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Aktualisiert am 28.01.2020 - 12:41 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 3 Minuten

AfW kritisiert TÜV-Zertifikate für geschlossene Fonds

Norman Wirth, AfW
Norman Wirth, AfW

Unqualifizierte Prüfer, ungeeignete Prüfkriterien und falsche Prüfergebnisse sprechen gegen die Qualität der Zertifikate des TÜV Nord für geschlossene Fonds und Fondspolicen. Zu diesem Ergebnis kommt ein vom AfW Bundesverband Finanzdienstleistung in Auftrag gegebenes und von Finanzmathematiker Werner Siepe durchgeführtes Gutachten.

Darin heißt es unter anderem, dass die Einzelnoten vor allem in den Prüfkriterien Kostenquote, Renditeprognose, Mittelverwendungskontrolle, Management, Fondskonzept und Anlegerverständlichkeit häufig nicht plausibel sind. Gleichfalls kritisiert wird, dass „viel zu milde Gesamtnoten“ gebildet werden sowie die Kriterien für die Bildung einer Gesamtnote teilweise unterschiedlich waren.

Ergebnisse nicht plausibel


Da die meisten Prüfergebnisse für TÜV-geprüfte Fonds nicht einleuchten und daher nicht plausibel sind, schlägt dies auch auf die Zertifizierung der Fondsplausibilität durch, so der AfW in einer Presseerklärung. Die bisher vom TÜV Nord praktizierte Prüfung der Fondsplausibilität zur Beurteilung von geschlossenen Fonds und Fondspolicen sei daher ungeeignet und insbesondere für Anleger nicht verlässlich.

Anleger würden irrtümlicherweise annehmen, dass ein mit „ausgezeichnet“, „sehr gut“ oder „gut“ benoteter Fonds mehr Sicherheit bietet und auch wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Zu solch einer möglichen Fehleinschätzung verleite auch das Label „Vertrauenswürdige Geldanlagen“ auf der Homepage der TÜV Nord Cert GmbH.

Haftungsfallen drohen


Der AfW warnt zudem: Vermittler, die ihren Kunden TÜV-geprüfte Fonds mit Hinweis auf das begehrte TÜV-Siegel empfehlen, könnten in eine Haftungsfalle geraten, sofern sich das Fondsangebot als Flop erweist und eventuell sogar zu einem tatsächlichen Totalverlust für den Anleger führt. Vermittler sollten gegenüber ihren Kunden nicht hervorgehoben mit den TÜV-Siegeln für Fonds werben.

„Maßgebliches Kriterium für den Vertrieb geschlossener Fonds sollte weiterhin das Vorliegen und der Inhalt eines Gutachtens nach dem IDW S 4 Standard sein,“ so Rechtsanwalt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. „Auch die in letzter Zeit vermehrt zu hörenden Rufer nach einem verpflichtenden TÜV für Finanzprodukte sollten sich das AfW-Gutachten über die TÜV-geprüfte Fondsplausibilität sehr genau ansehen. Solange nicht die vier entscheidenden Kernfragen - Qualifikation der Prüfer, Prüfkatalog mit Festlegung der Kriterien, einheitliche Standards für die Bewertung und Beurteilung der Finanzprodukte, Haftung der Prüfstelle - beantwortet sind, wird der Finanz-TÜV eine reine Illusion bleiben.“

TÜV Nord will Kritik sorgfältig prüfen


Von DAS INVESTMENT zum Sachverhakt befragt, gab der TÜV Nord folgende Stellungnahme ab: „Das vom AfW veröffentlichte Gutachten greift uns bereits bekannte Vorwürfe auf. Aus unserer Sicht werden keine neuen Sachverhalte dargestellt.“ Bereits nach Bekanntwerden einer ebenfalls von Werner Siepe für das Deutsche Insitut für Anlegerschutz (DIAS) durchgeführten Studie habe TÜV Nord das Produkt einer kritischen Bewertung unterzogen und in Teilen modifiziert. „Trotz positiver Expertengutachten nehmen wir die erneute Kritik zum Anlass, noch einmal das Produkt und die damit verbundenen Aussagen sorgfältig zu prüfen,“ so TÜV-Nord-Sprecher Tim Kreitlow.

Das AfW- Gutachten ist als PDF-Dokument abrufbar.

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