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Analyse des Markts der in Deutschland erhältlichen aktiven ETFs

Aktive ETFs sind in den USA ein Kassenschlager, in Deutschland ist diese Produktgruppe allerdings immer noch wenig bekannt. Sie habe jedoch durchaus gute Aussichten auf Wachstum, sagen Analysten von Scope Analysis. Das Interessante an der Aussage: So ähnlich formulierten es die Analysten bereits in einer früheren Untersuchung im vergangenen Jahr. Anders als damals schränkt man bei Scope jedoch mittlerweile ein: Dass die „ETFs 3.0“ ihr Potenzial in den kommenden Monaten hierzulande entfalten, sei „noch nicht ganz abzusehen“.
Was ist passiert – beziehungsweise: Wieso ist auf dem Feld der aktiven ETFs so wenig passiert?
Das machen aktive ETFs
Aktive ETFs sind quasi die dritte Generation von Produkten in einer ETF-Hülle (ETF = Exchange Traded Fund, börsengehandelter Investmentfonds). Die Scope-Analysten sprechen auch vom „ETF 3.0“. Als ETF 1.0 bezeichnen sie die ursprünglichen Indexfolger, die einfach eine Benchmark wie etwa den MSCI World nachbilden. Als ETF 2.0 bezeichnen sie die sogenannten Smart-Beta-ETFs: Diese bilden ebenfalls einen Index nach, folgen beim Portfolioaufbau jedoch speziellen Regeln, zum Beispiel gewichten sie alle Werte gleich oder geben dividendenstarken Titeln ein Übergewicht.
Bei ETF 3.0, den aktiven ETFs, können Portfoliomanager dagegen auch spontan auf Marktereignisse reagieren und ihre Allokation anpassen. Aktive ETFs können mitunter sogar in Unternehmen investieren, die in ihrer Benchmark gar nicht vorkommen. Ziel ist es dabei, die Benchmark zu übertreffen. Bei aktiven ETFs handelt es sich mithin um aktives Management mit automatisierten Elementen, das in einer ETF-Hülle angeboten wird.
Ein besonders bekannter aktiver ETF ist der Ark Innovation ETF von US-Investorin Cathie Wood. Im Tech-Rausch der ersten Corona-Jahre erlebte der Fonds eine furiose Rally, mehr als 150 Prozent Kursplus machte er allein 2020. Fondsmanagerin Wood avancierte zur vielbeachteten Starmanagerin. Nach dem Tech-Crash 2022 ist es hierzulande mittlerweile wieder stiller um den Fonds geworden.
Erster aktiver ETF 2011 aufgelegt
Auch wenn sie in Deutschland noch nicht allzu lange im Gespräch sind: Aktive ETFs gibt es auch hier seit mehr als zehn Jahren, erinnert man bei Scope. Das erste Produkte war demnach der Pimco US-Dollar Short Maturity (ISIN: IE00B67B7N93).
Bis heute existieren hierzulande jedoch gerade einmal 62 aktive ETFs. Scope listet 37 aktien- und 25 rentenbasierte Produkte auf. Das ist wenig, wenn man demgegenüber allein die rund 2.000 ETFs betrachtet, die an der elektronischen Börse Xetra gelisteten sind.
Gesamtzahl aktiver ETFs am deutschen Markt

Unter den Anbietern aktiver ETFs tun sich laut Scope vor allem JP Morgan Asset Management, Fidelity, Ossiam und Pimco hervor. Die vier Gesellschaften betreiben zusammen 90 Prozent aller in Deutschland verfügbaren Produkte. Darüber hinaus bieten außerdem Invesco, First Trust, Franklin Templeton und Axa jeweils mehrere und Abrdn, Vaneck, HSBC und Han-ETF jeweils ein Produkt an.
Auch beim verwalteten Vermögen sind aktive ETFs weiterhin in der Nische unterwegs. 26,4 Milliarden Euro vereinten Stand Ende Juni alle 62 aktiven ETFs auf sich. Dabei unterscheiden sich die Fonds in ihren Volumina deutlich. Schwergewicht Nummer eins, der Ossiam Shiller Barclays Cape US Value (LU1079841513), verwaltet rund 3 Milliarden Euro. Im kleinsten Produkt, dem auf Währungen fokussierten First Trust Factor FX Ucits ETF (IE00BD5HBQ97), stecken gerade einmal zwei Millionen Euro. Scope gibt zu bedenken: Die Fonds dürfen nicht zu klein sein, sonst lohnt sich der Aufwand des aktiven Managements nicht. Nicht zuletzt das könnte der Grund sein, warum einige aktive ETFs in den vergangenen Jahren wieder geschlossen wurden.
Im Median verwalten aktive ETFs heute immerhin 130 Millionen Euro. „Dies liegt über der wichtigen Schwelle von 100 Millionen Euro, ab der Fonds gemeinhin für die breite Anlegerschaft interessant werden und auf dem Radar von Fondsselektoren erscheinen“, erkennt man bei Scope an.
Was hindert nun aktive ETFs daran, sich im deutschen Markt umfassender zu behaupten?
Bei Scope sieht man dafür vor allem zwei Gründe: Viele Produkte sind noch recht frisch. So haben 26 der 62 analysierten Fonds noch keine drei Jahre auf der Uhr – aus Investorensicht eine wenig aussagekräftige Historie. Das andere Problem sehen die Analysten im Vertrieb: Die meisten Produkte stammen von unabhängigen Asset Managern. Da keine Bank oder Versicherung im Hintergrund steht, können sie kaum hauseigene Vertriebskanäle wie etwa eigene Bankfilialen nutzen.
Noch schwerer dürfte jedoch wiegen, dass die Produktkategorie ETF – und damit auch aktive ETFs - ohne Abschluss- oder Bestandsprovisionen daherkommen. Für den mehrheitlich mit Provisionen arbeitenden deutschen Vertrieb besteht daher wenig Anreiz, statt aktiven Fonds ausgerechnet aktive ETFs zu verkaufen. Auf den Kickbacks der Produktgeber fußen hierzulande die meisten Geschäftsmodelle.
Aus Anlegersicht kann sich ein Investment immerhin lohnen, zunächst von der Kostenseite betrachtet: Aktive ETFs lassen sich preislich mit anderen ETFs vergleichen. Ihre Gebühren-Range liegt zwischen mikroskopischen 0,05 Prozent und Smart-Beta-ähnlichen 0,85 Prozent.
Auch die Performance braucht sich nicht zu verstecken: Der erwähnte Ossiam-ETF etwa glänzte per Ende Juni mit einer annualisierten Fünf-Jahres-Performance von 14,88 Prozent.
Die zehn größten aktiven ETFs per Ende Juni 2023

Aktive ETFs – Markt mit Wachstumsaussichten
Fairerweise sollte erwähnt werden, dass die Erfolgsstory von ETFs in den USA auch stark von marktspezifischen Gegebenheiten geprägt ist: In den USA versprechen ETFs Anlegern einen Steuervorteil. Nichtsdestotrotz bieten auch hierzulande aktive ETFs eine „Chance auf Mehrrendite bei gleichzeitig niedrigen Kosten“, betont man bei Scope. Die Analysten bescheinigen der Fondskategorie daher auch in Deutschland noch viel Potenzial. Zwar dominierten unter den ETFs weiterhin passive Strategien. Jedoch würden Investoren zunehmend erkennen, „dass die ETF-Hülle auch für aktiv verwaltete Strategien geeignet ist“, so die Analysten. Dabei beruft sich Scope auf eine ETF-Umfrage des Analysehauses Trackinsight, das gerade bei europäischen Anlegern verstärktes Interesse registrierte.
Die größten Wachstumschancen sieht man bei Scope einerseits im institutionellen Vertrieb. Dort könnte man noch abwarten wollen, bis einzelne Produkte die nötige Zahl an Jahren gesammelt hätten – um dann umfassender einzusteigen. Andererseits könnten aktive ETFs auch für Privatanleger spannend sein. Größte potenzielle Erfolge sieht Scope hier bei Selbstentscheidern, also Privatanleger, die direkt über Fondsplattformen investieren. Für diese spielt die Frage nach der Vertriebsvergütung immerhin keine Rolle.