Volkswirt Hans-Jörg Naumer
Darum ist die Aktienrente ein Renditekiller
Aktualisiert am 01.06.2023 - 10:06 Uhr

Hans-Jörg Naumer leitet die Kapitalmarktanalyse bei Allianz Global Investors. Foto: Allianz Global Investors
Die Aktienrente in ihrer aktuellen Form vernichtet Erträge, ist Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors überzeugt. Warum das so ist und wie Politiker die Altersvorsorge aufpeppen können, sagt der Volkswirt hier.
Die Kritikpunkte an der Aktienrente sind klar: zu klein, staatlich statt privat organisiert und schuldenfinanziert. Aber wie sieht es bei der geplanten Aktienrente mit der Rentabilität aus? Renditeknüller oder Renditekiller, das ist die Frage.
Die Eckpunkte: Über die nächsten 15 Jahre sollen jedes Jahr 10 Milliarden Euro vom Staat in einem Fonds in Aktien angespart werden. In der Erwartung, dass Aktien auch in Zukunft eine deutlich höhere Rendite erbringen, soll mit diesem Polster die gesetzliche Rente aufgepeppt werden. In Anbetracht des sich verschärfenden Methusalem-Komplotts (Frank Schirrmacher) ist das auch dringend notwendig. Aber: Was ist unter Einberechnung...
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Die Kritikpunkte an der Aktienrente sind klar: zu klein, staatlich statt privat organisiert und schuldenfinanziert. Aber wie sieht es bei der geplanten Aktienrente mit der Rentabilität aus? Renditeknüller oder Renditekiller, das ist die Frage.
Die Eckpunkte: Über die nächsten 15 Jahre sollen jedes Jahr 10 Milliarden Euro vom Staat in einem Fonds in Aktien angespart werden. In der Erwartung, dass Aktien auch in Zukunft eine deutlich höhere Rendite erbringen, soll mit diesem Polster die gesetzliche Rente aufgepeppt werden. In Anbetracht des sich verschärfenden Methusalem-Komplotts (Frank Schirrmacher) ist das auch dringend notwendig. Aber: Was ist unter Einberechnung der Schuldzinsen zu erwarten?
Der Staat finanziert die Aktienrente mit Schulden
Da der Staat die jährliche Dotation in Höhe von 10 Milliarden Euro nur mit zusätzlichen Schulden aufbringt, muss beim Ertrag die Rendite nach Finanzierungskosten betrachtet werden. Fällt eine Aktienrendite von durchschnittlich 7 Prozent pro Jahr an, bleiben 5 Prozent netto für den Ertrag – unter Annahme eines Schuldzinses von 2 Prozent.
Doch so einfach ist es nicht. Laut Plänen des Bundesfinanzministeriums (BMF) soll es nicht zu einem Kapitalverzehr kommen. Vielmehr sollen ab „Mitte der 2030er Jahre … Erträge des Generationenkapitals an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeschüttet werden“.
Da ein genaues Datum für den Beginn der Ausschüttungen nicht vorliegt, kann leicht vereinfachend unterstellt werden, dass die Ausschüttung der Erträge nach 15 Jahren erfolgt – also nachdem die geplanten 15 Tranchen einbezahlt wurden. Bei einer Rendite nach Schuldzinsen von 5 Prozent und Reinvestition sind gemäß diesen Annahmen aus den eingezahlten 150 Milliarden Euro bis dahin rund 225 Milliarden Euro geworden. Das entspricht einem Wertzuwachs von etwa 76 Milliarden Euro.
Die Aktienrente steht auf wackeligen Füßen
Bei einer Dividendenrendite von 3 Prozent – wie sie am Aktienmarkt durchaus realistisch ist – könnten dann aus den rund 225 Milliarden Euro knapp 7 Milliarden Euro in das Rentenloch gekippt werden. Zum Vergleich: „Die Leistungen des Bundes zur gesetzlichen Rentenversicherung betrugen im Jahr 2022 über 100 Milliarden“, so das BMF. Da kommen die zusätzlichen Milliarden nicht ungelegen. Aber: Ausreichend sind sie nicht, und sicher schon gar nicht.
Um letzteres zu verstehen, sollten wir noch einmal einen Blick auf die Schuldzinsen werfen. Dank der langen Phase der finanziellen Repression, während der Niedrig- beziehungsweise Negativzinsen vorherrschten, liegen die Refinanzierungskosten des Bundes aktuell im Schnitt bei knapp über 1,3 Prozent. In den Jahren 2008 bis 2020 lagen sie noch bei knapp 2,5 Prozent. In den zehn Jahren vor der Lehman-Pleite beliefen sich die Refinanzierungskosten hingegen auf durchschnittlich 5 Prozent.
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