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Von Aktualisiert am in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 9 Minuten
Alfred Platow
Alfred Platow: Der Ökoworld-Gründer während des Mannheimer Fondskongresses | Foto: Iris Bülow

Alfred Platow, einer der Pioniere der nachhaltigen Geldanlage, ist nicht mehr Vorstandschef seiner selbst gegründeten Fondsgesellschaft Ökoworld. Der Aufsichtsrat hat ihn „mit sofortiger Wirkung“ von seinen Aufgaben entbunden, Platow wurde quasi hinausgeworfen. Das vermitteln eine Ad-hoc-Mitteilung und eine Pressemitteilung, die Ökoworld am Freitag, 4. August, veröffentlicht hat. Die Entscheidung sei bereits am 13. Juli gefallen. Man wolle Platow „vorzeitig aus wichtigem Grund“ als Vorstandschef abberufen, „sofern er sein Amt nicht kurzfristig niederlegt“, teilt Ökoworld mit.  

 

Die Trennung erfolge „aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Unternehmens“. Die Ad-hoc-Mitteilung an die Aktionäre der börsennotierten Gesellschaft formuliert es noch konkreter: „Hintergrund sind tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und den weiteren Mitgliedern des Vorstands sowie zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und dem Aufsichtsrat der Gesellschaft über die Führung der Geschäfte der Gesellschaft.“

Ein Hinauswurf mit Rumms.

Ökoworld war ein Pionier der nachhaltigen Geldanlage 

Das Thema Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde, auch auf dem Feld der Geldanlage. Das war nicht immer so. Umweltverträglich und mit Blick auf sozialen Ausgleich zu investieren, ist ein vergleichsweise junges Phänomen – auch wenn viele Fondsgesellschaften nicht müde werden, heute für sich selbst das Gegenteil zu reklamieren. Das Thema spiele im Unternehmen bereits seit 20, 30 oder auch 50 Jahren eine tragende Rolle, heißt es dann etwa.

Das mag mancherorts stimmen. Kaum eine Fondsgesellschaft steht jedoch so langjährig und klar für das Thema Nachhaltigkeit – konkret den Umweltschutz – wie Ökoworld. Die Gesellschaft ist im nordrhein-westfälischen Hilden anssäsig, das 2.150-Einwohner-Städtchen liegt im Kreis Mettmann.

Ökoworld gibt es seit 1975, zumindest ist der Vorläufer der Firma schon so alt. Das Haus schien quasi untrennbar verbunden zu sein mit dem Namen Alfred Platow, dem Gründer und bis zum jüngsten Aufsichtsratsbeschluss noch Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft.

Die Erfolgsgeschichte von "Alfred & Klaus"

Den Grundstein zu Ökoworld legte Platow 1975 zusammen mit einem Studienkollegen, dem Mathematiker Klaus Odenthal. Zusammen machten die beiden damals besten Freunde die „Alfred & Klaus – kollektive Versicherungsagentur“ auf. Zielkunden des Beratungsunternehmens sollten ökologisch orientierte Betriebe und Umweltorganisationen sein. Das Konzept unter dem Unternehmensmotto „Wir sind eine Familie“ ging auf, man habe bald eine Warteliste führen müssen, um den Kundenanfragen gerecht zu werden, erinnert sich Platow später.

1987 wurde das Unternehmen in „Versiko“ umbenannt, die GbR wurde zeitgleich zur GmbH umfirmiert. Alle Mitarbeiter seien zunächst gleich bezahlt worden – bis 1994. Zudem seien auch die die Diskussionen immer komplizierter geworden, man habe irgendwann nicht mehr alles im „Familienrat“ beschließen können, erinnerte sich Platow Jahre später.

Spätestens als Versiko 1995 zur Aktiengesellschaft wurde, war die Arbeits- und damit auch Machtverteilung im Unternehmen den Regeln eines modernen Wirtschaftsbetriebs angeglichen worden. 1999 folgte der Börsengang. Die Gesamtgesellschaft wurde in Ökoworld umbenannt.

Und die Fonds? Gehen auf das ab 1987 zunächst als Verein geführte Versorgungswerk „Ökowerk“ zurück. Interessierten Unternehmen hatte Platow zugesichert, das anvertraute Geld nachhaltig anzulegen. Da sich die Produktsuche jedoch als schwierig erwies, wurden Platow und Odenthal selbst aktiv.

„Wir waren geradezu euphorisch“

Quelle Fondsdaten: FWW 2025

1996 nahm die zwischenzeitlich gegründete Fondsgesellschaft Ökovision Lux (inzwischen Ökoworld Lux) ihren Betrieb auf. Noch im selben Jahr startete der erste Fonds, der Ökovision Classic, dessen Volumen schnell anwuchs. „Wir waren geradezu euphorisch und haben ordentlich gefeiert, mit Häppchen aus dem Naturkostladen“, erinnerte sich Platow später im Gespräch. Aus Versiko und Ökovision wurde schließlich Ökoworld.

Unter dem gemeinsamen Dach agieren die Versiko Vermögensverwaltung, die Fondsgesellschaft Ökoworld sowie TROTS (The Return of the Sun), die eigenes Vermögen der Unternehmensgruppe verwaltet. Ökoworld managt fünf Fonds. Neben dem Ökovision auch die Fonds Ökoworld Klima, Water for Live, Rock-n-Roll-Fonds sowie Growing Markets 2.0.

Ökoworld-Gründer Platow hat sich seit der Firmengründung als meinungsstarker Profianleger einen Namen gemacht. Beim Investieren stellte er weiter unbeirrt das zeitweise auch unpopuläre Thema Nachhaltigkeit ins Schaufenster. „Wir streiken schon seit 1995 und das nicht nur freitags“, beharrte Platow 2020 in einem Interview mit DAS INVESTMENT. Die aus dem Boden sprießenden Nachhaltigkeits-Ratings, selbst von anerkannten Anbietern wie Morningstar oder FNG, halte er für reines „Marketing“, ließ er in einem Interview jüngst verlauten. Bei dem Interviewtermin Mitte Juli war sein bevorstehender Abgang noch kein Thema gewesen. 

Mittlerweile liegt Platows Herzensthema Nachhaltigkeit voll im Mainstream. Gefühlt geht nichts mehr, ohne dass Nachhaltigkeitswirkungen mitzudenken sind, auch an den Kapitalmärkten. Der Ökoworld-Gründer Platow selbst kam als Persönlichkeit indessen nicht im Mainstream an. Mit seinen Positionen galt er mancherorts im Umgang als schwierig.

Platows Ärger mit der "Letzten Generation" 

2023 folgte ein Schritt, der Platow echten Ärger einbrachte und der sich auch finanziell negativ auf das Unternehmen auswirkte: Im Mai kündigte Ökoworld in der Person Platow an, Aktivisten der „Letzten Generation“ unterstützen zu wollen. Man wolle Strafgebühren, die etwa wegen Festklebens auf Straßen verhängt würden, gegen Nachweis „zu 100 Prozent“ übernehmen.

Es folgte ein Shitstorm. Ökoworld-Mitarbeiter seien öffentlich persönlich angegriffen worden, teilte die Gesellschaft später mit. Platow ruderte daraufhin zurück: „Nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien waren meine Aussagen und deren Veröffentlichung in dieser Form nicht angemessen“, räumte er nur zwei Tage später in einer Stellungnahme ein. Er habe weder zu Straftaten aufrufen noch das Gesetz relativieren wollen. Statt einzelne Aktivisten zu unterstützen, wolle er 20.000 Euro in den Umwelt-Treuhandfonds (UTF) überweisen. Das Geld stamme weder aus dem Vermögen der Gesellschaft noch aus den Ökoworld-Fonds, betonte Platow.

Da war das Kind jedoch schon in den Brunnen gefallen: Anleger zogen umfangreich Geld aus Ökoworld-Fonds ab. Im ersten Halbjahr 2023 verloren die Vehikel des Hauses knapp 67 Millionen Euro, allein der rund zwei Milliarden Euro schwere Ökovision Classic büßte 35 Millionen Euro ein. Analysten der Ökoworld-Aktie setzten ihre Verkaufsempfehlungen in der Folge aus und stellen das Papier auf „Hold“.

Es habe in der Vergangenheit immer wieder Gerüchte über einen geplanten Verkauf des Unternehmens Ökoworld oder von Anteilen der Gesellschaft gegeben, berichten Branchenkenner – ohne dass eine Transaktion vollzogen worden wäre.

Personeller Umbau bei Ökoworld 

Auch personell war bei Ökoworld in den vergangenen Monaten einiges im Umbruch: Im vergangenen September verlor das Unternehmen sein Investment-Urgestein Alexander Mozer. Mozer war mehr als elf Jahre Anlagechef bei Ökoworld gewesen, er hatte den Ökovision Classic gemanagt. Mittlerweile hat sich Mozer mit einer eigenen Fondsboutique („Rezoom“) selbstständig gemacht, managt den Fonds Rezoom World und leitet eine Strategie für die Steyler Ethik Bank.

Der Vorstand von Ökoworld wurde sukzessive von zwei auf vier Personen ausgebaut. Neben Torsten Müller, der seit 2018 neben Vorstandschef Platow ebenfalls im Vorstand wirkte, kamen 2022 Andrea Machost und Anfang 2023 Katrin Hammerich hinzu. Mit vier Personen enthielt das Führungsgremium der Fondsboutique zuletzt eine außergewöhnlich hohe Zahl an Vorständen. Nach Platows Abgang sind immerhin noch drei Vorstände übrig. Sie sollen die Aufgaben unter sich im Team teilen, heißt es von der Gesellschaft.

Zeitgleich mit dem Vorstandschef ist übrigens auch der langjährige Ökoworld-Mitarbeiter und Platow-Vertraute Gunter Schäfer mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Laut einem Bericht der F.A.Z. seien die 60 Mitarbeiter des Unternehmens erst auf einer Mitarbeiterversammlung am Freitag von den radikalen Personalentscheidungen des Aufsichtsrats informiert worden.

Ob nun Querelen wegen Platows Vorpreschen bei den Klima-Aktivisten, die offenbar fruchtlosen Verkaufspläne oder andere Umstände den Ausschlag gaben, dass der Aufsichtsrat sich nun von dem langjährigen Ökoworld-Chef trennt, lässt sich derzeit nicht sagen. Über Details hüllt sich das Unternehmen auch auf Anfrage in Schweigen.

Aktien gegen Einflussnahmen

Interessant sind in dem Zusammenhang die Beteiligungsverhältnisse: In einem Analysebericht der „Bank M“ von Juni 2022 heißt es: Börsennotiert sind nur die 3,05 Millionen stimmrechtslose Vorzugsaktien von Ökoworld. Die Gesellschaft selbst hält knapp 200.000 dieser Papiere, der Rest befindet sich im Streubesitz. Die knapp 77.500 Stammaktien des Unternehmens liegen dagegen in den Händen eines überschaubaren Kreises von Personen. Er bestehe aus „Gründern, nahestehenden Personen und langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – womit sich Ökoworld gegen Einflussnahmen und Übernahmen schützt“, wie in dem Bericht in gefetteter Schrift betont wird.

Von mit der Sache vertrauten Personen ist zu hören: Es seien ganz konkret Alfred Platow und der Ökoworld-Co-Gründer Klaus Odenthal, die die Mehrheit an den stimmberechtigten Anteilen des Unternehmens halten. Theoretisch und im äußersten Fall wären sie damit in der Lage, gerichtlich gegen den Rauswurf-Beschluss des Aufsichtsrats vorzugehen und die Entscheidung wieder rückgängig zu machen.

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