Reform der Riester-Rente „Altersvorsorge darf nicht dem Populismus zum Opfer fallen“
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Den 20. Jahrestag des Bundestagsbeschlusses zum Altersvermögensgesetz, mit dem die damalige rot-grüne Bundesregierung die staatlich geförderte Riester-Rente einführte, nutzten drei deutsche Verbraucherschutzorganisationen für eine gemeinsame Protestaktion: Der Bund der Versicherten, der Verein Bürgerbewegung Finanzwende und der Verbraucherzentrale Bundesverband forderten die Spitzenkandidaten für das Kanzleramt dazu auf, gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode die Riester-Rente abzuschaffen.
„Die Riester-Rente ist gescheitert. 20 Jahre lang wurde damit Rentenpolitik für die Versicherungslobby gemacht. Jetzt muss Schluss sein“, begründet Gerhard Schick diese gemeinsame Forderung der Initiatoren. Der Mitinitiator des Vereins Finanzwende, der sich für eine nachhaltige Finanzwirtschaft einsetzt, ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter und war seit September 2007 finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Sein Fazit: „Es braucht ein einfaches und kostengünstiges...
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Den 20. Jahrestag des Bundestagsbeschlusses zum Altersvermögensgesetz, mit dem die damalige rot-grüne Bundesregierung die staatlich geförderte Riester-Rente einführte, nutzten drei deutsche Verbraucherschutzorganisationen für eine gemeinsame Protestaktion: Der Bund der Versicherten, der Verein Bürgerbewegung Finanzwende und der Verbraucherzentrale Bundesverband forderten die Spitzenkandidaten für das Kanzleramt dazu auf, gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode die Riester-Rente abzuschaffen.
„Die Riester-Rente ist gescheitert. 20 Jahre lang wurde damit Rentenpolitik für die Versicherungslobby gemacht. Jetzt muss Schluss sein“, begründet Gerhard Schick diese gemeinsame Forderung der Initiatoren. Der Mitinitiator des Vereins Finanzwende, der sich für eine nachhaltige Finanzwirtschaft einsetzt, ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter und war seit September 2007 finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Sein Fazit: „Es braucht ein einfaches und kostengünstiges Vorsorgeangebot für die Bürger.“
Bedarf an Änderungen bei der Riester-Rente räumt auch Jörg Asmussen ein: „Riester braucht eine Reform“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Erstens ist ein Kapitalaufbau mit 100-prozentig garantiertem Beitragserhalt mit einem Höchstrechnungszins von künftig 0,25 Prozent kaum möglich. Und zweitens könnte Riester noch viel mehr Menschen erreichen, wenn wir die Förderung auf alle Bevölkerungsgruppen ausweiten und das komplizierte Zulagensystem vereinfachen.“
Reformbedarf bei der Riester-Rente
„Im Zuge einer Reform lässt sich auch über ein einfaches, digital vertriebenes und kostengünstiges Standardprodukt reden“, so Asmussen weiter. Die von Verbraucherschützern präsentierten Alternativen könnten die Riester-Rente aber nicht ersetzen. Konzepte wie beispielsweise die sogenannte Extrarente böten kaum Garantien und seien faktisch verpflichtend. „Die Menschen wollen aber überwiegend Sicherheit und Wahlfreiheit bei der Altersvorsorge“, sagt Asmussen. Ein Staatsfonds löse das Problem nicht.
„Wir haben uns gegen einen Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge gewehrt, weil er als Wettbewerber den Markt verzerren würde“, erklärt auch Thomas Richter. Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI betont, dass das schwedische Modell des staatlich organisierten Fonds AP7 dort in der ersten Säule verankert ist. „Interessant finden wir hingegen eine staatlich organisierte Kapitaldeckung als Teil der gesetzlichen Rente mit dem Ziel, langfristig die Steuerzuschüsse in das System abzuschmelzen.“
Bei allem Reformeifer gelte aber: „Das Thema Altersvorsorge darf nicht dem Wahlkampfpopulismus zum Opfer fallen.“ Er gibt zwar zu, dass die aktuell noch bestehende Pflicht zur Bruttobeitragsgarantie bei gleichzeitig negativen Zinsen dem Verbraucher seit Jahren unnötig Rendite koste. Der BVI-Hauptgeschäftsführer verweist in diesem Zusammenhang auf den Fünf-Punkte-Plan, den er Ende 2019 zusammen mit Verbänden der Versicherer und Bausparkassen vorgestellt hat.
Altersvorsorge auch ohne Beratung?
Verwundert zeigt sich in einem aktuellen Statement hingegen der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) über den konkreten Umsetzungsvorschlag der Anbieterseite, wonach digital vertriebene Standardprodukte zu begrüßen seien. Hierzu heißt es im Fünf-Punkte-Plan der Verbände: „Standardisierte Riester-Produkte sollten als einfache Basisprodukte die mittlerweile sehr vielfältig geratene Produktlandschaft ergänzen. Die Standardprodukte sollten auf die Kerneigenschaften einer ergänzenden Alterssicherung reduziert werden.“
„Damit könnten sie einfacher beraten oder digital umgesetzt werden. Beratungsintensive und komplizierte Wahlentscheidungen der Kunden sollen entfallen“, heißt es in der Vorschlagsliste weiter. „Dass der GDV dabei die wichtige Beratungsleistung der Vermittler zur Disposition stellt, ist ein inakzeptabler Dammbruch“, erklärt in einer aktuellen Reaktion hierauf dagegen BVK-Präsident Heinz. „Damit führt der GDV öffentlich seine selbst postulierte Nachhaltigkeitsstrategie, in der es ohne Aufklärung kein Bewusstsein für das Risiko gibt ad absurdum.“
Denn Versicherungsvermittler machten viele Verbraucher erst auf ihren Absicherungsbedarf fürs Alter aufmerksam. „Ein digitales Standardprodukt kann hingegen die individuelle Kundenlage nur sehr grob und schemenhaft erfassen, und von der wichtigen Beratung wollen wir erst gar nicht sprechen“, kritisiert Heinz. „Deswegen fordern wir auch weiterhin wie in unserer Verbraucherschutzkampagne zur nationalen Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD: Kein Vertrieb ohne Beratung!“
34 Millionen mögliche Riester-Verträge
Um die seit 20 Jahren bestehende Riester-Rente weiterzuentwickeln, fordert auch der BVK, die 100-prozentige Beitragsgarantie zugunsten höherer Renditechancen zu lockern, das bürokratische Zulagenverfahren zu vereinfachen und sie für weitere Berufsgruppen wie zum Beispiel Selbstständige zu öffnen. Ebenso sollte die Grenze für die steuerliche Anerkennung der Höchstfördergrenze angehoben werden.
Schließlich hätte eine weiterentwickelte Riester-Rente, die über Versicherungsvermittler vertrieben würde, mit insgesamt 34 Millionen möglichen Verträgen noch viel Potenzial. „Bei der abwegigen Forderung, die Riester-Rente gänzlich abzuschaffen, wie bei der neuerlichen Aktion der Verbraucherschutzverbände, wären hingegen die Bestandskunden die Leidtragenden“, so der BVK-Präsident.