Christoph Fröhlich
20.01.2022

Deutsches Aktieninstitut Alter, Vorlieben, Heimat: So investieren die Deutschen wirklich

2021 geht als gutes Börsenjahr in die Geschichte ein
2021 geht als gutes Börsenjahr in die Geschichte ein
© der fonds

Als das Coronavirus im Frühjahr 2020 in unser Leben trat, wurde unsere Welt schockgefrostet. Die Straßen menschenleer, Schulen geschlossen, die Küchen der Restaurants blieben kalt. In dieser Zeit entdeckten viele Deutsche – auch dank Neo-Brokern wie Trade Republic – ihre neue Liebe zu Aktien, Fonds und ETFs. Vor allem überdurchschnittlich viele junge Menschen zog es an die Börse. 2020 investierten fast 600.000 Unter-30-Jährige zum ersten Mal, ein Plus von beinahe 70 Prozent zum Vorjahreszeitraum.

Doch mit fortschreitenden Lockerungen setzten sich wieder weniger Deutsche mit ihren Finanzen auseinander. Auf den Boom folgte die Ernüchterung, wie nun eine Untersuchung des Deutschen Aktieninstitutes (DAI) zeigt. Der aktuellen Erhebung zufolge gibt es nun wieder weniger Aktionär:innen in Deutschland. Zudem verstärkt sich das Ungleichgewicht zwischen west- und ostdeutschen Bundesländern sowie zwischen den Geschlechtern. Das und mehr zur Lage der Aktienkultur in Deutschland im Überblick.

Daten und Fakten zur Aktienkultur in Deutschland

  • 12,07 Millionen Aktiensparer:innen in Deutschland
  • 49.000 Menschen unter 30 Jahren haben 2021 mit dem Aktiensparen begonnen
  • Der Großteil der Aktiensparer – 3,957 Millionen Menschen – ist über 60 Jahre alt
  • 6,9 Millionen Menschen sparen ausschließlich mit Fonds oder ETFs
  • 3,1 Millionen setzen rein auf Einzelaktien
  • 2,0 Millionen mischen beide Formen der Aktienanlage
  • Insgesamt 7,8 Millionen Männer investieren an der Börse – aber nur 4,3 Millionen Frauen
  • Männer investieren stärker in Einzelaktien als Frauen (28 vs. 22 Prozent)
  • Jede 5. Frau mit Abitur ist Aktiensparerin, bei Männern spart jeder dritte Abiturient mit Aktien
  • Ost-West-Gefälle: 19 Prozent der Gesamtbevölkerung der westlichen Bundesländer sparen mit Aktien, im Osten ging die Quote von 12 auf 11 Prozent zurück

Deutsche bleiben Aktien treu

Knapp 12,07 Millionen Menschen hatten im vergangenen Jahr hierzulande Aktien, Aktienfonds oder börsengehandelte Indexfonds (ETFs) in ihrem Depot, ermittelte das Deutsche Aktieninstitut. Ein Minus von 280.000 Anleger:innen im Vergleich zum Vorjahr, als noch 12,35 Millionen Menschen am Aktienmarkt engagiert waren. Und dennoch ein Grund für Optimismus, schließlich ist das der dritthöchste Stand seit Ende der 1990er Jahre.

„Nach dem starken Anstieg im Jahr 2020 haben sich die Aktionärszahlen auf hohem Niveau stabilisiert“, fasst Christine Bortenlänger, Chefin des Deutschen Aktieninstituts, die Ergebnisse zusammen. Demnach seien in Deutschland 17,1 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren – also rund jede:r Sechste – am Aktienmarkt engagiert. „2021 war also erneut ein gutes Jahr für die Aktienkultur in Deutschland“, so Bortenlänger.

Keine Alternative zu Aktien, Fonds und ETFs

„Niedrige Zinsen, steigende Inflation und hohe Immobilienpreise machen die Alternativanlagen unattraktiv und verdeutlichen die Vorteile der Aktienanlage – auch bei gestiegenen Kursen“, heißt es in dem Bericht. 

Zugleich hätten die hohen Kurse womöglich einige Interessierte vom Schritt an die Börse abgehalten, mutmaßen die Expert:innen. Dabei sei das (mitunter lange) Warten auf den perfekten Augenblick nicht zielführend: „Auf lange Sicht ist der Einstiegszeitpunkt weniger wichtig als die Entscheidung, überhaupt in Aktien zu investieren.“ Oder wie schon Investment-Legende Warren Buffet sagte: "Time in the market beats market timing every time.“

2020 entdeckte vor allem die Jugend die Börse für sich. 2021 hat sich der Zuwachs verlangsamt: Nur noch 49.000 Unter-30-Jährige sind dazugekommen. Insgesamt hat die Gruppe der 50- bis 59-Jährigen das größte Aktieninteresse aller Altersgruppen: 21,6 Prozent von ihnen sparen mit Aktien. Die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen liegt mit 20,3 Prozent nur knapp dahinter.

Wie investieren die Deutschen? Und wer ist überhaupt an der Börse engagiert? Das und mehr zeigt eine Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts

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Die Börse ist nach wie vor Männersache

Groß sind die Unterschiede nach wie vor zwischen den Geschlechtern. Von den insgesamt rund 12,1 Millionen Aktiensparer:innen sind 7,8 Millionen Männer und 4,3 Millionen Frauen. Der niedrige Frauenanteil zieht sich quer durch alle Altersklassen und Einkommensschichten.

Während bei den Männern mit Abitur etwa jeder Dritte mit Aktien spart, ist es bei den Frauen nur jede Fünfte. Von den 14- bis 29-jährigen Frauen haben nur sechs Prozent Aktien oder Fonds/ETFs im Depot, bei den gleichaltrigen Männern ist der Anteil mit 14 Prozent mehr als doppelt so hoch. Fazit der Analyse des Deutschen Aktieninstituts: „Zu wenige Frauen nutzen die Chancen der Aktienanlage.“

Interessantes Detail: Zwar setzen beide Geschlechter verstärkt auf Fonds und ETFs, bei Männern ist der Anteil von Anlegern mit Einzelaktien mit 28 Prozent im Schnitt aber deutlich höher als bei Frauen (22 Prozent). 

Nach wie vor hängt Aktienbesitz stark vom Einkommen ab. Bei einem monatlichen Einkommen von 4.000 Euro und mehr investiert fast jede:r Zweite einen Teil seines Geldes an der Börse, bei einem Einkommen von bis zu 1.000 Euro im Monat sind es 7,4 Prozent.     

Die deutsche Liebe zum Girokonto 

17,1 Prozent der Deutschen besitzen der Erhebung zufolge Aktien, Aktienfonds und ETFs – das bedeutet im Umkehrschluss jedoch, dass knapp 83 Prozent hierzulande nicht investiert sind. Nach wie vor wird der Großteil des privaten Geldvermögens auf Giro- und Tagesgeldkonten gehortet. Und das trotz emporschnellender Inflation und Strafzinsen.

Das Deutsche Aktieninstitut fordert die Politik deshalb auf, die Rahmenbedingungen für das Aktiensparen zu verbessern. So sei die Erhöhung des Sparerpauschbetrags ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Der größte Hebel, um die Deutschen zu einem Volk von Aktionären zu machen, ist jedoch die schnelle Einführung eines Ansparverfahrens mit Aktien in der Altersvorsorge. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Ampel-Koalition erfreulicherweise zu mehr Kapitalbildung für die Rente. Jetzt müssen Taten folgen.“

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