Aktiv vs. Passiv Fondsmanagement: Wer folgt, kann nicht überholen
Das gab es viele Jahre lang nicht mehr. Während der Ära des Neuen Markts hat man sich die erfolgversprechendsten Börsengänge (IPOs) zugerufen, später über die besten Zertifikate ausgetauscht. Inzwischen jedoch spricht man über börsengehandelte Fonds, die ETFs.
Aktiv gemanagte Fonds bei Anlegern zurzeit im Hintertreffen
Von aktiv gemanagten Fonds wollen zurzeit dagegen nur die wenigsten etwas wissen. Die Argumente dafür sind die niedrigen Kosten der meist indexfolgenden ETFs und dass der Durchschnitt der aktiven Manager ihre Benchmark nicht schlägt.
Dennoch erzielen gute Manager immer wieder die gewünschte Outperformance, das sogenannte Alpha. Das berühmteste Beispiel ist Bill Miller, der in den Jahren 1991 bis 2005 jedes Jahr den S&P 500 übertraf. Auch in den Folgejahren gelang ihm das immer wieder.
Aber warum schaffen das Manager wie er? Vereinfacht gesagt, müssen vier Punkte zusammenkommen:
- ein deutlich von der Benchmark abweichendes Portfolio
- fähige Menschen
- geeignete Strukturen
- ein für den jeweiligen Anlagestil vorteilhaftes Umfeld
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Das gab es viele Jahre lang nicht mehr. Während der Ära des Neuen Markts hat man sich die erfolgversprechendsten Börsengänge (IPOs) zugerufen, später über die besten Zertifikate ausgetauscht. Inzwischen jedoch spricht man über börsengehandelte Fonds, die ETFs.
Aktiv gemanagte Fonds bei Anlegern zurzeit im Hintertreffen
Von aktiv gemanagten Fonds wollen zurzeit dagegen nur die wenigsten etwas wissen. Die Argumente dafür sind die niedrigen Kosten der meist indexfolgenden ETFs und dass der Durchschnitt der aktiven Manager ihre Benchmark nicht schlägt.
Dennoch erzielen gute Manager immer wieder die gewünschte Outperformance, das sogenannte Alpha. Das berühmteste Beispiel ist Bill Miller, der in den Jahren 1991 bis 2005 jedes Jahr den S&P 500 übertraf. Auch in den Folgejahren gelang ihm das immer wieder.
Aber warum schaffen das Manager wie er? Vereinfacht gesagt, müssen vier Punkte zusammenkommen:
- ein deutlich von der Benchmark abweichendes Portfolio
- fähige Menschen
- geeignete Strukturen
- ein für den jeweiligen Anlagestil vorteilhaftes Umfeld
Beginnen wir mit der Frage, warum ein Portfolio deutlich von der Benchmark abweichen muss. Ganz einfach: Wer nur folgt, kann nie überholen – siehe auch passive ETFs.
Die Erklärung liefert die Darstellung auf Seite 19. Die meisten Fonds einer Kategorie tummeln sich eng um den Index, ihre Benchmark. Dagegen sinkt die Zahl der Fonds mit zunehmender Entfernung.
Die Gründe für eine benchmarknahe Positionierung sind mannigfach. Große institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen benötigen diese häufig, um ihren Verpflichtungen gerecht
zu werden.
Und der Asset Manager, der diese Strategien schon im Haus hat, bietet sie gerne Privatkunden an – allerdings zu höheren Kosten. Für den Fondsmanager selbst kann eine große Abweichung von der Benchmark ein Karriererisiko bedeuten – wenn es schiefgeht.
Einigen Managern fällt es schwer, Indexschwergewichte unterzugewichten
Ein Beispiel dazu: Taiwan Semiconductor und Samsung sind mit 9,3 Prozent und 3,9 Prozent Gewichtung zwei große Positionen im Index MSCI Emerging Markets. Kaum ein Fonds dieser Kategorie verzichtet
auf sie. Klar gibt es gute Gründe, in diese Aktien zu investieren, aber hinter vorgehaltener Hand gibt der ein oder andere zu, das Benchmark-Risiko zu scheuen, sie nicht zu haben. Die Outperformance müsse man im hinteren Teil des Portfolios machen.
In der Summe sollten die Portfolios aller Fonds einer Kategorie – vereinfacht gesprochen – mehr oder weniger der Benchmark entsprechen, weshalb auch die Durchschnittsperformance vor Kosten in etwa der Benchmark entsprechen sollte. Die Benchmark-Performance ist in der Grafik ebenfalls schematisch dargestellt (grüngelbe, gepunktete Linie). Berücksichtigt man die Kosten für aktive Fonds, liegt deren durchschnittliche Performance wie auch bei ETFs entsprechend tiefer.
Je weiter die Positionierungen von der Benchmark abweichen, desto größer wird die Streuung der Ergebnisse der Fonds – im Positiven wie im Negativen (blaugraue Fläche). Das zeigt die große Bedeutung eines tatsächlich aktiven Investmentstils und die daraus resultierende Positionierung für eine Outperformance. Zudem ist es hilfreich, niedrige Kosten zu haben.
Tracking Error und Active Share als Indikatoren für Anleger
Doch woran erkennt man als Anleger, dass ein Fonds wirklich aktiv ist? Wie lässt sich aktives Management messen? Hierbei helfen zwei Kennzahlen. Der Tracking Error misst die Abweichung der Wertentwicklung des Fonds von der Benchmark. Je geringer diese Zahl ist, desto näher dürfte die Positionierung an der Benchmark sein.
Wir haben noch selten Fonds gesehen, die eine nachhaltige Outperformance mit einem Tracking Error deutlich unter 5 erzielt haben. Bezeichnenderweise gibt es vielfach interne Vorgaben zur Begrenzung des Tracking Errors.
Das Gegenstück zum Tracking Error ist der Active Share. Er misst die tatsächliche Abweichung der Fondspositionierung von der Benchmark in Prozentpunkten. Diese Kennzahl wird leider viel zu wenig veröffentlicht. Ein hoher Wert steht für aktives Management und damit für die hohe Wahrscheinlichkeit, eine von der Benchmark abweichende Performance zu bekommen. Wie hoch der Active Share sein sollte, hängt auch von der Konstruktion der Benchmark ab.
Mit Werten ab 70 lässt sich bereits eine nachhaltige Outperformance erzielen. Werte über 90 sind dann sehr aktive, Benchmark-unabhängige Manager – mit allen Chancen und Risiken. Am liebsten sind uns Manager, die weder ihren Tracking Error noch den Active Share kennen. Denn sie denken unabhängig von der Benchmark und sind auf die langfristige Performance fixiert.
Welche Kriterien sollte man an einen Fondsmanager anlegen? Gute und sehr gute Manager verfügen über ausreichend Erfahrung und haben bereits den ein oder anderen Börsenzyklus erfolgreich durchgemacht. Der einfachste Beleg dafür ist ein sehr guter Track Record.
Fondsmanager müssen ihrem Stil treu bleiben können
Ihren konsistenten Anlagestil haben sie über die Jahre entwickelt. Das lässt sich im persönlichen Gespräch natürlich am besten eruieren. Je aktiver der Stil ist, umso wichtiger ist der Fit seines Naturells mit seinem Investmentstil. Denn er muss diesem auch in den unweigerlichen Phasen von Underperformance treu bleiben.
Deshalb ist es so wichtig zu prüfen, ob das Portfolio auch dem entspricht, was im Vorfeld versprochen wurde. Hierzu zwei Beispiele: Behauptet ein Manager von sich, dass er besonders auf Bewertungen achtet, darf derzeit nicht die Mehrzahl der Magnificent Seven im Portfolio vertreten sein. Oder ein Fonds, der aufgrund des Anlagestils als ausgesprochen „defensiv“ verkauft wird, darf keine höheren Kursschwankungen haben als der Markt oder große Teile der Konkurrenz. Klingt banal, ist aber alles schon vorgekommen.
Nicht zuletzt sollte man sich ein Bild vom Anreizsystem eines Managers machen. Was treibt ihn an? Investiert er selbst in seine Fonds? Hängt sein Investmenterfolg unmittelbar mit seinem beruflichen und finanziellen Erfolg zusammen?
Damit sind wir bei der Struktur des Asset Managers. Kultur und Vorgaben des Hauses geben den Rahmen. Die verantwortlichen Personen in der Organisation müssen aktive, deutlich von der Benchmark abweichende Positionierungen zulassen und unterstützen.
Sind die Fondsmanager und ausgewählte Mitarbeiter mehrheitlich Inhaber der Firma, ist die nötige Unabhängigkeit im Denken und Handeln gewährleistet. Da man sich dort auf die Kernkompetenzen konzentriert, steht die Performance im Mittelpunkt, und das Angebot an Strategien und Fonds ist überschaubar. Vorteilhaft sind auch Strukturen, die Fondsmanagern als Plattform dienen, um die erforderlichen Freiheitsgrade für Outperformance zu bieten. Ein weiteres Kennzeichen für gute Asset Manager ist eine hohe Corporate Identity der Mitarbeiter, die beispielsweise in einer geringen Fluktuation zum Ausdruck kommt.
Diese Merkmale sind zwar keine Garantie für Outperformance. Anhaltspunkte für die gelungene Auswahl aktiver Manager liefern sie allemal. Da Ausnahmen wie immer die Regel bestätigen, ist es natürlich genauso möglich, eine überdurchschnittliche Performance auch in anderen Strukturen und großen Häusern zu bekommen.
Womit wir beim letzten Einflussfaktor sind, den Börsenzyklen. Anleger wünschen sich eine kontinuierliche Outperformance über alle Phasen hinweg. Doch die gibt es nicht. Das Anlageumfeld ändert sich kontinuierlich. In der Summe sollten deshalb die guten Phasen die schlechten deutlich überwiegen. Dafür müssen sich auch Manager immer wieder anpassen, ohne ihren Prinzipien untreu zu werden.
Börsenzyklen haben alle zwei Dinge gemein. Zum einen wechselt das Narrativ der Anleger von einer demütigen, stärkeren Fokussierung auf das Hier und Jetzt zu einem übermütigen, nahezu ausschließlichen Blick in die Zukunft. Dabei werden immer wieder neue Favoriten an der Börse gehandelt. In der Grafik signalisieren dies die beiden Ränder, einerseits Value (Gegenwart) und andererseits Growth (Zukunft).
Zum anderen ist in jeder Endphase einer Hausse eine zunehmende Konzentration auf wenige große Titel zu beobachten. Die Kurse dieser Börsenlieblinge steigen immer höher und damit auch deren Marktkapitalisierung, die das Gewicht im Index bestimmt. Wachsen die Erwartungen schneller, als die Firmen liefern können, besteht die Gefahr einer Blasenbildung.
Zu beobachten war dies in den 1960er und 1970er Jahren mit den damals Nifty Fifty genannten Aktien, im Boom der japanischen Börse Ende der 1980er Jahre, bei der Technologieblase zur Jahrtausendwende und den Emerging Markets vor rund 15 Jahren. Derzeit können wir wieder extreme Konzentrationen beobachten. Im ersten Halbjahr 2024 kletterte der Aktienindex S&P 500 um 15,1 Prozent. Allerdings waren 70 Prozent der Indextitel schlechter als der S&P 500, 40 Prozent lagen sogar im Minus. Dank des hohen Gewichts der USA im MSCI World schlägt dies auch dort durch.
In solchen Phasen verspüren aktive Manager Gegenwind vom Markt, weil die Konzentration auf wenige Titel die Chancen auf eine Outperformance mit einem diversifizierten Portfolio reduziert. So schafften es 2023 laut einer Scope-Studie lediglich 29,8 Prozent der Manager von US-Aktienfonds, den Index MSCI USA zu schlagen. Der US-Markt ist ohnehin der schwierigste für aktives Management, weil er der transparenteste und liquideste ist. In einem solchen Umfeld sind passive ETFs von Vorteil.
Doch irgendwann endet die Dominanz der großen Titel im Index. So war es bislang immer, und so wird es auch diesmal sein. Dann beginnt eine neue Phase, in der wieder mehr Aktien besser abschneiden als der Index und kleinere Werte sowieso. Für aktive Manager bedeutet dies Rückenwind, denn sie können im Gegensatz zu einem passiven ETF auch Titel ins Portfolio aufnehmen, die nicht im Index sind.
So war es nach dem Platzen der Technologieblase in den Nullerjahren. Seinerzeit haben sehr viele global anlegende Fonds europäischer Manager dank Home Bias und einer ordentlichen Beimischung günstiger europäischer Nebenwerte den MSCI World hinter sich gelassen. Abzulesen ist dies an der hohen Outperformance der aktiven Fonds, die 122,7 Prozent Wertzuwachs in den Jahren 2003 bis 2007 erzielten (siehe Grafik oben).
Der Index MSCI World kam lediglich auf 60,9 Prozent. ETFs auf den MSCI World waren damals Ladenhüter. Diese Phase nach den übertriebenen Bewertungen war auch ein gutes Umfeld für Value-Investoren. Entsprechend lag die Entwicklung von globalen Value-Fonds rund 10 Prozentpunkte über der von Growth-Fonds.
Das drehte sich in der Phase expansiver Geldpolitik nach der Finanzkrise um. Die sinkenden Zinsen sollten die Wirtschaft ankurbeln. Sie hatten aber auch großen Einfluss auf die Bewertung von Unternehmen. Je niedriger der Zins, desto höher der Wert der abdiskontierten, künftigen Gewinne. Dies begünstigt wachstumsstarke Unternehmen und Fonds, die in solche investieren.
Folglich schafften global investierende Growth-Manager in den Jahren 2015 bis 2019 mit 52,1 Prozent eine weit bessere Performance als Value-Manager mit 30,1 Prozent. Manager, die in dieser Phase aus Bewertungsgründen auf die Börsenlieblinge verzichten oder sie nur mit geringer Gewichtung im Portfolio halten, hatten kaum Chancen, vorn dabei zu sein.
Deren Zeit kam allerdings im Jahr 2022, als der Zinsanstieg die Bond- und Aktienmärkte ordentlich durchschüttelte. Damals lagen Value-Fonds vor dem Weltindex und weit vor Growth-Fonds. Dies lag auch daran, dass sie häufig mehr Aktien außerhalb der USA im Portfolio halten. Diese Titel sind meist niedriger bewertet. Seit die KI-Fantasie die Märkte beflügelt hat, liegen Growth-Fonds wieder vorn.
Ob aktiv oder passiv besser ist, hängt von vielen Dingen ab und kann zeitvariabel sein. Mit einem passiven ETF bekommt man in etwa die Index-Performance. Will man mehr und hat einen längeren Anlagehorizont, greift man zu aktiven Fonds. Deren Performance ist die Summe aus den Fähigkeiten des Managers, seiner Art zu investieren, der Struktur, in der er agiert, und dem Marktgeschehen, das eine Wildcard darstellt.
Die Auswahl und das Monitoring guter Manager sind zwar keine Wissenschaft, bedürfen aber Zeit und Interesse. Ist beides nicht vorhanden, dürfte die Investition in einen ETF eine bessere Alternative zum Fonds des Monats am Bankschalter sein.
Über den Autor:
Alexander Orthgieß ist Fondsmanager und gründete 2019 Bagus Capital, die mit dem Bagus Global Balanced einen vermögensverwaltenden Dachfonds im Angebot haben.