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EU-Parlamentarier zur Mifid-II-Überarbeitung „Alle Alarmglocken haben bei uns geschrillt“

Markus Ferber
Markus Ferber: Der CSU-Politiker ist Mitglied des Europäischen Parlaments und gehört dort der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Ein Spezialgebiet Ferbers ist die Europa-Richtlinie Mifid II. | Foto: Markus Ferber/Barbara Gandenheimer

DAS INVESTMENT: EU-Kommission, EU-Parlament und der Ministerrat haben Ende 2020 kleinere Änderungen an der Mifid II beschlossen. Die angekündigte große Überarbeitung steht noch aus. Hat die Richtlinie insgesamt ihr Ziel erreicht, den Verbraucherschutz zu stärken?

Markus Ferber: Wir wollten den Verbraucher ja in die Lage versetzen, eine gut informierte Kaufentscheidung zu treffen. Ich denke, die Qualität der Beratungsgespräche hat sich deutlich verbessert. Außerdem werden Produkte jetzt mehr nach dem Interesse der Verbraucher und nicht des Vertriebs entwickelt.

In der Kritik steht die Informationsflut, die durch Mifid II auf Verbraucher hereinprasselt. Hat sich der europäische Gesetzgeber da in etwas verrannt?

Ferber: Sie werden heute in der Tat mit Dokumentation erschlagen. Das kenne ich aus eigenem Erleben. Als Anleger erhalte ich so viel Informationsmaterial, dass ich mir mittlerweile sage: Es wird schon alles richtig drinstehen. Dadurch erhalte ich keine Mehrinformation. Das ist einer von zwei Kernpunkten, an die wir herangehen müssen.

Der zweite wäre?

Ferber: Der verbesserte Zugang zu Produkten. In einem dauerhaften Niedrigzins-Umfeld müssen Verbraucher, die ihr Geld rentierlich ansparen wollen, an den Kapitalmarkt gehen. Sie benötigen einen breiteren Marktzugang als nur zu standardisierten Fonds. Wenn Kleinanleger in Aktien investieren wollen, können sie das nur mittels Execution-only-Geschäft tun – ohne Chance auf eine Beratung.

Es gibt die Idee, die Kategorie des semiprofessionellen Anlegers zu schaffen, eine Mischform aus Privatanleger und Profi-Investor. Diesem stünden auch mehr Produkte offen.

Ferber: Das hat die EU-Kommission ins Spiel gebracht, sie hat aber nichts Konkretes vorgeschlagen. Mein Ansatz bei der kürzlichen Mini-Review von Mifid II war, stattdessen die Hürden zum Status als Profi-Anleger niedriger zu machen. Dafür gab es wenig Unterstützung im Parlament. Für die große Mifid-Überarbeitung ist das Thema aber nicht vom Tisch.

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Der Fondsverband BVI kritisiert, die starke Regulierung der Finanzberatung könnte ein Eigentor für den Verbraucherschutz sein. Vertriebler würden statt reiner Finanzprodukte einfach Finanzprodukte im Versicherungsmantel verkaufen. So haben die Verbraucher zwar höhere Kosten, die Berater aber weniger Dokumentationsaufwand.

Ferber: Die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD legt tatsächlich geringere Verbraucherschutzkriterien im Vergleich zur Mifid an. In ihr hat sich die Mifid-Erfahrung schon widergespiegelt. Vieles ist bei der IDD noch einmal nachbetrachtet worden. Wenn es allerdings einen Ausweichmechanismus gibt, um Regeln zu umgehen, muss er behoben werden. Die noch größere Herausforderung sehe ich allerdings im Internet. Dort sind Verbraucher insgesamt zu wenig geschützt. Auf vielen Plattformen haben sie Zugang zu komplexen Papieren, die sie nach Mifid II eigentlich gar nicht bekommen dürften.

Die EU-Kommission hat vor der großen Mifid-II-Review einen Fragenkatalog an Interessenvertreter versendet. Darin tauchte auch das Provisionsverbot in der Finanzberatung auf, das die Mifid II noch ausgeklammert hatte. Die meisten Branchenvertreter sind strikt dagegen. Könnte es jetzt doch noch kommen?

Ferber: Bei uns haben alle Alarmglocken geschrillt. Die Wertpapieraufsicht Esma wollte das Provisionsverbot immer schon haben. Wir werden aber erst im nächsten Jahr Vorgespräche mit der Kommission zur Mifid-II-Review führen. Das ganze Paket ist wegen Corona ja um über ein Jahr verschoben worden. Ich hoffe, dass wir kein Provisionsverbot bekommen. Es würde den Kleinsparer extrem behindern, Ersparnisse ertragreich anzulegen.

Weil es sich für Berater dann finanziell nicht mehr lohnen würde, Kleinanleger zu beraten?

Ferber: Natürlich haben auch Kleinanleger noch Zugang zu Beratung. Aber nehmen Sie jemanden, der gerade mal 50 oder 70 Euro pro Monat wegsparen kann. Er müsste ein Vielfaches davon als Beratungshonorar zahlen, das ist für Kleinsparer unattraktiv. Vielleicht bekommt er dann für ein Standardhonorar gerade einmal ein Standardprodukt angeboten.

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