigen Produkten zur Altersvorsorge. Denn bei jüngsten Umfragen sagten etwa 60 Prozent der Verbraucher, dass sie solche Verträge gerne wählen würden. Bislang mangelte es ihnen demnach aber an Informationen über entsprechende Angebote.

Diese Informationen gibt es künftig jedoch flächendeckend bei nahezu allen Vermittlern. Sie müssen ihre Kunden jetzt auch auf das Anlagethema Nachhaltigkeit ansprechen und werden ihnen bei Interesse entsprechende Produkte anbieten. Wenn die Versicherten in der Folge künftig also besser über nachhaltige Produkte aufgeklärt sind, dürfte deren Absatz ab diesem Jahr dynamisch steigen.

DAS INVESTMENT: Was zeichnet die nachhaltigen Altersvorsorgeprodukte der Stuttgarter aus?

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Guido Bader: Ein Teil des Deckungsstocks unserer konventionellen Lebens- und Rentenversicherungen ist bereits heute nach dem Best-In-Class-Ansatz in Titel investiert, die vergleichsweise sehr gute Nachhaltigkeitskriterien aufweisen. Denn Nachhaltigkeit passt zu unserer Anlagephilosophie. In der Breite unserer Kapitalanlagen haben wir nicht erfüllte ESG-Kriterien bisher aber lediglich als Ausschlussgrund bestimmter Titel genutzt. Derzeit suchen wir jedoch nach einem Datenanbieter, um ein Scoring unserer Kapitalanlagen nach den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen durchführen zu können. Diesen Score wollen wir dann konsequent verbessern.

Für unsere Versicherung Grüne Rente suchen wir hingegen gezielt nach Leuchttürmen im Sinne des Impact Investing, in die wir das Geld unserer Kunden anlegen. Wichtig ist uns dabei vor allem das Kriterium CO2-Neutralität, denn bislang war das Thema Nachhaltigkeit für die meisten Kunden sehr stark ökologisch besetzt. Wir investieren also in Windkraft-, Photovoltaik- und Wasserkraftanlagen zur Energieerzeugung, aber auch beispielsweise in Microfinance-Fonds.

Für unsere Fondspolicen stellen wir den Kunden insgesamt mehr als 20 nachhaltige Fonds zur Auswahl. Sie decken neben Trendthemen wie Klimaschutz, Wasser oder Smart Materials auch soziale Anlagekriterien ab.

Im Deckungsstock arbeiten wir hingegen nach dem Zuordnungsprinzip. Das heißt: Das Volumen unserer nachhaltigen Investments im Deckungsstock entspricht mindestens dem unserer nachhaltigen Versicherungsverträge. Konkret verwalteten wir Ende 2019 in zertifizierten ESG-Anlagen ein Vermögen von 280 Millionen Euro. Dem standen Kundengelder in Höhe von 100 Millionen Euro gegenüber. Ende 2020 wird sich – auf deutlich höherem Niveau – ein ähnliches Bild ergeben.

Die nächste Regulierungsmaßnahme zum Thema Nachhaltigkeit ist die ab dem 10. März geltende EU-Transparenzverordnung. Was halten Sie von diesen Eingriffen der Politik?

Bader: Wir bieten allen unseren Vertriebspartnern bereits heute Weiterbildungen zur Grüne Rente an. Aufgrund der EU-Transparenzverordnung gibt es jetzt zudem einen Lehrgang zum Experten für nachhaltige Finanzen. Die aktuelle Regulierungsmaßnahme aus Brüssel ist aber erst die Spitze des Eisbergs. Ich sehe eine enorme Regulierungswelle auf uns zukommen. Es wird bereits davon gesprochen, dass die EU-Transparenzverordnung als die neue Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD gilt, die den Berufsalltag der Versicherungsvermittler deutlich verändert.

Wir halten das politische Ziel, für mehr Nachhaltigkeit sorgen zu wollen, grundsätzlich für sehr sinnvoll. Aber es ist ein Trugschluss, dass das am besten durch kleinteilige Vorgaben der Politik erreicht werden kann. Ein weiteres Infoblatt zum Thema Nachhaltigkeit erscheint mir nicht dringend notwendig. Es bedeutet für die Versicherungsbranche aber enorme Kosten, da sie mehr Daten erheben und verarbeiten muss.

Die entscheidende Frage ist, ob das alles sinnvoll, proportional und zielführend ist. Wir kämpfen dafür, dass die Regulierung des Versicherungsvertriebs in einem vernünftigen Rahmen bleibt. Besser als alle Details regeln zu wollen ist es, Leitplanken für einen funktionierenden Wettbewerb zu setzen.

Guido Bader (l.) und Ralf Berndt, Stuttgarter

Über die Interviewten:

Guido Bader ist Vorstandsmitglied der Stuttgarter Lebensversicherung, Stuttgarter Versicherung Holding, Stuttgarter Versicherung und Direkte Leben Versicherung. Er verantwortet das Ressort Lebensversicherung und Kapitalanlage.

Ralf Berndt ist Vorstandsmitglied der Stuttgarter Lebensversicherung, Stuttgarter Versicherung Holding, Stuttgarter Versicherung und Direkte Leben Versicherung. Er verantwortet die Ressorts Vertrieb, Marketing und Kooperationsvertrieb.

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