
In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres sind alle wichtigen Anlageklassen mit Rückenwind gesegelt. Aktien und Gold bewegten sich sogar auf Rekordniveau. Lediglich langlaufenden Anleihen ging die Puste aus, da sich das Zinsniveau erhöhte, was die entsprechenden Kurse sinken ließ. Natürlich ist der Blick auf die kommenden Monate interessanter als der in den Rückspiegel. Und da sieht es gar nicht schlecht aus.
Die Konjunktur dürfte weiter Unterstützung liefern. Deutschland scheint sich so langsam aus der Rezession herauszukämpfen. Auch wenn die Wachstumsraten vorerst wohl eher bescheiden bleiben, verliert die größte Volkswirtschaft Europas ihre Wirkung als Bremsklotz. Insgesamt erholt sich hier die Nachfrage nach industriellen Gütern. In den USA wächst die Wirtschaft dynamisch und in China peilt die Regierung weiter ein BIP-Plus von rund fünf Prozent an. Unterm Strich ist das Wachstum der Weltwirtschaft zwar nicht berauschend, aber es ist intakt.
Von der Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken sind ebenfalls positive Impulse zu erwarten, auch wenn sich die Inflationsraten vor allem in den USA nicht so schnell zurückbilden wie gewünscht. Die EZB hat bereits das erste Mal die Leitzinsen gesenkt und dürfte jetzt erst einmal abwarten, was die Fed macht.
Die Terminmärkte sehen eine gut 90-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass es im September in den USA ebenfalls einen ersten Zinsschritt gibt. Dann könnte die EZB nachziehen. Allerdings ist zu erwarten, dass die Leitzinsen höher als vor der Corona-Pandemie bleiben werden, da die Inflation perspektivisch höher sein wird als in den zurückliegenden zehn Jahren.
Positives Aktien-Umfeld
Insgesamt bleiben die Rahmenbedingungen für Dividendentitel damit positiv. Die Kurse dürften in den Sommermonaten aber stärker schwanken, was nicht zuletzt an der Ferienzeit liegt, die für geringere Handelsumsätze sorgt. Nach dem Attentat auf Ex-Präsident Donald Trump scheint derzeit seine Wiederwahl zumindest als wahrscheinlich.
Nach dem Ausstieg Joe Bidens aus dem Rennen um die Präsidentschaft stellt sich die Frage, ob die Demokraten jetzt auf die bisherige Vize-Präsidentin Kamala Harris setzen. Trotz der Unbeliebtheit von Trump in Europa ist festzustellen, dass während seiner ersten Amtszeit die Wall Street ordentlich zugelegt hat. Das gilt allerdings auch für die Präsidentschaft von Biden. Etwas unruhiger dürfte es allerdings werden, wenn die Börsianer die rasant steigende Staatsverschuldung der USA fokussieren. Trump will erneut die Steuern senken.
Gleichzeitig haben sich Anleihen durch die gestiegenen Zinsen zu einer echten Alternative entwickelt. Das spricht auf der Aktienseite für Dividendentitel, deren Renditen weniger schwanken als die von Anleihen.
Dividendentitel hatten sich aufgrund der gestiegenen Renditen zuletzt unterdurchschnittlich entwickelt. Außerdem sind höhere Ausschüttungsquoten zu erwarten, da diese bislang noch niedriger sind als vor Corona. Schon jetzt übersteigt im Stoxx Europe 600 Index die durchschnittliche Dividendenrendite die Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen.
Interessant sind außerdem die Schwellenländer, da diese schneller als die Industriestaaten auf den Inflationsschub reagiert haben, was ihnen jetzt einen größeren Spielraum eröffnet, ihre Wirtschaft zu stimulieren. Bei Engagements in den USA sollten Anleger die hohen Bewertungen auf dem Radar haben. In den vergangenen Jahrzehnten notierte das Shiller-KGV nur zwei Mal höher als zurzeit.
An den Rentenmärkten kommt es in den kommenden Monaten darauf an, ob das Wirtschaftswachstum nachlässt. Vor diesem Hintergrund bieten derzeit Unternehmensanleihen mit guter Bonität und kürzerer bis mittlerer Laufzeit das beste Chance-Risiko-Verhältnis. Insgesamt dürften leicht sinkende Inflationsraten und eine erste Leitzinssenkung der Fed die Anleihemärkte unterstützen.
Gold bleibt aussichtsreich
Das Edelmetall hat in den ersten sechs Monaten in Dollar fast 13 Prozent und in Euro gerechnet sogar mehr als 16 Prozent zugelegt, ist seitdem weiter gestiegen und notiert derzeit auf Rekordniveau. Trotz der gestiegenen Fallhöhe sollte Gold weiter ein fester Bestandteil der Vermögensallokation bleiben. Es bestehen gute Chancen, dass es seinen Kaufkraftverlust durch die Inflation überkompensiert.
Der Ölpreis hängt maßgeblich von der konjunkturellen Entwicklung sowie von den möglichen Verschärfungen politischer Unruhen ab. Vor allem im Mittleren Osten ist die Lage brisant. Insgesamt dürfte die Schwankungen an den Rohstoffmärkten eher zu- als abnehmen.
Bei Total Return Investments dürften sich bei möglichen Marktrückgängen attraktive antizyklische Investitionsmöglichkeiten im Bereich der Prämienstrategien ergeben. Unterm Strich überwiegen bei allen genannten Anlageklassen in der zweiten Jahreshälfte die Chancen die Risiken.
Über den Autor:

Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement bei Albrecht, Kitta & Co. und ist für die Anlegestrategie der Vermögensverwaltung verantwortlich.