Was verändert sich auf dem Arbeitsmarkt durch generative Künstliche Intelligenz (KI)? Eine Studie und repräsentative Umfrage unter 6.000 Personen in sechs europäischen Ländern des Kreditversicherers Allianz Trade zeigt die enormen Potenziale, aber belegt auch die Unsicherheiten und Sorgen vor Arbeitsplatzverlust.
Sorgen und Unsicherheit vor den Folgen von KI
35 Prozent der Befragten aus Deutschland äußern Bedenken hinsichtlich der Risiken von KI. Besonders die Angst um Arbeitsplätze ist groß: 47 Prozent erwarten, dass KI die Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze verringern wird. Dem gegenüber sagen 35 Prozent, dass KI die Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze erhöhen wird.
53 Prozent der befragten Deutschen glauben, dass sich das Qualifikationsgefälle und die Ungleichheit mit der zunehmenden Verbreitung von KI in allen Branchen vergrößern könnten und in der Folge die Gebildeten und Intelligenten immer schlauer werden und der Rest zurückbleibt. Nur 25 Prozent sind optimistisch, was die Vorteile der KI für ihre Volkswirtschaften angeht.
Starke Veränderungen, aber auch große Chancen
„Die rasante Entwicklung von generativer KI hat die Arbeitswelt zuletzt revolutioniert“, sagt Arne Holzhausen, Leiter Versicherung, Vermögen und ESG bei Allianz Research. „Experten erwarten dadurch erhebliche positive wirtschaftliche Auswirkungen, die Bevölkerung in vielen europäischen Ländern ist von dem schnellen Umbruch verunsichert und in der Folge skeptisch.
Tatsächlich geht der Internationale Währungsfonds (IWF) davon aus, dass 60 Prozent der Arbeitsplätze von der generative KI-Revolution betroffen sein werden. Da KI die Produktivität steigert, könnten einige dieser Arbeitsplätze ersetzt werden – aber es werden auch neue Rollen entstehen.
„Der Schlüssel liegt nicht darin, Mitarbeiter durch KI-Tools zu ersetzen, sondern KI zur Ergänzung und Erweiterung ihrer Fähigkeiten einzusetzen“, sagt Holzhausen. „Dies erfordert massive Investitionen in die Umschulung, die Weiterbildung der Mitarbeiter und ihre Vorbereitung auf neue Arbeitsformen. In erster Linie geht es bei der Einführung von KI nicht um Kostensenkungen, sondern um die Schaffung neuer Kundenerlebnisse. Die Steigerung der Produktivität ist eine logische Folge davon.“
Versicherer: Keine massive Verlagerung von Arbeitsplätzen in Sicht
In der Versicherungsbranche sieht die Studie keine massive Verlagerung von Arbeitsplätzen – aber eine Vielzahl an Vorteilen, insbesondere bei Kundenzufriedenheit und Betrugserkennung. „Als eine Branche, die wie kaum eine andere datengetrieben ist, bietet KI gerade der Versicherungsbranche ein erhebliches Potenzial“, so Holzhausen. „KI-Anwendungen können die Fähigkeiten der Mitarbeiter ergänzen und erweitern und werden wahrscheinlich die Effizienz, die Kundenzufriedenheit und die Betrugserkennung verbessern.“
Konkret nennt die Studie zum Beispiel Echtzeit- und Big-Data-Analysen, die Verbesserungen bei der Produktentwicklung bringen und eine nutzungsbasierte Versicherung und Risikoerkennungsdienste ermöglichen könnten.
KI könnte in puncto Fachkräftemangel ein Glücksfall werden
In jeden Fall dürften automatisierte Prozesse in Zukunft die Produktivität steigern. Dies könnte zu einer Verringerung des Personalbestands führen. Doch laut der Studienautoren deuten Wirtschaftsmodelle darauf hin, dass die Korrelation zwischen Produktivitätssteigerungen und Personalabbau im Versicherungssektor nur gering ist: Eine Produktivitätssteigerung von 0,622 Prozent würde demnach nur zu einer Verringerung des Personalbestands um 1 Prozent führen. Doch Mitarbeiter müssten auch auf neue Arbeitsformen vorbereitet werden. Das erfordere massive Investitionen in Umschulung, heißt es in der Allianz-Trade-Untersuchung.
„In Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels könnte die KI-Revolution (...) zum Glücksfall werden“, sagt Holzhausen. Diese Entwicklung der KI fällt mit dem demografischen Wandel zusammen, das heißt mit der Alterung der Bevölkerung und dem Schrumpfen des Arbeitskräftepotenzials, was in vielen Sektoren – auch im Versicherungswesen – zu einem Arbeitskräftemangel führen könnte. „Durch die Steigerung der Produktivität und die Automatisierung von Routineaufgaben könnte die KI der Branche helfen, dieser drohenden Herausforderung zu begegnen.“
Eine Zusammenfassung der Studienergebnisse mit Grafiken, auf Englisch, gibt es hier.

