Adrian Hull von Kames Capital „Besser nicht zu viel Angst vor der nächsten Finanzkrise haben“
Im September jährt sich die Pleite der US-Bank Lehman Brothers zum zehnten Mal. Ein guter Zeitpunkt für Anleger, sich die damaligen Marktbedingungen vor Augen zu führen.
Als die globale Finanzkrise im Jahr 2008 aus dem Ruder lief, war das moralische Risiko der Finanzmärkte in aller Munde. Damit verbunden war die Sorge, dass staatliche Rettungsaktionen unbeabsichtigte Bewertungsniveaus schaffen könnten. Nach der Rettung der britischen Hypothekenbank Northern Rock und der Notübernahme der US-Investmentbank Bear Stearns im März 2008 ermüdeten die Behörden und das moralische Risiko vergrößerte sich. In der Folge ging die US-Bank Lehman Brothers Pleite, Merrill Lynch wurde dagegen gerettet.
Die Folgen der Lehman-Pleite sind bis heute spürbar. Doch viele Investoren haben gelernt, mit moralischen Risiken zu leben. Aktuell dominieren bei der Mehrzahl eindeutig Sorgen über das Ende der quantitativen Lockerungsphase der Notenbanken. Denn die Institute haben oft größere Feuerkraft als die Märkte selbst.
Zentralbanken kämpfen mit Wechselkursen
Selbstverständlich müssen es Währungshüter erst einmal schaffen, diese Überzeugung an ihren eigenen Rentenmärkten zu vermitteln. Die Steuerung von Wechselkursen ist schwer, wie die Bank von England im Jahr 1992 und die Schweizer Nationalbank 2015 feststellen mussten.
Die gute Nachricht ist, dass die Zentralbanken ein breites Spektrum an Faktoren aufmerksam verfolgen. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Finanzkrise des Jahres 2008 wiederholt. Die schlechte Nachricht ist, dass viele Kommentatoren gebetsmühlenartig die nächste schwere Finanzkrise à la 2008 prophezeien.
Wie wir von Northern Rock bis Lehman gesehen haben, führte ein verzweigtes Zusammenspiel von Ereignissen zum Kollaps. Das Gros dieser Probleme wurde in den vergangenen zehn Jahren geregelt. Doch das hält Experten nicht davon ab, einen unmittelbar bevorstehenden Kollaps an den Finanzmärkten oder eine ausgetrocknete Liquidität am Anleihemarkt zu prognostizieren.
Regulierter Bankenmarkt
Das Bankenkapital ist in den vergangenen Jahren durch Regulierungen gestiegen. Zudem herrscht die Meinung, dass sich die Niedrigzinsphase dadurch verlängert hat. Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln wurde die Fähigkeit der Banken beschnitten, großzügig Kredite zu vergeben.
Vor diesem Hintergrund ist große Aufmerksamkeit bei der Verwaltung von Portfolios mit Blick auf realistische Folgen statt absurder Prognosen geboten. Panik ist nicht angebracht. Als einzige Ursache für die Finanzkrise im Jahr 2008 Populismus zu sehen, ist nicht angemessen. Doch die Kombination aus skeptischen Anlegern, harten Sparauflagen (Austerität) und Geldpolitik wird auch weiterhin die Entschlossenheit und Strategietreue aktiver Anleihemanager auf die Probe stellen.