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Aktualisiert am 08.09.2022 - 16:27 Uhrin UnternehmenLesedauer: 8 Minuten

Alexander Barion im Gespräch „Treuhänder für Kundengelder sollten transparentes Marketing machen“

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Morgens den Wagen tanken für über 2 Euro pro Liter, ein teures Mittagessen an einem schlechten Imbiss, deutlich über 100 Euro für einen Familieneinkauf im Supermarkt – und die Gas- oder Stromnachzahlung hat sich gewaschen. Das wäre die durchgerockte Werbebotschaft – und das ist aktueller Alltag. Anders gefragt: Muss es erst wehtun, bis deutsche Sparer aktiv werden?

Barion: Das glaube ich nicht. Ich würde hier eher an meine Antwort oben anknüpfen. Kunden sind schlau genug, um zu verstehen, wie man Geld sinnvoll anlegt. Oft ist einfach die Kommunikation nicht attraktiv genug, um sie zu aktivieren. Zu abgehoben, zu irrelevant, zu trocken. Auch im B2B-Bereich. Die Botschaft kann noch so richtig sein, wenn ich nichts dabei fühle, ist sie mir egal. Anders formuliert: In den allerseltensten Fällen erinnere ich mich wirklich an das, was gesagt wurde. Aber das Gefühl, das ich hatte, als ich das Gesagte gehört habe – das bleibt. Hier sehe ich den Schlüssel zu guter Kommunikation. Angst und der Fokus auf das Problem können zwar Produkte verkaufen. Angstgetriebene Kommunikation schafft aber sehr selten Vertrauen in die Marke. Vertrauen schafft der, der auf Augenhöhe kommuniziert und das Gefühl anspricht.

Was wollten Sie als Kind werden?

Barion: Cowboy. Dann Opernsänger. Dann Lehrer für Geschichte und Deutsch.

 

 

 

Warum das denn, und warum nun Marketing?

Barion: Bonanza hat meine frühe Kindheit geprägt. Aber Cowboy ist irgendwie brotlos, und ich habe eine Pferdehaarallergie und Heuschnupfen. Beides ist in der Prärie nicht so richtig gut. Opern schaffen etwas ganz Erstaunliches: Ein vermeintlich altmodisches Medium transportiert im 21. Jahrhundert zeitgemäße Themen und Emotionen und trifft das Publikum ins Herz. Allerdings fehlt mir für den Opernsänger das Talent. Geschichte ist spannend, und der Umgang mit der deutschen Sprache macht Spaß. Aber nachdem ich in meinem Umfeld oft genug gehört habe, dass ihnen die Schüler leidtäten, wenn ich sie unterrichten würde, habe ich mich auch hier eines Besseren belehren lassen. Was blieb, ist Begeisterung für andere Themen, der Anspruch Menschen anzusprechen und im Idealfall etwas bei ihnen zu bewirken und eine gewisse Neigung, mit der deutschen Sprache umzugehen. Da passt Marketing recht gut.   

Und nun auch noch Marketing in einer Branche, die man nicht schmecken, hören, malen oder anfassen kann, echt, Finance?

Barion: Das war die beste Entscheidung. Ich bereue nichts. Der Bedarf an Kommutationsexperten, die ein vermeidlich trockenes Thema intellektuell durchdringen und dann vermitteln, ist riesig. Der Anspruch sowohl produktseitig als auch kommunikationsseitig hoch. Die Herausforderung, in einem regulierten Umfeld den Unterschied zu machen, reizt mich nach wie vor. Dazu kommt mein persönlicher Anspruch authentisch zu sein und ehrlich zu kommunizieren, Werte erlebbar zu machen und zu vermitteln in einer Industrie, die in der öffentlichen Wahrnehmung nur dem „schnöden Mammon“ dient.

Natürlich ist es mein Job unsere Produkte zu vermarkten, und Fidelity will selbstverständlich Geld verdienen. Unser Geschäftsmodell ist die Vermögensverwaltung. Ich denke, als Treuhänder für Kundengelder sollte man eine sinnstiftende Kommunikation und ein transparentes Marketing machen. Erst recht in einer Zeit, in der Euphemismen sehr unmodern geworden sind und noch nie so viel Klartext notwendig war – und auch nachgefragt wird.

Was ist der Unterschied zwischen Wert und Preis?

Barion: Der Wert ist das, was ich bereit bin für eine Dienstleistung oder ein Produkt zu zahlen. Preis ist, was andere für ihre Produkte und Dienstleistungen erhalten wollen. Im Idealfall übertrifft der Wert den Preis. Das schafft man als Anbieter nur, wenn man neben rationalen Argumenten auch das Gefühl anspricht.

Jeder ist käuflich – kommt nur auf die Summe an. Habe ich recht?

Barion: Vermutlich ist da was dran. Daher ist ein Wertegerüst wichtig. Ich für mich habe Dinge definiert, die nicht verhandelbar sind. Das heißt nicht, dass ich ausschließlich stolz bin auf alles, was ich je gemacht habe. Aber es gibt klare Grenzen, die sich aus meinem humanistisch-christlichen Weltbild heraus ergeben, die ich nicht überschreiten will. Einseitige Kommunikation zu den Vorteilen von Kryptowährungen zum Beispiel, um einen banaleren, beruflichen Kontext zu geben.

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