AfW-Vorstand im Interview Frank Rottenbacher: „Hier wird massiv in die Gewerbefreiheit der Versicherungsmakler eingegriffen“
DAS INVESTMENT.com: Herr Rottenbacher, zum Gesetzentwurf zur Umsetzung der IDD-Richtlinie liegen mittlerweile Stellungnahmen des Bundesrats und vieler Beraterverbände, unter anderem des AfW, vor. Was stört Sie am meisten an dem Entwurf?
Frank Rottenbacher: Unser Hauptkritikpunkt ist, dass mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf massiv in die Gewerbefreiheit der Versicherungsmakler eingegriffen wird: Ihnen wird vorgegeben, dass sie ausschließlich von Versicherungsunternehmen für ihre Beratungs- und Vermittlungsleistung vergütet werden sollen. Sie dürfen keine Mischmodelle mit teilweise Vergütung aus Provisionen und teilweise aus Honorar mehr verfolgen. Damit können sie auch keine Nettopolicen mehr vermitteln, weil sie dann ja ohne Vergütung arbeiten müssten und können somit eventuell ihrem Kunden nicht das passende Produkt anbieten. Das ist nicht akzeptabel und zudem verfassungswidrig. Das hat Prof. Schwintowski in einem Gutachten dem AfW auch bestätigt. Der unabhängige Gewerbetreibende soll doch bitte schön selbst entscheiden dürfen – oder dem Kunden die Entscheidung lassen –, in welcher Form eine Vergütung für die jeweilige Leistung erfolgt. Es ist nicht gerechtfertigt und vor allem nicht mit dem vermeintlichen Argument des Verbraucherschutzes, dass der Gesetzgeber hier derartig überreguliert.
Eigentlich will der Gesetzgeber vor allem die Honorarberatung fördern.
Rottenbacher: Der Gesetzentwurf schließt aber die große Gruppe von über 46.000 Maklern von dieser Möglichkeit aus: Man verliert viele Leute, die potenziell auch gegen Honorar beraten würden. Ich schließe mich der Kritik von Professor Thomas Köhne an: Das Gesetz fördert weniger die Honorarberatung als die Honorarberater. Denn diese Berufsgruppe wird tatsächlich gestärkt, wenn man allen anderen verbietet, gegen Honorar zu beraten. Wobei mit dieser Stärkung der Versicherungsberater sicherlich keine gesteigerte Akzeptanz beim Kunden und auch nicht bei den für diese Berufsgruppe am ehesten in Frage kommenden Versicherungsmaklern einhergehen wird. Wir würden sicherlich über Jahre hinweg im dreistelligen Bereich von Zulassungsinhabern bleiben.
Was kritisieren Sie noch?
Rottenbacher: Unser zweiter Punkt: Auch wenn der Kunde ein Produkt von einem Makler vermittelt bekommen hat, haben Versicherungsunternehmen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf trotzdem noch eine Beratungspflicht. Sie müssten somit auf alle Kunden der Makler zugehen und überprüfen, ob eine Beratung erfolgt ist und gegebenenfalls noch einmal selbst beraten. Oder aber sie müssen sich vom Makler nachweisen lassen, dass und wie die Beratung und Betreuung des Kunden erfolgt. So würde eine zusätzliche Aufsicht über Versicherungsmakler entstehen. Das ist vollkommen inakzeptabel.
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Denselben Kritikpunkt hat auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme kürzlich geäußert. Es wurde im Gesetz, genauer gesagt in Paragraf 6 Abs. 6 VVG, einfach ein Halbsatz herausgenommen. Könnte es sich nicht um ein Missverständnis handeln? Möglicherweise hat der Gesetzgeber gar nicht bedacht hat, dass sich daraus eine Beratungspflicht für Produktanbieter herauslesen lässt.
Rottenbacher: Man hätte im Referentenentwurf meinen können, dass es ein redaktionelles Versehen war. Aber im jetzigen Kabinettsentwurf ist noch ein Satz in die Gesetzesbegründung aufgenommen worden. An dem erkannt man, dass es Absicht ist: Es steht darin, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgehe, dass es zu Doppelberatungen komme. Nur: Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig. Was in einer Begründung noch gesagt wird, bindet niemanden. In seinem Gutachten hat Prof. Schwintowski diesen Punkt auch deutlich kritisiert. Er mahnt eine klare Regelung im Gesetzestext an. Klarstellungen in der Gesetzesbegründung seinen nicht akzeptabel.