LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche

Aktienmarkt Robeco: Wo bleibt die Dampfwalze? Vom Kleingeldsammeln unter Risiko…

Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solutions

Die meisten Anlageklassen haben in den ersten fünf Monaten dieses Jahres eine ordentliche Performance erzielt, sodass die Renditen bisher positiv sein dürften. Trotz der politischen Spannungen, des hohen Bewertungsniveaus von US-Aktien, der unsicheren Konjunkturaussichten und der „falschen“ Jahreszeit (‚Sell in May’) streben die Aktienkurse weiter aufwärts. Das aktuelle Umfeld fühlt sich sehr wie das Aufsammeln von Kleingeld vor einer rollenden Dampfwalze an. Wollen wir das, sollten sich Anleger daher fragen.

Die meisten Anlageklassen haben sich in diesem Jahr bisher recht ordentlich entwickelt:

                                                                                            Quelle: Robeco, Bloomberg

Die Metapher „Kleingeld vor einer Dampfwalze aufsammeln” stammt von Nassim Taleb. Taleb befasst sich mit Zufall und Risiko und beschreibt in seinen Büchern eine Anlagestrategie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geringe Rendite (Kleingeld) erzielen und mit geringer Wahrscheinlichkeit einen sehr hohen Verlust (Dampfwalze) einfahren wird. Taleb ging von der Annahme aus, dass das negative Verlustszenario insgesamt stärker wiegen würde als das aufgesammelte Kleingeld.

„Kleingeld“ ist immer noch rentabel

Letzteres trifft sicher im Fall der Dampfwalze zu, die den sicheren Verlust bedeutet. Doch an den Finanzmärkten hängt vieles davon ab, wie lange man erfolgreich und „unversehrt“ Kleingeld aufsammeln beziehungsweise wie schnell man aus dem Markt aussteigen kann. Wer zur falschen Zeit, also nahe am Höchststand, am Aktienmarkt einsteigt, könnte bei einer Korrektur das Gefühl bekommen, von einer Dampfwalze erfasst zu werden. Seine Verluste dürften die Gewinne wahrscheinlich mehr als aufwiegen. Die längerfristige nominale jährliche Rendite beträgt für die Aktienmärkte insgesamt etwa acht Prozent, so dass der „Kleingeldsammler“ bisher eindeutig der Gewinner ist. Auch wenn das Kleingeldsammeln töricht erscheinen mag, war es in den Nachkriegsjahren in den meisten Märkten eine sehr rentable Strategie. Eine Geldanlage in High-Yield- und Unternehmensanleihen hat Anlegern beständig eine Zusatzrendite (Spread) eingebracht – verbunden mit der Gefahr eines großen Kreditereignisses wie eines Schuldnerausfalls. Abgesehen vom Ölsektor der USA hat es kein großes Kreditereignis gegeben, und die Spreads sind gleichgeblieben oder sogar zurückgegangen.

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Notenbank-Politik sorgt für Marktanomalie

Andererseits ist es an den Aktienmärkten allmählich aufwärts gegangen, auch wenn zeitweise eine gewisse Volatilität herrschte. Und die große Dampfwalze? Fehlanzeige. Viele Beobachter verweisen laut Daalder darauf, dass der Kauf von Volatilität – zum Beispiel durch einen Leerverkauf des VIX-Index – beständig Geld eingebracht hat, während der Verkauf von Volatilität beziehungsweise der Erwerb von Absicherung durch den Kauf des VIX-Index für ständigen Geldabfluss gesorgt hat.

Wir sehen mehrere Gründe für diese Anomalie – allen voran, dass die Notenbanken von einem Hüter der Wirtschaft zu einem Wächter über die Finanzmärkte geworden sind. Darüber hinaus hat eine lange Liste politischer Unwägbarkeiten an den Märkten kaum Bewegungen verursacht. Die Lehre daraus mag sein, dass es am besten war, diese Unsicherheiten einfach zu ignorieren. Das heißt aber nicht, dass das auch für die Zukunft richtig ist. Eine dieser Unsicherheiten kann immer eskalieren.

Abwägen zwischen Chance und Risiko – Europa im Fokus

Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Kleingeldsammelns lässt sich auch beantworten, indem man sich mit folgenden Fragen beschäftigt: Wie groß ist die Dampfwalze, und sammeln wir 1-Cent-, 10-Cent- oder 1-Euro-Münzen auf?

Da die US-Aktienmärkte gegenüber ihren Tiefständen von 2009 um 225 Prozent gestiegen sind – mit Dividendenzahlungen ergibt sich für diesen Zeitraum eine Rendite von rund 18 Prozent pro Jahr – und US-Aktien inzwischen teuer erscheinen, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die leichten Gewinne bereits erzielt wurden. Daher bevorzugen wir eine Übergewichtung europäischer Aktienmärkte, von denen wir uns angesichts einer moderateren Erholung seit 2009 mit einem Anstieg von etwa 80 Prozent und einer annualisierten Gesamtrendite von circa zwölf Prozent größeres Kurspotenzial erwarten. An den US-Aktienmärkten sind weitere Kursgewinne deshalb eng mit dem Wachstum der Unternehmensgewinne verknüpft.

Wir halten eine „gesunde“ Korrektur der Aktienkurse um rund zehn Prozent für das wahrscheinlichste Ergebnis, und nicht etwa das Kommen der Dampfwalze.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion