Goldman-Sachs-Expertin erklärt Deshalb ist aktives Management unverzichtbar

Inflation, steigende Zinsen, Kursrally bei Energie- sowie Rohstoffunternehmen und Abverkauf bei Technologiewerten: Das sind die Themen, die in den vergangenen Wochen und Monaten die Marktteilnehmer beschäftigt haben. Die Event-Branche stand weniger im Fokus – vielleicht aber zu Unrecht. Denn wir sind überzeugt: Mit dem Abklingen der Coronapandemie strömen die Musikfans wieder in die Arenen und Konzerthallen. Daher haben wir bereits vor einiger Zeit in einen europäischen Konzertveranstalter investiert.
Die aktive Suche nach Renditechancen wird in den kommenden Monaten noch wichtiger werden. In den vergangenen mehr als eineinhalb Jahren ließen sich in nahezu allen Anlageklassen kräftige Beta-Renditen erzielen; die Kurse stiegen auf breiter Basis. Das dürfte sich angesichts des herausfordernden Umfelds jedoch ändern: Fast zwei Jahre lang tendierten die Leitzinsen in den Industrieländern nach unten und unterstützten damit höhere Aktienbewertungen. Die lockere Geldpolitik hat zu starken Unternehmensgewinnen und Margen beigetragen.
Inflation und steigende Zinsen schaffen ein neues Marktumfeld

Diese Zeiten sind nun vorbei. Aufgrund des Krieges in der Ukraine, der hohen Inflationsraten und der damit verbundenen geldpolitischen Straffung sind die Aktienmärkte massiv unter Druck geraten. Der globale Industrieländer-Aktienindex MSCI World hat seit Jahresbeginn rund 15 Prozent an Wert verloren, sein Schwellenländerpendant MSCI Emerging Markets gab um 19 Prozent nach. Besonders hart traf der Abverkauf stark wachsende Technologiekonzerne. Der technologielastige US-Index Nasdaq 100 liegt seit Januar mit 21 Prozent im Minus. Der Grund liegt darin, dass Wachstumsunternehmen am empfindlichsten auf steigende Zinserwartungen reagieren. Denn mit ihnen erhöht sich der Abzinsungssatz auf die in der Zukunft erwarteten Cashflows – was ihren Wert in der Gegenwart verringert.
Angesichts der zahlreichen Risikofaktoren könnte das Kapitalmarktumfeld zunächst schwierig bleiben, bevor es zu einer Trendwende kommt. Zwar sind die Aktienbewertungen bereits deutlich gesunken – sollten die Zinsen aber höher steigen als von den Marktteilnehmern erwartet, sind weitere Verluste möglich.
Wie sollten Anleger in einer solchen Situation handeln? Zunächst gilt: Ruhe bewahren und nicht überstürzt agieren. Denn den richtigen Aus- und Einstiegszeitpunkt zu treffen, ist selbst für professionelle Investoren kaum möglich. Und wenn man ihn nur um wenige Tage verpasst, kann das bereits Rendite kosten. Anleger sollten daher investiert bleiben – und auf Unternehmen setzen, die sich im inflationären Umfeld möglichst gut behaupten sowie langfristig von Zukunftstrends profitieren können. Mit anderen Worten: In die Gewinner der Disruption investieren und die Verlierer meiden.
Damit das gelingt, scheinen uns insbesondere Alpha-Strategien sinnvoll. Diese können Wertpapiere aus einem breiten Spektrum auswählen und sämtliche Sektoren und Regionen weltweit berücksichtigen. Dadurch profitiert das Portfolio gleichzeitig von den Diversifikationsvorteilen eines aktiven Ansatzes. Denn bei nach Marktkapitalisierung gewichteten passiven Indizes sind Anleger aus unserer Sicht übermäßigen Risiken ausgesetzt: Fünf Aktien stellen rund 23 Prozent des Börsenwerts vom US-amerikanischen S&P 500, im MSCI Emerging Markets haben Staatsunternehmen einen Anteil von 18 Prozent und ungefähr ein Drittel der Unternehmen im US-Small-Cap-Universum wirft keinen Gewinn ab.
Innovative Unternehmen können von Inflation profitieren
Um langfristig Alpha zu generieren, setzen wir weiterhin auf innovative Unternehmen beispielsweise aus den Bereichen Konsum, Technologie und Healthcare. Natürlich könnten kurzfristig die Schwankungen auch dort hoch bleiben. Langfristig aber sollten die Unternehmen von den wichtigsten Wachstumstreibern wie technologischer Innovation, ökologischer Nachhaltigkeit, moderner Gesundheitsfürsorge und neuen Konsumgewohnheiten profitieren. Darüber hinaus scheinen sie gut für ein inflationäres und geopolitisch volatiles Umfeld positioniert.
Bei hoher Inflation versuchen Unternehmen, die gestiegenen Inputkosten an ihre Kunden weiterzugeben. Das kommt Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht zugute. Wenn beispielsweise eine Firma in Cybersicherheit investieren muss, werden sie geringfügig höhere Preise wohl nicht davon abhalten.
Ebenfalls profitieren können Unternehmen, die innovative Lösungen zur Steigerung der Produktivität und Senkung der Kosten zur Verfügung stellen. Langfristig gesehen haben Innovationen insofern eine deflationäre Wirkung, als dass Unternehmen mit neuen Technologien steigende Löhne oder Rohstoffpreise ausgleichen können. Da die Teuerung voraussichtlich auf absehbare Zeit erhöht bleiben wird, dürften entsprechende Investitionen weiter steigen. Dafür sprechen auch die Ergebnisse einer Umfrage unter 100 Unternehmenslenkern aus dem vierten Quartal 2021: Im Durchschnitt erwarten sie 2022 ein Wachstum ihrer externen IT-Budgets um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das liegt deutlich über dem 10-Jahres-Durchschnitt von 4,1 Prozent. Im Fokus stehen Lösungen im Bereich Cloud Computing und Cybersicherheit sowie Automatisierungssoftware. Ebenfalls interessant sind aus unserer Sicht technologiegetriebene Innovationen im Gesundheitswesen, die die Versorgung der Patienten verbessern und gleichzeitig günstiger machen. Dazu gehört unter anderem robotergestützte Chirurgie.