Aktien, Anleihen, ESG M&G-Anlagechefin: Welche Investments die größten Renditechancen bieten

Wer als Investor nach den Erfahrungen der vergangenen drei Jahre einen Blick in die Zukunft wagen will, hat mindestens eine Lektion gelernt: Über Erfolg und Rückschläge an der Börse entscheidet nicht unbedingt das Erwartbare, sondern manchmal das genaue Gegenteil. Wir sollten in unsere Überlegungen deshalb auch einbeziehen, welche Ereignisse nicht zu erwarten und auf die wir daher nicht vorbereitet sind. Mit dieser Haltung halten wir uns bewusst eine Tür für alternative Szenarien offen.
Wie bewerten wir also Anfang 2023 die weitere Entwicklung von Inflation und Zinsen? Dieses Thema hat in den vergangenen Monaten die meisten Marktbewegungen bestimmt. Doch während der Inflationsdruck allmählich nachlässt, verlagert sich auch die Perspektive der Anlegerinnen und Anleger. Im Fokus steht nun die Frage, wie stark sich das Wirtschaftswachstum abschwächen wird, ob es zu einer Rezession kommt und wie lange sie andauern wird. Davon wird abhängen, ob Aktien oder Anleihen in diesem Jahr die besseren Karten haben.
Sinkende US-Zinsen unwahrscheinlich
Noch warten die Marktteilnehmer auf klarere Signale und haben es solange mit höherer Volatilität zu tun. Aktuell rechnet man damit, dass die Zentralbanken die Zinsen bis zur Jahresmitte wohl nicht weiter erhöhen und hofft, dass die US-Zinsen im Laufe des Jahres sogar gesenkt werden könnten. Ich halte dies für unwahrscheinlich – es sei denn, es entwickelt sich eine kräftige US-Rezession mit Inflationsraten nahe 2 Prozent.
Das ist allerdings nicht unser Basisszenario. Meiner Meinung nach wird sich die Fed als Reaktion auf solche Markterwartungen als Falke geben. Ansonsten würde sie Gefahr laufen, die monetären Bedingungen de facto zu lockern, indem sie die Zinserwartungen senkt. Damit wiederum würde sie sich die eigene Arbeit erschweren und möglicherweise zu einer stärkeren und längeren Straffung gezwungen sein.
Eine schwere und lange Rezession ist meiner Meinung nach nicht eingepreist, weder global noch regional. Aktuell sprechen die Fakten eindeutig gegen eine panische Angst vor einem Wirtschaftsabschwung: Der S&P 500-Index ist gegenüber dem Stand vor der Coronakrise um etwa 22 Prozent gestiegen. Der Abstand von Höchst- zu Tiefststand liegt bei weniger als der Hälfte der rund 55 Prozent, die in der globalen Finanzkrise 2007 bis 2008 zu Buche standen.
Aktien mögen keine Rezessionen
Falls es jedoch dazu käme, würde der Anleihemarkt vermutlich besser dastehen als der Aktienmarkt. Relativ gesehen überzeugen die Bewertungen und Renditen der Festverzinslichen und schaffen ein Gegengewicht zu den Risiken – und zwar insbesondere, wenn wir davon ausgehen, dass die Inflation zurückgeht und ein Ende der Zinserhöhungen bevorsteht. Andererseits: Sollte die Rezession schwächer ausfallen als erwartet – vielleicht angesichts einer Normalisierung des Energiemarktes –, könnte dieser unerwartete Bonus die Aktienkurse antreiben.