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EU-Parlamentarier zur Mifid-II-Überarbeitung „Alle Alarmglocken haben bei uns geschrillt“

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Die deutsche Beratungsbranche hadert sehr mit dem Taping, das die Mifid II eingeführt hat. Könnte das wieder abgeschafft werden?

Ferber: Mit der Telefonaufzeichnung haben wir uns im Rahmen einer Studie der Bundesregierung befasst. Es ist unrealistisch, dass das Taping abgeschafft wird. Vorstellbar wäre, dass wir die Kriterien noch einmal überarbeiten und enger fassen, was aufgenommen werden muss. Es ist immerhin auch im Beraterinteresse, dass eine Aufzeichnung vorliegt. Wenn etwas bei der Anlage schief geht und der Anleger seinen Berater verklagt, kann der belegen, was genau gesagt wurde.

Im Zusammenhang mit Mifid II wird häufig die Priips-Verordnung an den Pranger gestellt. Sie soll regeln, wie Produktinformationsblätter auszusehen haben. Kritiker bemängeln, dass sich die Vorgaben für Produktinformationen nach Priips und Mifid teils widersprechen.

Ferber: Priips muss dringend überarbeitet werden! Darüber sind wir mit der Kommission schon seit zwei Jahren im Gespräch.

Wie ist der Stand der Dinge?

Ferber: Die Verordnung steht auf dem Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2021. Es muss dort eine Änderung auf Ebene der Gesetzgebung her, denn auf Level II, also der darunterliegenden Verwaltungsebene, lassen sich die Widersprüche nicht mehr beseitigen. Wir warten jetzt auf einen Vorschlag der Kommission.

Finanzberater soll zukünftig auch erfassen, ob Anleger Wert auf nachhaltige Investments legen. Das könnte noch vor der großen Mifid-Überarbeitung kommen, heißt es.

Ferber: Genau, das soll auf der Ebene eines technischen Standards eingeführt werden. Die Esma macht einen Vorschlag, die Kommission muss ihn annehmen. Parlament und Rat haben nur ein Widerspruchsrecht. In der Beratungspraxis könnte es Ende 2021 oder 2022 ankommen.

Und die große Mifid-II-Überarbeitung? Geben Sie mal bitte eine Prognose, wann deren Änderungen wirksam werden.

Ferber: Die EU-Kommission will im vierten Jahresquartal 2021 einen Entwurf vorlegen. Der Gesetzgebungsprozess wird das ganze Jahr 2022 in Anspruch nehmen. Wenn die Endfassung vielleicht Ende 2022 verabschiedet wird, haben Sie noch eine Umsetzungszeit ins nationale Gesetz von mindestens zwölf, wenn nicht 18 Monaten. Die Änderungen könnten also 2024 oder 2025 in Kraft treten.

Das ist ein großzügiger Zeithorizont.

Ferber: Stimmt, auf europäischer Ebene geht nichts über Nacht.


Über den Interviewten:
Markus Ferber ist Mitglied des Europäischen Parlaments und gehört der EVP-Fraktion an. Im parlamentarischen Wirtschafts- und Währungsausschuss Econ ist er Sprecher der EVP-Fraktion und Berichterstatter für das Thema Mifid II. Zugleich ist er Bezirksvorsitzender der CSU in Schwaben.
 

 

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