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Alpenland bald abgebrannt? Warum Mifid II eine Schweizer Tradition gefährdet

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Diskussionen über die Vergütung sollten nicht zulasten des Austauschs über die Strategie des Unternehmens und über die Zusammensetzung von dessen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung gehen. Mehr Raum für Diskussionen sollte dazu beitragen, das Leistungsprinzip in den Unternehmen zu fördern. Die Minder-Initiative ist also zu begrüssen und gibt die Richtung für die Corporate Governance auf internationaler Ebene vor. Sie ist ein wichtiges Instrument, um die Aktionäre anzuhalten, ihre Verantwortung wahrzunehmen und insbesondere ihren Einfluss auf die Ernennungen der Verwaltungsratsmitglieder geltend zu machen. Die Fälle der Manager mit überrissenen Löhnen scheinen mittlerweile der Vergangenheit anzugehören.

Die Anleger und die Unternehmen sollten weiterhin für das Leistungsprinzip einstehen und die bisweilen ineffizienten Konzepte oder politisch bzw. wirtschaftlich motivierten Empfehlungen der unabhängigen Stimmrechtsvertreter (Proxy-Voting-Services) ablehnen. Direkter Kontakt zu den Unternehmen ist entscheidend, um deren Gründe für die Zusammensetzung ihres Verwaltungsrats und ihrer Geschäftsleitung nachvollziehen zu können. Es ist kaum bekannt, dass die Stimmrechtsvertreter nicht verpflichtet sind, die Unternehmen zu kontaktieren, bevor sie ihre Abstimmungsempfehlungen abgeben. Außerdem sind an der Sachdienlichkeit dieser Empfehlungen zuweilen Zweifel angebracht, da die Stimmrechtsvertreter bei gewissen Unternehmen nicht nur Abstimmungsempfehlungen abgeben, sondern auch Beratungsmandate annehmen. Die Empfehlungen eines Stimmrechtsvertreters blind zu übernehmen, könnte verheerende Auswirkungen auf die Tradition haben, bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrats auf das Leistungsprinzip abzustellen. Quantitative Regeln, wie beispielsweise die Anzahl der Dienstjahre, sollten keine Rolle spielen; nur die Personen, die am besten geeignet sind, den Bedürfnissen des Unternehmens gerecht zu werden, sollten im Verwaltungsrat Einsitz nehmen.

Allerdings besteht die Gefahr, dass die Schweizer Tradition der Meritokratie durch die neue europäische Richtlinie Mifid II in Frage gestellt wird. Aufgrund von Rationalisierung ist es durchaus möglich, dass diese zu einer weniger strikten Kontrolle der kotierten Kleinunternehmen führt und sich die Anleger und Unternehmen deshalb geneigter zeigen, Abstriche beim Leistungsprinzip hinzunehmen, das sich in den letzten 30 Jahren in den Schweizer Unternehmen durchgesetzt hat.

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