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Fortschritte gegen Fettleibigkeit Adipositas – die andere Epidemie

Kind mit Riesenlolli
Kind mit Riesenlolli: Eine Reihe von Ländern, darunter Mexiko, Großbritannien und Südafrika, haben bereits erste Erfahrungen mit einer Zuckersteuer gesammelt. | Foto: Imago Images / Image Source

In den vergangenen drei Jahren mögen Viren die Schlagzeilen beherrscht haben, aber sie sind nicht die einzige – und vielleicht auch nicht einmal die größte – Gefahr für unsere Gesundheit. Nicht-übertragbare Krankheiten nehmen zu und sind bereits für fast zwei Drittel der jährlichen Todesfälle weltweit verantwortlich, kalkuliert Our World In Data. Von Herzerkrankungen bis hin zu Diabetes – Adipositas ist eine der Hauptursachen und vorerst gibt es kein Wundermittel.

Haushalte mit niedrigem Einkommen und ärmere Länder sind überproportional von Adipositas betroffen. Neueste Forschungen weisen auf zwei Hauptverursacher hin: zuckerhaltige kohlensäurehaltige Getränke und hochverarbeitete Nahrungsmittel, die häufig auch komplexe Süßungsmittel enthalten, wie Maissirup mit seinem hohen Fruktosegehalt.

Besser essen scheint eine einfache Lösung zu sein, aber gute Lebensmittel sind nicht immer bezahlbar und verfügbar. Außerdem ist mehr Aufklärung nötig. Und nicht immer ist klar, was denn eigentlich gesund ist. Fruchtsaft zum Beispiel galt einst als gesundes Nahrungsmittel, wird aber aufgrund seines hohen Zuckergehalts nur noch in geringen Mengen empfohlen. Die optimale gesunde Ernährung, wie sie von der EAT-Lancet-Initiative angeraten wird, ist für große Teile der Weltbevölkerung schlichtweg zu teuer und berücksichtigt keine regionalen oder nationalen Unterschiede.

Selbst wenn die richtige Ernährung möglich ist, schützt sie nicht unbedingt vor Adipositas. Faktoren wie Stress und Schlafmangel erhöhen die Risiken. Studien deuten auch darauf hin, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für Adipositas der zweiten Generation besteht, unabhängig von Ernährungsqualität, Aktivitätsniveau und Stressmanagement.

 

Glücklicherweise gibt es Hinweise darauf, dass sich die Sichtweise auf Adipositas wandelt. Lange Zeit wurden die Betroffenen durch ihre Lebensweise selbst dafür verantwortlich gemacht und stigmatisiert. Die Welt wird sich zunehmend bewusst, dass Adipositas einen mehrschichtigen Ansatz erfordert, der sowohl medizinische Aspekte als auch Lebensgewohnheiten berücksichtigt. Versicherer sind zunehmend bereit, Behandlungskosten zu übernehmen. Die American Medical Association hat beispielsweise Adipositas offiziell als Krankheit anerkannt, und die US-Krankenversicherung Medicare betrachtet Adipositas als behandlungswürdige Erkrankung – auch wenn noch nicht für alle Behandlungsmöglichkeiten die Kosten übernommen werden. Und das United States Office of Personnel Management, das für die Verwaltung des Personalkörpers der Bundesbehörden verantwortlich ist, hat angeordnet, dass ab dem kommenden Jahr die Gesundheitsleistungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes auch Arzneimittel zur Bekämpfung von Adipositas und die Versorgung von Kindern mit Adipositas beinhalten.

Die Jagd nach dem Heilmittel

Fortschritte bei den Behandlungen und der Prävention gehen mit der Aussicht auf eine bessere Finanzierung einher. Wegovy, ein von Novo Nordisk entwickeltes Medikament zur Gewichtsreduktion, hat grünes Licht von der US-Aufsichtsbehörde erhalten, und Mounjaro, eine Injektionslösung von Eli Lilly, die einmal in der Woche verabreicht wird, steht kurz vor der Zulassung. Klinische Daten deuten darauf hin, dass beide Arzneimittel den Patienten helfen könnten, 15 bis 20 Prozent des Körpergewichts zu verlieren. Analysten schätzen, dass sich der Umsatz auf mehrere Milliarden US-Dollar belaufen könnte, hat Reuters berichtet. Der globale Markt für Adipositas-Behandlungen könnte nach Angaben von Morgan Stanley bis 2030 auf 54 Milliarden US-Dollar anwachsen, von gerade einmal 2,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022.

Neben traditionellen Medikamenten bildet sich auch eine wachsende Industrie für alternative Inhaltsstoffe heraus, die den Bedarf an Zucker und Fett reduzieren und dazu beitragen, den Insulinspiegel stabiler zu halten. Eine Enzymlösung von Novozymes zum Beispiel verspricht, Milchprodukte süßer zu machen, sodass Hersteller weniger Zucker einsetzen müssen.

Am experimentellen Ende der Skala untersuchen Wissenschaftler die Wirkung von Darmbakterien, den sogenannten Mikrobiomen, auf die Adipositas-Neigung. Die Forschung steckt hier noch in den Kinderschuhen, aber eine Studie deutet darauf hin, dass das Einbringen bestimmter Mikroben in den Darm die Wahrscheinlichkeit einer Gewichtszunahme verringern kann, zumindest bei Mäusen.

Ein ganzheitlicher Ansatz

Ganzheitliche Behandlungen sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Es gibt bereits einen großen Markt für gesundheitsbezogene Apps und Wearables sowie einen neuen Trend bei Unternehmen, mehrschichtige Lösungen anzubieten. Das könnte ein Programm zur Gewichtsreduktion, flankiert mit Videokursen, oder der Verkauf von Trainingsgeräten und der Aufbau einer aktiven Online-Community sein, damit die Betroffenen am Ball bleiben.

Da unsere Gesellschaft Adipositas zunehmend als komplexe Krankheit anerkennt, könnte dies Anlass für die Versicherer und das öffentliche Gesundheitssystem sein, präventive und digitale Lösungen stärker oder überhaupt zu finanzieren.

Nicht zuletzt spielen auch die Regulierungsbehörden eine wichtige Rolle. Eine Reihe von Ländern, darunter Mexiko, Großbritannien und Südafrika, haben bereits erste Erfahrungen mit einer eingeführten Zuckersteuer gesammelt. Bisher deuten die Auswertungen darauf hin, dass diese den Verbrauch reduziert haben, wenn auch in der Regel in eher geringem Masse. Eine größere Wirkung hat dagegen ein Wandel in der Lebensmittelindustrie, das heißt eine stärkere Transparenz bei der Kennzeichnung der Nahrungsmittel sowie die Entwicklung von zuckerfreien und zuckerarmen Getränken, gezeigt. Diese Trends dürften sich fortsetzen.

Auch bei gezielten Agrarsteuern und Subventionen ist das Potenzial groß. Einige Befürworter fordern beispielsweise, dass die Herstellung von Maissirup mit seinem hohen Fruktosegehalt für die Produzenten unattraktiv gemacht werden sollte.

Bei erneuerbaren Energien haben wir gesehen, wie Regierungen ehrgeizige Pläne und Subventionsprogramme umsetzen können, um die großen Probleme unserer Zeit zu lösen. Adipositas sollte ein weiterer Kandidat für solch einen proaktiven Ansatz sein. Das könnte – in Verbindung mit Innovationen in Wissenschaft und Technologie und einem gestiegenen Verbraucherbewusstsein – dazu beitragen, eine tödliche globale Epidemie abzuwenden.

Einblicke für Investoren:

  • Adipositas betrifft weltweit mehr als 650 Millionen Menschen, darunter jedes fünfte Kind und jeden dritten Erwachsenen.
  • McKinsey schätzt die Kosten für die Weltwirtschaft auf 2 Billionen US-Dollar pro Jahr – verursacht durch medizinische Kosten und die geringere Produktivität.
  • Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie schwenkt auf gesündere Produkte um. Untersuchungen der Oxford University zeigen, dass nach der Einführung der Softdrink-Steuer im Vereinigten Königreich der Anteil der Getränke, die mehr als 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, von 52 auf 15 Prozent gesunken ist.
  • Analysten sehen ein starkes Wachstum bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion sowie bei digitalen Apps zur Bekämpfung von Adipositas.

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