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Aktienkultur „Deutschland gleicht nach wie vor einer Wüstenlandschaft“

in AktienLesedauer: 5 Minuten
Ufuk Boydak, Vorstandsvorsitzender der Fondsboutique Loys: „Kurskorrekturen wie im Februar sollten nicht für prozyklische Verkäufe, sondern unbedingt für Nachkäufe genutzt werden“
Ufuk Boydak, Vorstandsvorsitzender der Fondsboutique Loys: „Kurskorrekturen wie im Februar sollten nicht für prozyklische Verkäufe, sondern unbedingt für Nachkäufe genutzt werden“ | Foto: Loys AG

der fonds: Herr Boydak, wie das Deutsche Aktieninstitut mitteilt, besitzen gut 4,9 Millionen Deutsche im Alter ab 14 Jahren Aktien – 540.000 mehr Menschen als 2016. Auch die Zahl der Besitzer von Aktienfonds und Mischfonds erhöhte sich nach Angaben des Aktieninstituts auf gut 7 Millionen. Bessert sich die Aktienkultur in Deutschland?

Ufuk Boydak: Der Trend ist sehr zu begrüßen, allerdings reicht er bei weitem nicht aus. Wir bewegen uns schließlich erst wieder ungefähr auf dem Niveau vor der großen Finanzkrise. Deutschland gleicht in Sachen Aktienkultur nach wie vor einer Wüstenlandschaft. Langfristig gesehen war stets ein viel zu geringer Teil der Bevölkerung im Aktienmarkt engagiert und insgesamt haben die Deutschen mit rund 9 Prozent einen viel zu geringen Teil ihres Geldvermögens in Aktienanlagen allokiert.

Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern produziert einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden: Der Löwenanteil der Dividenden fließt Jahr für Jahr an ausländische Investoren, die im Falle des DAX rund zwei Drittel der Unternehmensanteile besitzen. Einer breiten Bevölkerungsschicht fehlt durch die Unterinvestition die Rendite der Aktienmärkte für ihre Ersparnisse im Rahmen ihrer Altersvorsorge. Deutschland droht in der Vermögensstatistik der Privathaushalte ein weiterer Abstieg.

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Seit 2003 hat das Aktieninstitut nicht mehr eine solch hohe Zahl ermittelt. Nur im Jahr 2000 und 2001 lagen die Zahlen deutlich höher, unmittelbar vor dem Platzen der Internetblase. Müssen Anleger angesichts der höheren Aktionärszahl wieder bangen?

Boydak: Nein, ganz bestimmt nicht. Dafür ist der deutsche Kapitalmarkt im internationalen Vergleich viel zu klein. Auch lässt sich noch nicht annähernd eine vergleichbare Euphorie wie damals am neuen Markt oder in der Internetblase erkennen. Euphorie und überbordende Spekulation kann bei den Kryptowährungen beobachtet werden.

Im Übrigen hat sich der Anteil der Bürger, die direkt oder indirekt an börsennotierten Aktienunternehmen beteiligt sind, sowie der Vermögensanteil am Gesamtgeldvermögen über die vergangenen 20 Jahre mit etwas Abstand betrachtet eher seitwärts als steil bergauf entwickelt. Wir hinken hier seit jeher dem Ausland hinterher. Die Musik spielt nach wie vor an der Wall Street. Wenn die Börsen hier einbrechen, werden wir in Europa mitgerissen. Wir orientieren uns aber vor allem auf den Wert der Unternehmen. Und hier lässt sich zum Beispiel für Europa feststellen: Die Bewertungsniveaus sind zwar gestiegen aber im heutigen Niedrigzinsumfeld erscheinen ausgewählte Aktien nach wie vor attraktiv. Kurskorrekturen wie im Februar sollten nicht für prozyklische Verkäufe, sondern unbedingt für Nachkäufe genutzt werden.

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