
Ungeachtet der insgesamt fragilen Weltlage gibt es Lichtblicke, die uns optimistisch für die Aktienmärkte stimmen. Inmitten der aktuellen Volatilität eröffnen sich unserer Ansicht nach Chancen, die Streuung der Aktienentwicklung über Sektoren, Regionen und einzelne Unternehmen hinweg zu nutzen. Die schnellen technologischen Fortschritte im KI-Bereich und die Resilienz der Finanzsektoren bringen attraktive Anlagechancen mit sich.
Die künftige Zollpolitik bestimmt die Gewinne
Die Entwicklung der Zollpolitik und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne sind Schlüsselaspekte, die von unserem Anlageteam aufmerksam beobachtet werden. Unser Team setzt sich mit dem Thema Zölle auseinander und hat drei verschiedene Szenarien formuliert, die sowohl die US-amerikanische als auch die Weltwirtschaft in den nächsten sechs Monaten bestimmen könnten (Grafik).
In einem Szenario einer länger andauernden Ungewissheit ist wahrscheinlich eine Fortsetzung der aktuellen Politik mit einem weiterhin trüben wirtschaftlichen Ausblick und einem anhaltenden Zustand der Ungewissheit zu erwarten. Dies würde wahrscheinlich auch zu einem wirtschaftlichen Abschwung führen. Allerdings sehen wir bisher keine Zahlen, die eine wesentliche Schwäche der US-Wirtschaft signalisieren.
Im Gegensatz dazu würde ein Lösungsszenario bedeuten, dass in den kommenden Monaten Handelsabkommen abgeschlossen werden. In diesem Fall würden die Zölle sinken und die Wirtschaft und die Gewinne würden im restlichen Jahr zulegen. Unter diesen Voraussetzungen könnten Anleger im Durchschnitt niedrigere Zölle erwarten. Diese dürften zwar nicht auf den Stand von vor dem „Liberation Day“ fallen, aber dennoch günstigere Bedingungen für steigende Gewinne schaffen. In diesem Umfeld erwarten wir, dass das US-Wachstum im unteren einstelligen Bereich (2,0 bis 3,0 Proent) verharrt; gleichzeitig dürften der nach wie vor starke Arbeitsmarkt und fallende kurzfristige Zinssätze das Gewinnwachstum in den oberen einstelligen Bereich steigen lassen.
Unser letztes Szenario, eine Rezession, ist das problematischste: Es würde eine Eskalation im Zollstreit bedeuten, sodass das Rezessionsrisiko aufgrund des Kosten-, Inflations- und Zinsanstiegs steigen könnte. Dies würde sich wiederum negativ auf die Beschäftigung, die Verbraucherstimmung und die Unternehmensgewinne auswirken.
Szenario 1: Lösung
Eine Rückkehr zu globalen Handelsbedingungen, wie sie vor Januar bestanden, würde Aktien zugutekommen. In diesem Szenario würden kurzfristig Handelsabkommen abgeschlossen, was niedrigere Zölle bedeuten würde und in den nächsten sechs Monaten positive Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gewinne hätte.
Szenario 2: Anhaltende Ungewissheit (möglicher Einbruch der Wirtschaft)
Sollte sich die Aushandlung von Handelsabkommen mit mehreren Ländern in die Länge ziehen, könnte sich der wirtschaftliche Ausblick weiter eintrüben und die Ungewissheit andauern. Die Zahlen signalisieren bisher noch keine wesentliche Schwäche der US-Wirtschaft.
Szenario 3: Rezession
Eine Konjunkturabschwächung würde eine Eskalation im Zollstreit auslösen, sodass das Rezessionsrisiko aufgrund des Kosten-, Inflations- und Zinsanstiegs steigen könnte. Dies würde die Aktienmärkte vor Herausforderungen stellen.
Globale Aspekte
Die Szenarien für die US-Märkte haben weltweite Folgen. Während die USA vor Herausforderungen stünden, wären ihre Handelspartner in einer noch schwierigeren Position.
Europa ruft
Dank der Lockerung der Schuldenbremse in Deutschland und der Steigerung der Ausgaben im Rüstungs- und Energiebereich verbessert sich die Wachstumslage in Europa. Ein beträchtlicher Teil der Investitionsausgaben, bei denen Deutschland führend ist, könnte in die europäische Wirtschaft fließen. Das könnte den Weg für ähnliche Maßnahmen auf dem gesamten Kontinent ebnen und so künftig ein günstigeres Anlageumfeld schaffen. Wichtig ist dabei, dass die vorgesehenen Ausgaben auf Sektoren abzielen, die von der sich entwickelnden wirtschaftlichen Landschaft in Europa profitieren werden. Unternehmenstitel aus den Bereichen Verteidigung, Infrastruktur und Industrie, die an deutschen Projekten beteiligt sind, dürften deutlich zulegen.
Ein zusätzlicher Vorteil für Europa ist die wirtschaftliche Unterstützung durch die Geldpolitik. Zentralbanken in Europa wie die Bank of England und die Europäische Zentralbank haben entsprechende Bereitschaft signalisiert und verfügen über mehr Spielraum für Zinssenkungen zur Unterstützung der Wirtschaft.