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Algorithmen Analyst baut ein Robo-Orakel für Japans Aktienmarkt

Am zehnten Tag jeden Monats hat Junsuke Senoguchi nur eins im Sinn: den Schlusskurs des Aktienindex Nikkei 225 Stock Average.

Das liegt daran, dass Senoguchi, ein bescheidener Mann Ende Vierzig, eine Maschine gebaut hat, die die Richtung der japanischen Aktienkurse voraussagt. Einmal im Monat erhält er einen Bericht über ihren Erfolg. Sein Modell spuckt eine simple Ansage aus - ob der Aktienindex nach 30 Tagen höher oder niedriger sein wird - und im Laufe von fast vier Jahren war das Ergebnis in 68 Prozent der Fälle richtig.

„Ich bin sehr glücklich“, wenn es funktioniert, sagt Senoguchi, leitender Aktienstratege von Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securities in Tokio. „Weil ich mich dann so fühle, als könnte ich die Zukunft voraussagen.“
Algorithmen haben die globalen Aktienmärkte erobert. Jedermann nutzt hier Handelsprogramme - von Hochfrequenzhändlern, die ihre Wetten in Bruchteilen einer Sekunde abschließen, bis hin zu spezialisierten Vermögensverwaltern, deren Strategien von komplexen quantitativen Analysen abhängig sind.

Der Fonds Medallion, den James Simons von Renaissance Technologies aufgelegt hatte, ein Vorreiter des quantitativen Investmentstils, kam von 1994 bis Mitte 2014 auf einen durchschnittlichen Jahresertrag von 71,8 Prozent vor Gebühren. Zudem gibt es den wachsenden Bereich der so genannten Robo-Berater, deren Anlageberatung basierend auf Zielen und Risikotoleranz der Kunden unterschiedliche Algorithmen nutzt.

Wissenschaft, Finanzen

Senoguchi hat seine Karriere in der Finanzbranche verbracht. Er arbeitete als Analyst für Lehman Brothers Holdings bis die US-Bank zusammenbrach, und war für die japanische Notenbank Bank of Japan tätig, bevor er seine derzeitige Stelle antrat. Er promovierte auch in künstlicher Intelligenz.

„Weil ich eigentlich aus der Wissenschaft komme, hatte ich starkes Interesse daran zu sehen, ob ich mit Zahlen die Aktienkurse und den Gang der Wirtschaft vorhersagen kann“, erklärt er. „Künstliche Intelligenz führt zu viel besseren Ergebnissen als konventionelle Statistiken.“

Zwischen März 2012 und dem 10. Januar traf Senoguchis Robo-Orakel in 32 von 47 Fällen ins Schwarze, sagt er. Die Fallzahl ist zwar gering, das Ergebnis aber besser als die zu erwartende 50-Prozent-Trefferquote eines Münzwurfs. Eine 2005 veröffentlichte Studie von Philip Tetlock kam zu dem Schluss, dass Menschen mit ihren Vorhersagen im Schnitt nicht besser abschneiden als ein Zufallsgenerator.

„Ohne etwas Einfallsreichtum ist es schwer, über 60 Prozent zu kommen“, sagt Akito Sakurai, ein auf künstliche Intelligenz spezialisierter Professor an der Universität Keio in Tokio. „Man muss schon sagen, dass 68 Prozent ziemlich hoch ist.“

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