Beträchtliche Alpha-Chance Fünf Gründe für Stockpicking
Für die Investmentlandschaft nach Corona, die durch höhere Inflation, Zinsen und Bewertungen gekennzeichnet ist, braucht es aus unserer Sicht einen neuen Anlageansatz für Aktien.
Eine Folge dieses neuen Umfelds ist, dass die Marktrenditen – das sogenannte Beta – niedriger sind. Das wiederum bedeutet, dass ein höherer Anteil der Renditen von Aktienportfolios durch Überrenditen – oder Alpha – generiert werden muss. In den zwölf Jahren nach der Finanzkrise war das Beta ungewöhnlich hoch, da die Bewertungen von sehr niedrigen auf normale Niveaus zurückkehrten und die Renditeunterschiede zwischen einzelnen Aktien sehr gering waren. Anleger nutzten Kursrückschläge für Nachkäufe, weshalb Abwärtsphasen recht kurz und flach ausfielen.
Zudem war die Fed bereit, den Märkten bei Turbulenzen zu Hilfe zu eilen. Das war die Stunde des Beta, denn gut gestützte Märkte sorgten für extreme Kurszuwächse, die dem S&P 500 Index in den Jahren 2010 bis 2021 eine Rendite von durchschnittlich 15 Prozent pro Jahr bescherten. In der Zeit vor der Finanzkrise waren die Marktrückgänge dagegen tendenziell länger und tiefer ausgefallen (siehe Grafik).
Grafik: Bei Talfahrten kaufen – ja oder nein?
Daraus resultierten nicht nur höhere Schwankungen, sondern auch bessere Chancen, mit einer geschickten Aktienauswahl Renditen über dem Markt – also Alpha – zu erzielen. Wir erwarten, dass diese Rahmenbedingungen zurückkehren und sich mit ihnen der Ausblick für das Alpha aufhellt.
Die Märkte sind bekanntermaßen unberechenbar. Dennoch beobachten wir, dass fünf Entwicklungen am Markt für einen Fokus auf Alpha bei der Aktienanlage sprechen:
Die Volatilität dürfe eher zu- als abnehmen
In diesem Jahr ist die Volatilität an den Aktienmärkten bislang relativ gering, bei festverzinslichen Anlagen dagegen hoch (Aktienvolatilität gemessen am VIX-Index, Zinsvolatilität gemessen am MOVE- Index. Daten von Refinitiv DataStream, August 2023). Diese Diskrepanz signalisiert große Unsicherheit an den Märkten und macht es wahrscheinlicher, dass auch die Aktienmärkte volatiler werden.
Geopolitische Sorgen, Versorgungsengpässe und Zentralbanken, die ihre Inflationspolitik von der Datenlage abhängig machen, dürften immer wieder Volatilitätsschübe auslösen. Mit der Volatilität gehen Kurseinbrüche einher, die Fehlbewertungen zur Folge haben können und aktiven Stockpickern Chancen eröffnen, Aktien von aussichtsreichen Unternehmen mit Abschlägen zu kaufen.
Zyklische Aktien, deren Wertentwicklung mit dem BIP-Wachstum korreliert, werden in Rezessionen regelmäßig abgestraft. Chancen sehen wir dagegen bei Titeln, die stärker abgewertet wurden, als anhand ihrer Fundamentaldaten zu erwarten gewesen wäre, oder die eine tiefere Rezession einpreisen, als wir sie für wahrscheinlich halten.
Renditeunterschiede normalisieren sich
Die Jahre nach der Finanzkrise waren von einer mäßigen Aktienstreuung und geringen Renditeunterschieden zwischen Spitzenreitern und Schlusslichtern geprägt. In dem vom Beta getriebenen Umfeld profitierten alle. Für Stockpicker war das eine wenig einträgliche Phase, in der es sich kaum auszahlte, die „Gewinner“ zu kaufen oder die „Verlierer“ zu meiden. Wir erwarten, dass die Unterschiede bei den Gewinnen, Bewertungen und Renditen in der aktuellen Phase nach der Pandemie zunehmen werden. Die Folge ist ein Umfeld, in dem eine geschickte Aktienauswahl einen größeren Beitrag zur Performance eines Portfolios leisten kann.